„Pflegenotstand“ klingt schrecklich und ist kaum übertrieben. Schon längst können in Österreich nicht alle offenen Stellen besetzt werden (Expert­Innen sprechen von zirka 6000 Stellen).

In der Vergangenheit wurde die Personallücke vor allem mit KollegInnen mit Migrationshintergrund gestopft, doch auch das reicht bei weitem nicht aus. Und wird für die Zukunft auch keine Lösung sein.

So lange die Arbeitsbedingungen – sprich Nacht- und Wochenenddienste, hohe physische und psychische Belastung, schlechtes Image und diskussionswürdige Bezahlung – sich nicht grundlegend bessern, wird sich der Personalmangel weiter verschärfen.

Motiv: Helfen wollen

Angesichts der schlechten Arbeitsbedingungen verwundert es kaum, dass für die Mehrheit der MitarbeiterInnen idealistische Ziele bei der Berufswahl eine Rolle spielen. Das Hauptmotiv für die Berufswahl ist nach wie vor, „anderen helfen zu wollen“. Doch gerade ihr persönliches Engagement macht die KAV MitarbeiterInnen in Spitälern und Geriatriezentren für Burnout besonders anfällig.

Praxisschock: Viertel beendet Ausbildung nicht

Oftmals folgt schon beim Berufseinstieg der „Praxisschock“. Die Arbeitsbedingungen führen schon in den ersten Arbeitswochen die jungen MitarbeiterInnen an ihre persönlichen Grenzen. Manche kommen jedoch erst gar nicht bis zum Abschluss ihrer Ausbildung. Auch bis unmittelbar vor Abschluss der Berufs­ausbildung steigen PflegeschülerInnen aus der Ausbildung aus. Und sicher nicht, weil bereits diensterfahrenen KAV-MitarbeiterInnen zu viel jammern würden.

Nein! Sie sehen durch ihren berufspraktischen Einsatz während der Ausbildung bereits die Arbeits­bedingungen, welche von Menschen durchwegs mehr fordern, als gesundheitlich zu vertreten ist. Ob eine Altersanhebung für die an einer Pflegeausbildung Interessierten oder das neue Bachelor-Studium „Gesundheits- und Krankenpflege“ mehr Menschen in Pflegeberufe führt und sie auch länger verweilen lässt, wird sich zeigen. Jedenfalls erwartet man sich von einer Akademisierung der Pflege eine Aufwertung des Berufs, an den vielfach prekären Arbeitsbedingungen ändert dies jedoch nichts.

Pflege ist weiblich

Rund zu ein Fünftel der Pflegekräfte will den Aufstieg in eine höhere berufliche Position schaffen. In der Realität gelingt das vor allem Männern. Neun von zehn KAV-MitarbeiterInnen, die in der Pflege bzw. am Bett tätig sind, sind Frauen. Also bekommen insbesondere Frauen mit Kinderbetreuungspflichten die Doppelbelastung in besonderem Maße zu spüren.

So sollten Teilzeitangebote den Wiedereinstieg trotz eingeschränkter Zeitflexibilität erleichtern. Doch macht das derzeitige Besoldungssystem, das eine Bezahlung nur mit Nacht- und Wochenend­dienstzuschlägen einigermaßen attraktiv macht, Teilzeit auf Dauer kaum möglich.

Belastungen für Ältere besonders hart

Da Jüngere immer seltener den Pflegeberuf ergreifen wollen, steigt der Anteil der Älteren im Pflege­personal. Im Krankenhaus Hietzing ist die Hälfte der Belegschaft bereits älter als 45 Jahre. Da die physische Belastbarkeit im Alter nachlässt, sind insbesondere ergonomische Hebehilfen und eine Berücksichtigung des Alters bei der Organisation der Nachtdienste, die Ältere schwerer als Jüngere verkraften, vonnöten.

Um die Arbeitsfähigkeit der MitarbeiterInnen zu erhalten und die Fluktuation zu reduzieren, setzt die Dienstgeberin neben der Förderung des individuellen Gesundheitsverhaltens insbesondere auf die Schaffung von Räumen für Kommunikation und Austausch der Beschäftigten, auf gesundheits­förderliches Führungsverhalten sowie Burnout- und Stressprävention. Im Arbeitsalltag ist von diesen Innovationen des KAV wenig zu spüren, da der Arbeitsdruck stetig steigt und die MitarbeiterInnen unterzugehen drohen.

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