Die Gemeinde folgt einer Empfehlung der Volksanwaltschaft.

Der anhängige Arbeitsprozess rund um die Nichtverlängerung des früheren Wiener Spitalsarztes Gernot Rainer hat nun offenbar Folgen für künftige Beurteilungen der MitarbeiterInnen der Stadt. Die Gemeinde folgt damit einer Empfehlung der Volksanwaltschaft.

Eine „ausdrücklich negative Beurteilung“ bei der „Identifikation mit den Gesamtinteressen der Stadt Wien und der Dienststelle“ hat Lungenfacharzt Gernot Rainer seinen Job im Otto-Wagner-Spital gekostet. Wie in den Medien berichtet, wurde sein bis Ende April 2016 befristeter Vertrag aufgrund dieses Punktes in der MitarbeiterInnen­beurteilung nicht verlängert, obwohl ihm sonst ein fachlich ausgezeichnetes Dienstzeugnis – umgerechnet würde der Gründer der Ärztegewerkschaft Asklepios einen Notendurchschnitt von 1,1 erreichen – bescheinigt wurde.

Diese Entscheidung

des Krankenanstaltenverbundes (KAV) sorgte nicht nur unter der Ärzteschaft und bei allen Oppositionsparteien für Unverständnis, sondern rief auch Volksanwalt Günther Kräuter (SPÖ) auf den Plan.

Er überprüfte den Fall und kam zum Schluss, dass die Vorgangsweise des KAV „nicht nachvollzogen“ werden könne und „die Ablehnung seines Ansuchens auf Übernahme in ein unbefristetes Dienstverhältnis einen Missstand in der Verwaltung des Landes Wien darstellt“.

Darüber hinaus empfahl Kräuter, „die beiden Kriterien ‚Identifikation mit den Gesamtinteressen der Dienststelle‘ und ‚Identifikation mit den Gesamtinteressen der Stadt Wien‘ aus der standardisierten Mitarbeiterbeurteilung zu streichen“.

Mit Erfolg.

Denn die Magistratsdirektion der Stadt Wien (Geschäftsbereich Personal und Revision) teilte nun in einer schriftlichen Stellungnahme mit, dass „im Zuge der geplanten Dienstrechts- und Besoldungsreform sowohl die formale als auch die inhaltliche Überarbeitung der derzeitigen MitarbeiterInnenbeurteilung geplant ist“.

Eine Neugestaltung werde „unter Berücksichtigung des Vorschlags der Volksanwaltschaft erfolgen“. Ob die beiden Kriterien gestrichen oder nur umformuliert werden, steht laut Magistratsdirektion noch nicht fest. Beides sei möglich. Die gesamten Vorbereitungsarbeiten zur Umsetzung der Dienstrechts- und Besoldungsreform würden aber erst im Laufe des Jahres 2017 abgeschlossen sein.

Sonja Boiger,

die Abteilungsleiterin im Vorstandsbereich Personal des KAV ist und in der Dauervertragskommission saß, erklärte, dass sie unter der Identifikation mit den Gesamtinteressen der Stadt unter anderem eine Identifikation mit den Leitlinien des KAV, dem Spitalskonzept und dem rot-grünen Regierungsprogramm verstehe.

Dies, so habe sie aufgrund der Mitarbeiterbeurteilung angenommen, sei bei Rainer nicht gegeben gewesen. Rainer selbst meint, dass nicht von 30.000 Gemeindebediensteten eine Identifikation mit dem Regierungsprogramm verlangt werden könne, „sonst müssten nach einem Regierungswechsel alle ausgetauscht werden.“

Unterstützung bekommt Rainer auch vom Obmann der Bundeskurie Angestellte Ärzte und Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), Harald Mayer: „Dass das politische Engagement eines Dienstnehmers die Entscheidung zur Folge hat, einen Dienstvertrag nicht zu verlängern, ist bestürzend und aufs Schärfste zu verurteilen.“ Die Entscheidung des KAV zeuge von „mangelndem Demokratie-Verständnis“, so Mayer.

Die KIV fordert

bei der MitarbeiterInnenbeurteilung schon lange Veränderungen ein, denn die Beurteilung in ihrer jetzigen Form ist nichts anderes als ein willkürliches Mittel der Bestrafung und Machtausübung und somit ein Instrument, das in puncto Arbeitsmotivation und Organisation nichts bringt. Die MitarbeiterInnenbeurteilung wirkt sich direkt auf das Gehalt aus und trotzdem gibt es keine Möglichkeit einer inhaltlichen Überprüfung eines solchen Werturteils.

Ebenfalls äußerst problematisch zu sehen ist der Umstand, dass MitarbeiterInnenorientierungsgespräche (MOGs) und die Mitarbeiter­Innenbeurteilung durch ein und die selbe Person durchgeführt werden. Es wird schwer sein, Vertrauliches und auch Kritik – die ja im MOG vorgebracht werden kann – dann bei der Beurteilung auszuklammern. Die Krankenstände wirken sich immer noch auf die Beurteilung aus und können zu Nachteilen führen. Auch die Abhängigkeit von der beurteilenden Person ist geblieben. Es gibt keine Möglichkeit, eine Beurteilung inhaltlich zu beeinspruchen oder dagegen zu berufen.

Wir fordern:

  • Statt der geltenden MitarbeiterInnenbeurteilung sollte eine zeitgemäße und demokratischere Form gefunden werden. Zumindest eine inhaltliche Überprüfung muss möglich sein. Ein Beurteilungssystem, das vorwiegend Disziplinierungscharakter hat, brauchen wir nicht. Statt der formelhaften Einreihung unter vorgefertigte Formulierungen sollte ein regelmäßiges Gespräch, etwa das MitarbeiterInnen­orientierungs­gespräch stattfinden, in dem eindeutige Ziele festgelegt, Arbeitserfolge oder -misserfolge erörtert werden.
  • Die parallele Führung von vertraulichem Gespräch und Beurteilung lehnen wir weiterhin ab. Beurteilung und MOG nebeneinander zu führen, erscheint kontraproduktiv und vom Zeitaufwand her auch nicht gerechtfertigt. Die Gesprächskultur zwischen Vorgesetzten und MitarbeiterInnen ist nach wie vor stark verbesserungswürdig.
  • Die GesprächspartnerInnen, die zwar unterschiedliche Aufgaben zu vollziehen haben, sollen sich trotzdem auf Augenhöhe begegnen. Nach internationalem Beispiel wären auch gemeinsame Tätigkeitsberichte einer Arbeitsgruppe inklusive Mängelkatalog (zu geringes Budget, unzureichender Personalstand, unklarer Arbeitsauftrag etc.) vorstellbar. Konsequenterweise müsste aber die derzeitige Beurteilung durch eine Vorgesetztenbeurteilung (180 Grad Analyse) ergänzt werden.

Wenn es nicht gelingt, die Beurteilung zu demokratisieren und solange nicht die Möglichkeit besteht, Beurteilungen an einer unabhängigen Stelle verifizieren zu lassen, fordern wir die ersatzlose Abschaffung.

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