Einen winzigen Ausschnitt kann man wahrnehmen, wenn man nur einen Tag Zeit hat, auf der Leipziger Buchmesse zu verweilen.

Menschen machen sich auf zu Rockkonzerten, um etwas Einzigartiges zu erleben. Mit ähnlichen Erwartungen fahren jährlich unzählige Bücherfreunde aus allen europäischen Ländern nach Leipzig, um die dortige Buchmesse zu besuchen.

Ob Sachbuch, Krimi, Belletristik oder Fantasy – fast jedes Genre ist auf der Buchmesse vertreten. LeserInnen und VetreterInnen aus der Buchbranche erhalten Gelegenheit, AutorInnen hautnah bei Lesungen kennen zu lernen. Mit einem Besucherrekord von 260.000 Gästen (251.000 im Jahr 2015) ging am 20. März 2016 die Leipziger Buchmesse zu Ende.

2017 wird Litauen Gastland der Leipziger Buchmesse sein. Im darauffolgenden Jahr, 2018, wird Rumänien den Platz Litauens einnehmen und sich als Gastland präsentieren. Eigens dafür reiste der rumänische Kulturminister Vlad Alexandrescu nach Leipzig und unterzeichnete mit dem Buchmessedirektor Oliver Zille den Vertrag für den Gastlandauftritt 2018. Während der Leipziger Buchmesse konnten VerlegerInnen, AutorInnen und Dienstleister an einem umfangreichen Fachprogramm teilnehmen sowie begleitende Lesungen mit AutorInnen besuchen, die sowohl auf dem Messegelände selbst, als auch an externen Orten in Leipzig, stattfanden. Auf dem ersten internationalen Book Pitch präsentierten sich AutorInnen aus Georgien, Slowenien, Tschechien, Rumänien und Ungarn.

Schreiben allein genügt längst nicht mehr. Denn Verlage achten auch auf die gekonnte Präsentation ihrer Bücher, und ebenso ihrer AutorInnen. Sehen und gesehen werden, lesen und gelesen werden, hören und gehört werden. Zu einem Event hat sich die Leipziger Buchmesse entwickelt. Ein Event, auf dem AutorInnen um die Gunst des Publikums buhlen. Sich in Szene setzen können, das kann die eine mehr, der andere weniger besser. Dies hat bereits der Bachmann­wettbewerb 2015 in Klagenfurt eindrücklich gezeigt. Von der Präsentation der AutorIn hängt schließlich der Verkauf des Buches ab. Verlage sind wirtschaft­liche Unternehmen und müssen auf Verkaufszahlen schauen, was verständlich ist.

Erstaunlich, dass AutorInnen sich nicht davon abschrecken lassen und weiterhin ihrer Leidenschaft nachgehen: dem Schreiben.

Guntram Vesper legte sein tausend Seiten umfassendes Werk „Frohburg“ vor und erhielt dafür den Preis der Leipziger Buchmesse. Darin erzählt er ein Stück deutscher Zeitgeschichte, skizziert einen kleinen Ort, Frohburg bei Leipzig und seine wechselvolle Geschichte vom Dritten Reich bis hin zum sozialistischen SED-Staat. Ein historischer „Schinken“, der Zeit braucht, um ihn zu lesen und sich der Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart bewusst zu werden.

Doch nicht jede AutorIn schafft es gleich zu einem renommierten Verlag wie Schöffling & Co., in dem „Frohburg“ erschien. Glücklicherweise gibt es unter der Flut der jährlichen Neuerscheinungen auch Verlage, die mutig genug sind, literarische AußenseiterInnen in ihr Verlagsprogramm aufzunehmen, wie zum Beispiel der Ch. Links Verlag, genauer gesagt, Christoph Links Verlag, den die Kurt-Wolff-Stiftung heuer für sein unkonventionelles Handeln prämierte. Christoph Links freute sich über den mit 26.000 Euro dotierte Preis. 5000 Euro Förderpreisgeld konnte der Verlag Vorwerk8 mit nach Hause nehmen.

Kurz nach meiner Ankunft auf der Buchmesse hatte ich zunächst Schwierigkeiten, mich im Dschungel der Angebote zurechtzufinden. Ich konzentriere mich in meinem kurzen Bericht daher auf die wichtigsten Begegnungen, die nachhaltig in Erinnerung blieben. Das war zum Beispiel das Interview mit der Autorin Verena Zeltner. Wir sprachen über ihr Buch „Kornblumenkinder“ und ihr Engagement im Bereich Alphabetisierung und Grundbildung. Das zweite Interview führte ich mit der Jugendbuchautorin Antje Babendererde, die durch ihre Themen mit Indigenen Völkern aus der Jugendbuchszene hervorsticht. Ihr neues Buch „Der Kuss des Raben“ spielt diesmal im heimischen Thüringen und nicht in den USA wie in ihren vorangegangenen Büchern.

Die Begegnungen und Gespräche mit VerlegerInnen von kleinen, weniger bekannten Verlagen, wie zum Beispiel mit Werner Schmid vom Wiesenburg-Verlag, Schweinfurt, Angelika Bruhn vom BS-Verlag Rostock, Tino Hemmann vom Engelsdorfer-Verlag Leipzig und Jörg Becken vom Klak-Verlag Berlin, machten die weite Anreise nach Leipzig unbedingt lohnenswert. Wer Leipzig wirklich kennenlernen möchte, dem empfehle ich eine Zeit, die vor oder nach der Buchmesse liegt, denn während der Messezeit quillt die Stadt aus allen Nähten, und Quartiere sind wahnsinnig überteuert. Trotz des Beigeschmackes kehrte ich mit neuen Ideen, zahlreichen Leseempfehlungen, unzähligen Eindrücken und müden Füßen nach Wien zurück.

Geschrieben von Cornelia Stahl.

Ein Artikel zur Leipziger Buchmesse von Cornelia Stahl erscheint auch in der Zeitschrift etcetera, Heft 64/2016.

Quelle: Die Alternative

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