Der 12-Stunden-Tag wird kommen, Wirtschaftsminister und Sozial­minister sollen sich einig sein. Doch was steckt tatsächlich hinter der neuen Regelung? Auf wen wirkt sie sich aus? Wie?

1. Wie sieht die aktuelle Regelung aus?

In Österreich gibt es eine Normalarbeitszeit von 8 Stunden pro Tag und 40 Stunden pro Woche. Die maximale Arbeitszeit beträgt 10 Stunden pro Tag und 50 Stunden pro Woche. Als Über­stunden gelten geleistete Stunden, die über die Normalarbeitszeit hinausgehen. Die Arbeitszeit­regelung kann jedoch durch mehrere Ausnahmen reguliert und erhöht werden. Durch diese kann bereits jetzt eine tägliche Arbeitszeit von bis zu 13 Stunden zustande kommen. Bei der Gemeinde Wien gibt es Bereiche, wie im KAV, wo eine 24h-Stunden-Versorgung gewährt sein muss – auch mit Diensten von 12,5 bis 24Stunden. Aber soll das jetzt ausgerollt werden auf’s gesamte Magistrat?

2. Wann sollen 12-Stunden-Arbeitstage erlaubt sein?

Der aktuelle Vorschlag sieht längere Arbeitszeiten bei Gleitzeitverträgen, Montagetätigkeiten und bei Dienstreisen vor. Die neue Regelung ist jedoch nicht auf spezielle Branchen beschränkt und würde somit alle betreffen, die keine fix festgelegten Arbeitszeiten haben.

3. Sollen auch Lehrlinge in Zukunft 12 Stunden arbeiten?

Das Jugendbeschäftigungsgesetz ist eine Ausnahme. 12- Stunden-Tage sind für Jugendliche weiterhin ein Tabu. Sie sollen aber durch die neue Regelung bis zu 10 Stunden (statt bisher 8 Stunden) arbeiten dürfen, wenn ein Teil der Arbeitszeit eine „passive Dienstzeit“ (also eine Mitreise, etwa Fahrtzeit bei einer Montagearbeit) beinhält.

4. Sollen Arbeitnehmer dadurch mehr arbeiten müssen?

Die Wochenarbeitszeit soll unverändert bleiben. Das bedeutet, dass es nicht um eine Erhöhung der Ar- beitszeit an sich, sondern um eine Umverteilung und Flexibilisierung geht. Die Stunden­anzahl pro Woche bleibt gleich, die Anzahl der Arbeitstage kann sich verringern.

5. Wer bestimmt, wie lange gearbeitet werden soll?

Arbeitnehmer sollen sich bei Gleitzeitverträgen die Arbeitszeit noch freier einteilen können. Allerdings ist auch der umgekehrte Fall möglich: der Arbeitgeber kann von sich aus einen 12-Stunden-Tag anordnet.

6. Welche Vorteile hätte die Lockerung der Arbeitszeitregelung?

Beschäftigte könnten sich dadurch im Idealfall ihre Zeit flexibler einteilen und sich längere Freizeit­blöcke (z.B. ein langes Wochenende) verschaffen. So wäre es prinzipiell möglich, eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden auf 4 Tage von je 10 Stunden aufzuteilen und somit 3 freie Tage zu erhalten. Betriebe erhoffen sich weniger Aufwand bei der Arbeitszeitaufzeichnung und weniger bürokratiebedingte Kosten. Außerdem sollen Unternehmen dadurch wettbewerbs­fähiger werden und flexibler auf aktuelle Ansprüche reagieren können.

7. Welche negativen Effekte befürchten Experten?

Arbeitsrechtsexperten sehen die Möglichkeit, dass sich der Druck auf Arbeitnehmer massiv erhöht. Lange Arbeitstage implizieren verkürzte Erholungsphasen – die Regeneration wird somit auf ein „langes Wochenende“ verschoben, was Erschöpfungszustände (Stichwort „Burnout“) begünstigt und mit weniger Lebensqualität unter der Woche verbunden ist. Arbeitstage von 10–12 Stunden sind z.B. für Eltern schwer mit den Betreuungszeiten der Kinder zu vereinen. In vielen Branchen werden längere Arbeitszeiten gar als gesundheitsgefährdend eingestuft. Ob dies auch auf Bürojobs zutrifft, wird im Moment heftig diskutiert. In Berufen, die große Genauigkeit erfordern, wird auf jeden Fall ein Ansteigen der Fehlerhäufigkeit befürchtet.

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