Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte sind verbrieftes Recht des Betriebsrates.

Die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte, ebenso wie die Fähigkeiten mit den ArbeitgeberInnen in Verhandlungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen einzutreten, sind kein Entgegenkommen von Gottesgnaden (oder als was sich die „erlauchten“ ArbeitgeberInnen auch immer verstehen), sondern ein verbrieftes Recht des Betriebsrates. Es ist ebenso die Stärke einer Belegschaft, die auch mittels Arbeitskampf, bis hin zu Streik, dem Betriebsrat ermöglicht, günstigere Arbeitsbedingungen durchzusetzen.

In der Arbeitswelt taucht immer wieder die Frage auf, warum ein Betriebsrat das macht, was nun einmal ein Betriebsrat macht. Warum mischt sich ein Betriebsrat in Dinge ein, warum interveniert er, warum verlangt er Informationen, warum verlangt er von der Arbeit­geber­In, angehört zu werden?

Auf ArbeitgeberInnen-Seite pressieren diese Fragen sogar so sehr, dass sie mit hochrotem Kopf, wild gestikulierend diese – in ihren Augen – unverschämten Anmaßungen des Betriebsrates ablehnen oder darauf hinweisen, dass sie ja eh schon – in ihren Augen – über das Maß hinaus, mit dem Betriebsrat kommunizieren und – erlaucht und gnädig, wie sie sind – mitwirken lassen … in ihren Augen über das Maß hinaus.

Also: Auf welcher Grundlage nimmt sich ein Betriebsrat das Recht heraus, mitzuwirken, mitzuentscheiden oder gar in Verhandlungen mit dem oder der BetriebsinhaberIn eintreten zu wollen?

Die Antworten sind denkbar einfach:

  • Auf Basis von Gesetzen
  • Auf Basis der Stärke der Belegschaft

Auf Basis von Gesetzen

Der Betriebsrat hat im Sinne der Paragraphen 89, 90 und 91 des Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) ein umfassendes Über­wachungs-, Interventions- und Informationsrecht und mit dem Paragraph 108 ArbVG ein umfassendes Informationsrecht sowie ein Interventions- und Beratungsrecht in Wirtschaftsangelegenheiten.

Die sich dadurch ergebenden Informationspflichten der ArbeitgeberInnen sind daher ebenfalls umfassend. Somit unterliegen auch alle Angelegenheiten des Betriebes diesen Überwachungs-, Interventions- und Informationsrechten des Betriebsrates. Es ist kein Entgegenkommen, es sind keine Almosen, die der oder die ArbeitgeberIn dem Betriebsrat zugesteht, es ist die gesetzliche Verpflichtung der ArbeitgeberInnen-Seite.

Das Arbeitsverfassungsgesetz besagt weiters (§ 38): „Die Organe der Arbeitnehmerschaft des Betriebes haben die Aufgabe, die wirtschaftlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Interessen der Arbeitnehmer im Betrieb wahrzunehmen und zu fördern.“

Daraus ergibt sich eine Pflichtbefugnis des Betriebsrates, zum Wohle der Belegschaft zu intervenieren und auch Verbesserungen der Arbeitsbedingungen für die Belegschaft zu verhandeln. Wiederum ist das kein Entgegenkommen der ArbeitgeberInnen, sondern das gesetzlich verbriefte Recht des Betriebsrates, vielmehr noch eine Verpflichtung (Pflichtbefugnis) des Betriebsrates.

Es ist ebenso keine Gnade der ArbeitgeberInnen, wenn der Betriebsrat in Personalangelegenheiten Beratungs- und Anhörungsrecht hat. Es ist Gesetz, das die ArbeitgeberInnen befolgen müssen. Wenn also beispielsweise in einer Betriebs­vereinbarung vereinbart wurde, dass der Betriebsrat bei Personal­angelegenheiten in den ArbeitgeberInnen-Gremien beisitzt und Rederecht hat, dann ist das keine heroische Tat der Arbeit­geber­Innen, für die die ArbeitnehmerInnen auf die Knie fallen und die ArbeitgeberInnen anhimmeln müssen – sondern es ist nur eine Form der Erfüllung der Vorgaben des Gesetzes. Nicht mehr und nicht weniger.

Die Paragraphen 98 bis 107 des Arbeitsverfassungsgesetzes sichern den Betriebsrat Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte in personeller Angelegenheit zu. Es ist also noch kein Entgegen­kommen der ArbeitgeberInnen, wenn sie die gesetzliche Verpflichtung dieser Bestimmungen einhalten.

Erst wenn dem Betriebsrat in entsprechenden ArbeitgeberInnen-Gremien darüber hinausgehende Kompetenzen zugesprochen werden, findet ein Austausch statt, der über der gesetzlichen Mitbestimmung oder Informationspflicht liegt. Wo der Betriebsrat überall mitwirken kann und die ArbeitgeberInnen das zu akzeptieren haben, zeigt im Anschluss dieses Artikels eine kleine, nur unvollständige Aufzählung der Gesetze, deren Einhaltung der Betriebsrat verpflichtend kontrollieren muss und entsprechend intervenieren muss, wenn die ArbeitgeberInnen ihrer gesetzlichen Verpflichtung nicht nachkommen. Dazu kommen noch Normen, Verordnungen, Kollektivverträge (davon gibt es in Österreich etwa 1600) sowie Betriebsvereinbarungen.

Auf Basis der Stärke der Belegschaft

Aber nicht nur die unterschiedlichsten gesetzlichen Bestimmungen ermöglichen dem Betriebsrat, mitzuwirken und mitzubestimmen.

Es ist vor allem die Stärke der Belegschaft, die ein Betriebsrat vertritt und die dem Betriebsrat die Möglichkeit gibt – mehr noch: Den Betriebsrat geradezu verpflichtet, auf die ArbeitgeberInnen so einzuwirken, dass sie höheren Löhne oder überhaupt günstigeren Arbeitsbedingungen zustimmen.

Die Möglichkeiten einer Belegschaft sind umfassend und hängen einzig und allein von ihrer Stärke, ihrer Solidarität und Kollegialität untereinander ab. Das kann auch Arbeitskampf bedeuten.

Arbeitskampf

Bereits das Koalitionsgesetz von 1870 hat den ArbeitnehmerInnen weitreichende Möglichkeiten gegeben, den Arbeitskampf aufzunehmen.

Das Gesetz besagt: „Verabredungen von […] von Arbeitnehmern, welche bezwecken, mittels gemeinschaftlicher Einstellung der Arbeit von den Arbeitgebern höheren Lohn oder überhaupt günstigere Arbeitsbedingungen zu erzwingen […] haben keine rechtliche Wirkung.“ Können juristisch also nicht verfolgt werden.

Das Recht in Österreich in den Arbeitskampf, in den Streik einzutreten, ist weltweit beispiellos. Ein Arbeitskampf kann in Österreich nicht verhindert werden. Während in anderen Ländern bestimmte Arten von Streiks, wie Generalstreik, politische Streiks, Solidaritätsstreiks verboten sind und Streiks an sich streng reglementiert sind, unterliegen Streiks in Österreich keinen solchen Einschränkungen. Das geht so weit, dass nicht nur Generalstreiks, politische Streiks in Österreich möglich sind, sondern es wird sogar dort noch differenziert, wo andere Staaten schon untersagen.

Ein Beispiel hier ist die Unterscheidung zwischen Sympathie- und Solidaritätsstreik. Bei einem Sympathiestreik bekunden andere streikende ArbeitnehmerInnen, „dass sie Streikforderungen für angemessen halten. Der Solidaritätsstreik hingegen ist […] ein Instrument, um die Versuche der Arbeitgeber, die Folgen eines lokalen Streiks durch Ausweichen zu einem anderen Standort auszugleichen, zu unterbinden.“ (zitiert aus Florian Burger, Das Ende des Streikrechts, ÖGB Verlag)

Es gibt daher, anders als in anderen Ländern, auch keine „wilden Streiks“, also illegalen Streiks in Österreich: Jeder Streik ist in Österreich zulässig. Es wird nur unterschieden zwischen gewerkschaftlich organisiertem sowie nicht-gewerkschaftlich organisiertem Streik. Die Möglichkeiten einer Belegschaft in den Arbeitskampf einzutreten, können daher als umfassend umschrieben werden. Dazu reicht prinzipiell ein Beschluss bei einer Betriebsversammlung.

In einer solchen Situation: Bloß keine Fehler!

Im Falle einer solchen in sich solidarischen und kollegialen Belegschaft wäre es ein schwerwiegender Fehler der Arbeit­geberInnen, wenn diese sich gegen die Entschlossenheit und Interessen der Belegschaft stellen.

Eine derartige Handlungsweise würde von der Arbeitgeber­Innen-Seite den Betriebsfrieden gefährden und die Situation eskalieren lassen. Kompromisse mit der Belegschaft eingehen, mit dem Betriebsrat auf Augenhöhe zu verhandeln, ist hier sicher der bessere Weg.

Diese nicht vollständig aufgezählten gesetzlichen Bestimmungen und der Druck einer Belegschaft durch potenziellen Arbeitskampf ermöglichen den Betriebsrat Mitbestimmungsrechte durchzusetzen und die Arbeit­geber­Innen auf den Verhandlungstisch zu bringen.


geschrieben von Stefan Steindl.

Quelle: Die Alternative

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