Ein EuGH-Urteil und die österreichische Lösung

Jetzt ist es amtlich. Am 19. April 2019, Karfreitag, sollen erstmals alle Arbeitnehmer ab 14 Uhr frei haben. Oder eben doch nicht. Aber das muss erst geklärt werden. So hat es zumindest der Regierungskoordinator Dr. Norbert Hofer (FPÖ) in der ZiB 2 verkündet.

Diese Neuregelung, die immerhin EU-rechtskonform ist, wirft allerdings mehr Fragen auf als es Antworten gibt. Und sie könnte Folgewirkung für andere Feiertage haben.

Wo liegen die Probleme?

Im Ö1 Morgenjournal haben AK-Präsidentin Renate Anderl und die anerkannte Arbeitsrechtsexpertin Dr. Katharina Körber-Risak Auskunft dazu gegeben bzw ihre Kritik geäußert. Hier eine kurze Zusammenfassung:

  • Bei einer üblichen Arbeitszeit von 8 bis 16 Uhr entspricht die Regelung nicht einem halben Feiertag, sondern einem viertel Feiertag bzw zwei Feierstunden. Ein halber Feiertag ist zudem Neuland in Österreich, halbe Urlaubstage sind rechtlich im Urlaubsgesetz nicht vorgesehen.
  • Teilzeitkräfte gehören wohl auch nicht zu den Gewinnern. Die einen haben einen Feiertag, die anderen nicht…
  • Was passiert mit den Geschäften? Zusperren um 14 Uhr oder Überstundenzuschläge bezahlen?
  • Wie schaut es mit Früh-/Spätschichten aus? Also z.B. in einer Bäckerei? Im vollkontinuierlichen Schichtdienst gab es auch bisher schon Sonderregelungen, die nicht als gleichheitswidrig anerkannt wurden. Es gibt dazu allerdings noch keine gerichtlichen Entscheidungen.

Der Generalkollektivvertrag

Ein Leckerbissen für Arbeitsrechtler. Der Generalkollektivvertrag aus dem Jahr 1953 Abschnitt II sichert Evangelischen, Altkatholiken und Methodisten den freien Tag zu. Viele Kollektivverträge sehen diese Regelung ebenfalls vor, es gilt das Günstigkeitsprinzip. Das heißt, sieht ein Kollektivvertrag eine günstigere Regelung für den Arbeitnehmer vor, gilt diese. Die Regierung muss also, sollte sie die Umsetzung komplett wollen, in die bestehenden Kollektivverträge eingreifen. Die sich dann verschlechtern.

Sollte jedoch in die Kollektivverträge nicht eingegriffen werden, haben die bisher Begünstigen weiterhin ganztags frei. Die Umsetzung ist also noch völlig offen, niemand weiß derzeit, was in diesem Gesetz stehen wird.

Folgewirkung

Die Ungleichbehandlung wäre aber auch noch bei anderen Feiertage gegeben, wie zB Jom Kippur, heuer am 9. Oktober 2019. Folgeentscheidungen können nach dem EuGH Spruch künftig gleich von österreichischen Gerichten in erster Instanz entschieden werden, d.h. es ist eine wesentlich kürzere Verfahrensdauer zu erwarten.

Es ist also ein Minenfeld. Regelungen auf Grund von Gleichheitswidrigkeit einzuklagen bringt selten einen Vorteil für alle und führt meistens zu einer kollektiven Verschlechterung. Diese ist dann aber zumindest nicht mehr diskriminierend laut Unionsrecht.

Arbeitnehmerfreundlich?

Arbeitnehmerfreundlich ist das Ganze nicht. Sondern viel eher ein Kniefall vor der Wirtschaft. Aber das kennen wir ja von dieser Regierung schon, Stichwort 12-Stunden-Tag, Sozialversicherungsmisere etc. „Entlastung der Wirtschaft“ ist es auch, was wir im Hofer Interview als Regierungsvertreter wiederholt hören. Von Vorteilen für Arbeitnehmer ist da nicht ein einzgies Mal die Rede.

Versprechen, die nichts wert sind…

Was das von ÖVP-Regierungskoordinator Mag. Gernot Blümel in einem Interview gegebene Versprechen, „dass „der Status quo auf rechtskonforme Art erhalten“ bleiben soll: „Niemandem soll etwas weggenommen werden“, darüber sei man sich in der Regierung einig.“ wert ist mag jeder selbst beurteilen.

Wir sind also gespannt, wie die Stadt Wien diese Regelung für ihre Bediensteten umsetzt. Einmal mehr zeigt sich: Neid ist zwar ein urmenschlicher Zug, aber ein schlechter Ratgeber, wenn es darum geht, vorteilhafte Regelungen für alle zu finden. Meistens geht es in die andere Richtung und die Verlierer sind dann alle…

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