Oder: Wie tief kann man sich vor der Dienstgeberin verbeugen, ohne Rückenschmerzen zu bekommen?

Die Dienstrechts- und Besoldungsreform wird aller Voraussicht nach mit 23. November im Landtag beschlossen werden. Im Begutachtungsverfahren hat sich die KIV/UG klar dagegen ausgesprochen. Die GewerkschaftskollegInnen der Mehrheitsfraktion haben schon 2014 zu klatschen und jubeln begonnen, allerdings ist den Claqueuren gegen Ende ein wenig die Puste ausgegangen. Die Gewerkschaftsspitze und das Verhandlungsteam haben hier voll dagegengehalten und bis zuletzt von „Meilenstein“ und „Opus Magnum“ phantasiert. Es würde uns nicht wundern, wenn sie noch ein Wording aus der deutschen Klassik auspacken: „Von hier und heute geht eine neue Epoche der Weltgeschichte aus und ihr könnt sagen, ihr seid dabei gewesen“ – das würde noch fehlen!

Schauen wir uns doch einmal an, was die Gewerkschaftsspitze da für uns ausverhandelt hat. Völlig subjektiv und ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

  • Zusatzurlaub ab dem 57. bzw. 60. Lebensjahr ist schon wieder weg. Die 7. Urlaubswoche ist komplett gestrichen.
  • Zulagen und Nebengebühren sind futsch. Gehaltsintransparenz weiter ausgebaut.
  • Gehaltsmäßige Bestrafungsmöglichkeit bei Krankheit, Dienstunfall und Berufserkrankung ausgeweitet.
  • Etliche Berufslaufbahnen in der Lebensverdienstsumme beschnitten. Manche haben schon beim Einstieg weniger.
  • Versprechen „Lebensverdienstsumme wird nur neu verteilt“ schon zu Beginn der Reform nicht eingehalten.
  •  „Samstagsurlaubsregelung“ ersatzlos gestrichen
  • Entschädigung für die Räumung einer Dienstwohnung erfolgreich abgeschafft.
  • Die in Aussicht gestellte „Optierungsmöglichkeit“ erfolgreich nicht erreicht. (eigentlich positiv!)
  • Kinderzulage (€ 14,53) bleibt. In einem heroischen Abwehrkampf gegen die neoliberalen Wünsche der Dienstgeberin, nach dreimaligem Aufstehen vom Verhandlungstisch und Androhung von massiven gewerkschaftlichen Kampfmaßnahmen, konnte die Kinderzulage (nunmehr Kinderbeitrag) gerettet werden. Hier ist der Beweis erbracht, dass es sich auszahlt Gewerkschaftsmitglied zu sein!

Danke FSG!

Nach dieser subjektiven und unvollständigen Aufzählung würde man im Fußball von einem 8:1 Sieg der Dienstgeberin über die Gewerkschaftsvertretung sprechen. Frei nach Toni Pfeffer – „Hoch wern mas nimma gwinnen“.

Da wundert es niemanden, dass es zu diesem Verhandlungsergebnis in der Gewerkschaft keinerlei Abstimmung gegeben hat. Keine Abstimmung im Präsidium, keine Abstimmung im Landesvorstand, keine Abstimmung unter den FunktionärInnen oder gar eine Mitgliederbefragung. Das erinnert vielmehr an das Demokratieverständnis hochentwickelter Volksdemokratien in Stile Nordkoreas!

Anstelle von Abstimmungen gibt es dafür eine immer gleiche Jubelvortragsreihe durch den Chefverhandler. Statt „Verhandler“ wollten ihm einige KollegInnen schon den Titel „Postkastl für Dienstgeberwünsche“ verleihen. Diese Powerpoint-Präsentationen erinnern in Stil, Tonmodulation und Charme an die Reden des Erich Honecker und haben auf die geplagte Zuhörerschaft eine massiv sedierende Wirkung. Beim letzten Zentralausschuss am 8. November ist ein FSG-Kollege der Wiener Berufsrettung tatsächlich eingeschlafen. Ein anderer Fraktionskollege konnte nur unter Aufbietung seiner gesamten Willenskraft das Aufschlagen seiner Stirn auf die Tischplatte verhindern und hielt dann doch den Rest der Sitzung durch.

Vorsichtshalber hat Frau Dr. Schmied – die Personalchefin der Stadt – zur Feier dieses Opus Magnum zu einer Veranstaltung im Haus des Personals eingeladen. Vom Bürgermeister abwärts werden sich über 50 Respektspersonen einfinden und den Landtagsbeschluss begießen!

Kommt Ihnen das auch ein wenig eigenartig vor? Wenn zum Beispiel nach harten Gehaltsverhandlungen die beiden Streitparteien vor die Presse treten, betont jede Seite wie sehr man über die eigene Schmerzgrenze gegangen ist und dass man sich gerade noch im erträglichen Ausmaß einigen konnte bzw. wie weit man dem jeweils Anderen entgegen gekommen ist.

Nicht so in diesem Fall. Personalchefin Frau Dr. Schmied ist zum Feiern zumute und sie lädt daher in das Haus des Personals. Gerüchteweise soll das Lied „Nearer, My God, to Thee“ zum Besten gegeben werden. Ein in unseren Breiten wenig gespieltes Stück, das auch als letzte Nummer des Titanic-Orchesters Bekanntheit erlangte.

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