All-inclusive-Arbeitsverträge wurden ursprünglich für Führungskräfte und leitende Angestellte eingeführt.

All-in-Verträge zeichnet besonders aus, dass die Bereitschaft zur Leistung von Überstunden und Mehrarbeit vorausgesetzt und die Abgeltung solcher Leistungen ebenfalls von vornherein finanziell und pauschal geregelt wird.

Nach dem Arbeitsklimaindex für Österreich vom März 2016 hatten Ende 2015 bereits 24 Prozent der befragten ArbeitnehmerInnen einen All-in-Vertrag und 16 Prozent einen Arbeitsvertrag mit Überstunden­pauschale. Das bedeutet, dass sich All-in-Verträge inzwischen über viele Branchen hinweg verbreitet haben und neu auf­zunehmenden Beschäftigten gar keine anderen Verträge mehr angeboten werden.

Der Irrglaube, dass mit einem All-in-Vertrag alle Mehr- und Überstundenleistungen abgegolten seien, hält sich hartnäckig.

  • Ordentliche Arbeitszeitaufzeichnungen sind zu führen
  • und gesetzlich vorgeschriebene ­Höchstarbeitszeitgrenzen einzuhalten,
  • Überstunden korrekt zu verzeichnen
  • und Überhänge über die Pauschalbeträge sind ­gesondert zu verrechnen.

So wünschen sich nicht nur GewerkschafterInnen die ­Entwicklung einer demokratischeren Arbeitswelt.

Strenge Rechnung – gute Freunde

Dieses Motto ist seit 2016 umso leichter anwendbar, als bei neuen All-in-Vertragsabschlüssen nicht nur das All-in-Gesamtgehalt, sondern auch das darin enthaltene Grundgehalt angegeben werden muss.

So können Arbeitnehmer­Innen leichter feststellen, ob ihr Grundgehalt dem Kollektivvertrags-Mindestgehalt ihrer Branche entspricht oder den erhofften Grad einer Über­zahlung erreicht beziehungsweise sogar überragt.

Vorauszusetzen ist, dass ArbeitnehmerInnen sich mit ihrer Branche als Ganzes beschäftigen und dass sie wissen, dass eine ihrer wenigen Chancen auf individuelle ­Gehaltsverhandlungen das Einstellungs­gespräch ist. Arbeit­nehmer­Innen, die der Täuschung durch ein üppig wirkendes All-in-Gehalt erlegen sind, haben im weiteren ­Arbeits­verhältnis nicht sehr oft die Gelegenheit zu Nach- oder Neuverhandlungen.

Gesetzgeber und Gewerkschafter übersehen den kleinen Unterschied

Dass unsere Arbeitswelt und Gesetzgebung von Männern dominiert wird, zeigt sich leider auch in der recht­lichen Entwicklung der All-in-Verträge. Dass sie auf ihr Grundgehalt zurückfallen, wird Männern mit All-in-­Verträgen nicht passieren.

Für Frauen mit All-in-Verträgen stellt sich diese Frage ab dem Zeitpunkt, an dem sie über Familienplanung nachzudenken beginnen und wird konkret mit der Kenntnis über eine Schwangerschaft, die im Unternehmen zu melden ist. Die Leistung von Überstunden ist ab der Meldung einer Schwangerschaft ebenso verboten wie die Erbringung von Schicht-, Wechsel- oder Nachtdiensten. Das heißt für ­Kolleginnen mit All-in-Verträgen, dass sie ab dem Zeitpunkt der Meldung einer Schwangerschaft auf das Grundgehalt zurückgesetzt werden müssen, zum Schutz ihrer Gesundheit und zum Schutz des werdenden Kindes.

Die Bemessungsgrundlage für das Wochengeld sind die Monatsbezüge der letzten drei Monate vor dem Geburtstermin. Für den Regelfall ist davon auszugehen, dass die Meldung einer Schwangerschaft und damit der Entfall der Überstundenpauschale zu einem Zeitpunkt vor dieser Dreimonatsfrist stattgefunden haben.

Mit „All-in“ gewinnen also nicht nur Unternehmen, sondern auch die Krankenkassen, die mit Wochengeld- und mit Kinderbetreuungsgeld-Berechnungen nur mehr vom Grundgehalt ausgehen müssen – die im All-in-Vertrag vereinbarten Zulagen wurden ja schon vorher wegreguliert.

Kind oder Karriere?

Da eine Wahlmöglichkeit unter verschiedenen Arbeitsvertragsmodellen für ArbeitnehmerInnen nicht vorgesehen ist, wird die finanzielle Belastung in bewährter Weise ganz auf die Frauen übertragen.

All-in bis zur Vollpension oder Verzicht und Akzeptieren von diskriminierenden Entwertungsprozessen bis hin zur „Pension light“ – Frauenarmut wird so zwar vorprogrammiert, ist aber halt kein schöner Begriff, um nicht zu reden von der Unerträglichkeit allein der Vorstellung eines ­solchen Zustandes, in den sich Frauen per Vertrag hineinmanövrieren lassen müssen!

All-in-Verträge breiten sich aus über die Branchen in Österreich, ein Viertel der ArbeitnehmerInnen hat bereits – vermutlich ohne Alternativen – All-in-Verträge unterschrieben. Die seit 2016 gesetzlich vorgeschriebene Trennung in All-in- und Grundgehalt ist großartig!

Nur die geschlechterspezifische Durchrechnung bis hin zur Lebensverdienstsumme mit All-in muss so grauenhafte Ergebnisse für die Frauen in der österreichischen Wirtschaft bringen, dass an eine Veröffentlichung derartiger Daten gar nicht zu denken ist.

Gewerkschaften und Gesetzgebung sind daher ­auf­gerufen, die diskriminierende Wirkung von ­All-in-Verträgen auf Frauenkarriereverläufe in sozial­partnerschaftlichem Zusammenwirken sofort und ­dauerhaft zu unterbinden!

Quelle: Die Alternative

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