Dem Staat fliegt gerade mit beachtlichem Tosen bei der Bundespräsidentenwahl seine Überbürokratisierung um die Ohren. Hans Bürger wies auf den Umfang der an der Durchführung Beteiligten hin: „Es geht um 100.000 Menschen. Man darf jetzt nicht die totale Perfektion erwarten.“ (ZIB1, 12. 9. 2016)

Der Fehler an der Perfektion ist das Fehlen eines Fehlers.

Ja, wirklich wahr, selbst in einer hochentwickelten Demokratie wird es niemals die perfekte, fehlerfreie Wahl geben. Deshalb ist ein Kriterium bei der Anfechtung korrekterweise die Frage, ob der jeweilige Fehler eine tatsächliche Auswirkung auf das Wahlergebnis gehabt hätte.

Vielleicht überdenken die politischen Kräfte in unserer Republik einmal die Maßstäbe der Bürokratie. Vielleicht ist das die Gelegenheit, um anzuerkennen, dass die penibelst ausformulierte Vorschrift weder alltägliche Fehler noch vorsätzlichen Betrug vermeiden kann. Vielleicht wird sogar erkannt, dass die Bediensteten – vom Bund bis zu den Gemeinden – Menschen sind.

Bürokratie in der Sozialpädagogik

Vor der MAG ELF hat der Trend leider ebenso wenig Halt gemacht. Die Dokumentation – früher Austausch unter Kolleginnen und Kollegen – dient heute, subjektiv gefühlt, mehr der juristischen Absicherung, als der Pädagogik.

Der wahrscheinlich zweitgrößte Lästigkeitsfaktor beim pädagogischen Personal ist die Kassengebarung. Unglaublich, wie viel Zeit für das Stempeln, Unterschreiben, Nummerieren und immer detailreichere Eintragen in das Kassabuch verbraucht wird. Noch leidtragender sind natürlich alle Verwaltungsbediensteten, deren tägliches Geschäft die wild austreibenden Erlass-Blüten rund um Abrechnung, Fahrscheinlisten samt „2-Kilometer-Regel“, Standesmeldung & Co sind.

Vertrauen statt Kontrolle

Es wäre mehr als wünschenswert, die Überbürokratisierung in unserer Gesellschaft aufzuhalten und in weiterer Folge wieder zurechtzustutzen. Fordern nicht die extrem detaillierten Regelungen Menschen in  besonderer Weise heraus, eine Lücke aufzuspüren und sich hämisch darüber zu freuen? Ist das endlose Stopfen dieser Lücken nicht völlig sinnlos? Schon allein deshalb, weil die Bediensteten weder die Zeit zum Lesen aller Erlässe haben, noch die Gedächtniskapazität sich das alles neben dem Regelbetrieb zu merken?

Freilich, US-amerikanische Zustände mit dem vielzitierten Hinweis, Katzen nicht in der Mikrowelle zu trocknen, haben wir noch nicht. Aber auch bei uns wäre die Rückkehr zum Hausverstand (der leider von einer Supermarktkette als Werbegeisel genommen wurde) durchaus erwägenswert. Anders formuliert: Bitte weniger Kontrolle und mehr Vertrauen in die Vernunftbegabung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

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