Schutz vor Willkür der Arbeitgeber.

Dies war aber nicht immer so und ist hierzulande erst nach Ende des Ersten Weltkrieges schrittweise eingeführt worden. Man erkannte damals einfach, dass die Arbeitskraft als solches zu wertvoll ist um verschleudert zu werden. Diese Erkenntnis kam nach dem verheerenden Weltkrieg, der über zehn Millionen Menschen (meist Männer) an Kriegstoten und der doppelten Zahl an Verwundeten kostete. Eineinhalb Millionen Männer trugen Versehrungen davon, die sie meist für den Arbeitsmarkt unvermittelbar machten. Wer braucht schon einarmige Schlosser oder einbeinige Maurer?

In Deutschland (eigentlich nur in Preußen) ging man im Jahre 1839 von einem anderen Kalkül aus:

Durch die weitverbreitete Kinderarbeit entstand ein Mangel an körperlich fitten Soldaten, da durch die schwere Arbeit, die die Kinder meist unter Tage verrichten mussten, deren körperliche Entwicklung massiv gehemmt wurde. Also erließ König Friedrich Wilhelm III. das „preußische Regulativ über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in den Fabriken“. Dort wurde explizit ein Verbot von Kinderarbeit vor der Vollendung des neunten Lebensjahres ausgesprochen. Für uns heute immer noch zum Kopfschütteln, war dies doch das erste deutsche Arbeitsschutzgesetz überhaupt. Dadurch wurde erreicht, dass Kinder bis zum neunten Lebensjahr ihrer Schulpflicht nachkamen und die körperliche Entwicklung gefördert wurde. Damals litten viele dieser „Fabrikkinder“ an körperlichen Mängel und geistig-seelischen Schäden, da damals Arbeitszeiten von bis zu 13 Stunden täglich üblich waren, die schon für erwachsene Menschen kaum und für Kinder gar nicht zu verarbeiten waren.

Erweitert dazu wurde für Jugendliche bis 16 Jahren eine Höchstarbeitszeit von maximal 10 Stunden festgeschrieben. Ferner mussten die Jugendlichen eine Schulzeit von mindestens drei Jahren nachweisen, da sie sonst von der Arbeit ausgeschlossen waren. Darüber hinaus wurde Nachtarbeit (gemeint war die Zeit von 21 bis 5 Uhr) sowie Sonn- und Feiertagsarbeit für Jugendliche bis 16 Jahre verboten.

Baden und Württemberg beschlossen 1840 ein ähnliches Gesetz, die anderen deutschen Länder folgten rund 20 Jahre später. Mit der Krönung von Wilhelm I. im Spiegelsaal von Versailles wurden die preußischen Gesetze über ganz Deutschland verbreitet.

In Österreich ist das Mindestalter für Berufstätige mit 15 Jahren festgelegt, was sich auch im Paragraf 138 (der sogenannte Mindestalterparagraf) der ILO (International Labour Organization) niederschlägt. In Österreich ist die Kinderarbeit im Paragraf 100 des Landarbeitergesetzes festgeschrieben. Dieses Gesetz regelt den Einsatz, die Ausbildung und den rechtlichen Rahmen von ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen. Weiters sind die Arbeitszeiten, Ruhepausen, Urlaube etc. noch im seit 1.1.1970 geltenden Arbeitszeitgesetz (AZG) geregelt. Seit 1975 gilt im Übrigen die 40-Stunden Woche als normale Wochenarbeitszeit. Das Gesetz gegen Kinderarbeit hat seit 2011 übrigens Verfassungsrang.

Im Übrigen: Im „Hofkanzleidekret von 1787“ verbot Kaiser Josef II. die Arbeit von Kindern unter 9 Jahren, die „nicht ohne Not“ von den Eltern dazu herangezogen wurden. Für diese Kinder waren vierteljährliche Kontrollen durch den „Kreisphysikus“ vorgeschrieben. Sie mussten ein eigenes Bett haben und nach Geschlechtern getrennt werden. Darüber hinaus durften Kinder bis 12 Jahre höchstens zehn, bis 16 Jahre höchstens 12 Stunden maximal arbeiten. Ob dies dann auch eingehalten wurde, bleibt offen. In der Gewerbeordnung von 1859 wurde die Arbeit von Kindern unter 10 Jahren generell verboten. Außerdem galten dieselben Regeln wie in Preußen. Die Novelle von 1885 begrenzte das Mindestalter auf 12 Jahre im Kleingewerbe und auf 14 Jahre in den Fabriken. Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Kinderarbeit unter 12 Jahre generell verboten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Mindestalter auf 15 Jahre festgelegt. Heute genießen Lehrlinge einen umfangreichen Arbeitsschutz.

Dennoch ist der Kampf gegen Kinderarbeit noch lange nicht zu Ende, bekommt aber immer mehr Bedeutung in unserer Gesellschaft.

Dazu zählt auch die Verleihung des Friedensnobelpreises an den  Inder Kailash Styarthi, welcher zeit seines Lebens gegen Kinderarbeit kämpfte. Als selbst Betroffener ist er das Sprachrohr der Kinder in Südostasien. In der Tradition von Mahatma Gandhis gewaltfreiem Kampf organisiert er seit Jahren Proteste und Demonstrationen im Land.

Leider gibt es aber auch negative Beispiele zur Kinderarbeit. In den Fokus rückt dabei ausgerechnet Bolivien, welches ebenfalls 2014 die Kinderarbeit für Kinder ab zehn Jahren legalisierte. Als Grund wurde angegeben, dass es real viele „Straßenkinder“ gibt, die bisher quasi rechtlos ausgebeutet wurden. Das Problem bei dieser Argumentation ist nur, dass es keinen Sinn macht, ein bestehendes Unrecht zu legalisieren, sondern dieses abzustellen. Damit wäre der Schutz der Kinder am Nachhaltigsten geschützt. Das dieses Gesetz unter der Regierung von Evo Morales beschlossen wurde, ist für mich ein Schlag ins Gesicht, propagiert Morales doch ein sozialistisches Weltbild. Als Führer des Movimento al Socialismo trat er im Wahlkampf immer für die Rechte von Minderheiten und Unterdrückten ein. Kinder zählt er offenbar nicht dazu.

Weitere Links zum Thema:

Landarbeitsgesetz

Kinderarbeit

Arbeitszeitgesetz

Bolivien legalisiert Kinderarbeit für 10-Jährige

Evo Morales

Arbeitsrecht (Österreich)

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