Zur langen Geschichte der Zustände im Kranken­anstalten­verbund.

Das Wiener Spitalswesen ist schon länger in Gefahr und droht nun ganz an die Wand gefahren zu werden. Spardruck, Fehlplanungen und unhaltbare Arbeitsbedingungen tun niemandem gut und gefährden die Gesundheitsversorgung der Wiener Bevölkerung.

Seit Jänner 2007

ist Frau Mag.a Sonja Wehsely für dieses Ressort zuständig und trägt damit die politische Verantwortung für die heutigen Zustände. Der von ihr – angeblich gegen den Wunsch des Bürgermeisters – eingesetzte Generaldirektor Janßen hat brav all ihre Vorstellungen apportiert und damit so ziemlich alle Berufsgruppen vor den Kopf gestoßen.

Nach dem anfänglichen Drohen mit dienstrechtlichen Konsequenzen für den ÄrztInnenstreik und dem unmittelbaren Zurückpfeifen durch den Bürgermeister, folgte eine bemerkenswerte Reaktion der Stadträtin.

Nur scheinbar gab sie die Geläuterte und streckte nicht einmal halbherzig die Hand aus, in der Erwartung, dass man sie ergreift und nicht ausschlägt (O-Ton einer beleidigten Leberwurst). Gleichzeitig folgte jedoch keine direkte Einladung der mehrmals desavouierten ÄrztekammervertreterInnen.

Die durchsichtige Taktik

des Aussitzens und Verhandlungsprozesse bis zur Zermürbung in die Länge Ziehens funktioniert nicht mehr. Das sorgsam aufgebaute Bild der „eisernen Lady in pink“ zerbröselt unter all den anstehenden, ungelösten Schwierigkeiten im Gesundheitsressort. Schon geistert die Frage herum, ob es ausreichen wird, den 24.000-Euro-pro-Monat Generaldirektor nach dem Jahreswechsel als Bauernopfer zu entsorgen. Wir werden sehen.

Doch selbst wenn es alsbald zu einer Lösung der Fragen rund um die ÄrztInnenproteste kommen sollte, ist die Grundproblematik im Spitalswesen nur ein weiteres Mal kalmiert und nicht gelöst:

So hat beispielsweise die Pflege

als Gesamtheit bei der Änderung der ÄrztInnenarbeitszeit einen Teil der Aufgaben in den eigenverantwortlichen Bereich übernommen. Mehr Personal gab es dafür jedoch nicht. Jene, die schon bis dahin mit persönlichem Engagement bis zur Selbstschädigung „den Laden am Laufen hielten“, durften dann noch zusätzliche medizinische Assistenzarbeit übernehmen.

Dass ÄrztInnen mehr Gehalt bei weniger Aufgaben bekommen und diese Aufgaben von der Pflege ohne finanziellen Ausgleich übernommen wurden, hätte fast zur – offensichtlich gewünschten – Entsolidarisierung dieser wichtigen Berufsgruppen geführt.

Als KollegInnen und als GewerkschafterInnen können wir es nicht gut heißen, wenn der Dienstgeber Berufsgruppen untereinander ausspielt und so seinem Ziel des Einsparens näher kommen möchte.

Weiters sind die Arbeitsbedingungen permanent

– und das schon seit vielen, vielen Jahren – von Einsparungen, Personalmangel, steigendem Arbeitsdruck und einer damit verbundenen Zunahme an Krankenständen geprägt. Die MitarbeiterInnen im KAV, vor allem im Pflegebereich, arbeiten am Limit.

Eine konstant steigende Anzahl an Burnout-Erkrankungen, sowie physischen und psychischen Überlastungssyndromen ist dokumentiert und nachvollziehbar. Die Fluktuation nimmt ebenfalls beängstigend zu und bringt zusätzliche Dynamik in die interdisziplinären Teams hinein.

Kaum scheinen alle MitarbeiterInnen mit der notwendigen und qualitätssichernden Stationsalltagsroutine und damit verbundenen Maßnahmen vertraut, fällt wieder eine/einer aus. Dieses verengende System lässt sich bedauerlicherweise seit 1998 beobachten. Also nicht gerade kurz!

Umso grotesker

und mitarbeiterInnenverachtender wirkt es also, wenn Stadträtin Mag.a Sonja Wehsely als Antwort auf die ÄrztInnenproteste darauf verweist, dass im Zuge der Umstrukturierungen bereits sehr viele ins Medizinische gehende Tätigkeiten von der Pflege übernommen werden – und zwar nicht nur von den diplomierten KollegInnen. Mit der Schaffung einer neuen Ausbildung von Assistenzkräften ist nun der Stadt Tür und Tor geöffnet, schnelles Anlernen von Tätigkeiten für Viele zu ermöglichen.

Wird heute noch von einem Verhältnis 80% diplomiertes Personal zu 20% Assistenzkräften gesprochen, so soll sich in den nächsten Jahren dieses Verhältnis angeblich umkehren, wenn es nach Wehsely und Janßen geht. Ein sehr diskussionswürdiger Umgang mit unserem Gesundheitssystem ist dies wohl allemal.

Polemisch könnte mensch meinen,

dass weder Menschen der Politik noch höhere Dienstgeber­vertreterInnen je der Notwendigkeit einer normalen Spitals- oder ÄrztInnenkonsultation ausgesetzt werden. Brauchen diese medizinische Hilfe, werden sie wie VIPs behandelt – auf e-card natürlich. Ein normales Prozedere werden sie nicht kennenlernen müssen.

Und das ist auch die durchgehende Krux an der Sache: Kaum ist klar, dass Spitäler von Politik oder Dienstgeber besucht werden, gibt es klare Ansagen an die MitarbeiterInnen: Nur zufriedene Aussagen, nur lachende Gesichter, keine abweichenden Erfahrungen von dienstlichen Vorgaben transportieren!

Also wird es auch keine Veränderungen geben, denn damit ist ja klar, dass die Pläne von Politik und Dienstgeberin die „richtigen“ sind.

Ein wirklich besch… System

Ein Strukturwandel im Sinne der PatientInnen und MitarbeiterInnen kann nur durch einen offenen und realistisch reflektierten Dialog entstehen. Stillhalteabkommen mit einzelnen PersonalvertreterInnen und GewerkschafterInnen sind hier sicher nicht hilfreich – auch wenn manche noch immer glauben, dass eine gemeinsame Partei zusammenschweißt.

Statt Sparpaketen braucht es im Gesundheitsbereich mehr Personal in allen Berufsgruppen, menschenwürdigere Arbeitsbedingungen und der Arbeitsleistung entsprechende Löhne, die sich nicht in einem Dschungel aus Nebengebühren verlieren. Weil sich schließlich alle ein Gesundheitswesen verdient haben, das gesund statt krank macht – PatientInnen wie Beschäftigte.

Wir fordern,

dass die Verantwortlichen im KAV endlich aus der Deckung kommen, sich den Problemen ernsthaft stellen und mit den MitarbeiterInnen vor Ort in lösungsorientierte Gespräche führen, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern!

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