Die MitarbeiterInnen im Behinderten-Bereich, in der psychiatrischen Vor- und Nachsorge und der Wohnungs­losen­hilfe in Ober­österreich haben kämpferische Zeiten hinter sich.

Die letzten Monate waren geprägt vom Kampf gegen geplante Kürzungen durch das Land Oberösterreich. Eine Demo, die Kundgebung und der Widerstand der Straße, haben etwas bewirkt. Das ist erfreulich. Nicht so erfreulich sind die Kürzungen, die noch bleiben.

Aber beginnen wir chronologisch:

Ende Jänner gab es erste Ankündigungen von Sparmaßnahmen im Bereich der Bereich der Behindertenarbeit, der psychiatrische Vor- und Nachsorge und der Wohnungslosenhilfe in Oberösterreich.

Es war von fünfundzwanzig Millionen die Rede, die in diesen Bereichen gespart werden sollten. Diese fünfundzwanzig Millionen hätten einen Verlust von fünfhundert Vollzeitarbeitsplätzen bedeutet. Das konnten sich die Betroffenen nicht gefallen lassen und es wurde zu einer Kundgebung aufgerufen.

Die von zweitausendfünfhundert Menschen besuchte Kundgebung am 18. März 2015 war ein erstes starkes Signal des Widerstandes. Damit waren die Kürzungen noch nicht vom Tisch – es ging nach wie vor um fünfhundert Vollzeitarbeitsplätze – aber es starteten Verhandlungen zwischen der damaligen Soziallandesrätin und dem Landeshauptmann.

Ein konkretes Handlungsergebnis wurde für Ende April in Aussicht gestellt. Um den Druck zu erhöhen, wurde eine Demonstration organisiert, zu der neben den MitarbeiterInnen auch die betroffenen KlientInnen und deren Angehörige eingeladen wurden. An der Demonstration nahmen ungefähr dreitausendfünfhundert Menschen teil.

Sparplan gemildert

Nach dieser Demonstration wird der Sparplan auf „nur“ siebzehn Millionen gemildert. Die Gefährdung der Arbeitsplätze war weiter da und es wurde von den BetriebsrätInnen und den Gewerkschaften vida und der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier ein bundeslandweiter eintägiger Warnstreik beschlossen.

Die Gewerkschaften und die BetriebsrätInnen forderten

  • Kündigungsschutz,
  • Nachbesetzungspflicht
  • und die Verhinderung von Leistungsverdichtung.

Am 16. Juni 2015 hätte gestreikt werden sollen. In der Woche vor dem Streik fanden Gespräche mit

  • Landeshauptmann Pühringer,
  • Soziallandesrätin Jahn,
  • VertreterInnen der Arbeitgebervereinigung IVS,
  • der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier
  • und der Vida statt.

Mitte Juni beschlossen die Gewerkschaften mehrheitlich den Streik abzusagen, weil die ArbeitgeberInnen den Kündigungsschutz und Nachbesetzungspflicht zugesagt haben.

Es gelang, ordentlich Widerstand zu erzeugen, MitarbeiterInnen auf die Straße zu bringen – auch aus Betrieben, die bisher nicht so gerne auf die Straße gingen. Insgesamt können wir froh sein, dieses Paket geschnürt und diese Einigung zu haben, aber es beginnen schwierige Zeiten.

Einsparungen

Von den Trägern sind bis zum 1. Jänner 2020 siebzehn Millionen Euro einzusparen. Eine Absichtserklärung seitens der politischen VertreterInnen besagt, dass von den siebzehn Millionen Euro Einsparungsvolumen ab 2016 bis 2020 insgesamt 4,5 Millionen Euro wieder an die TrägerInnen für neue Projekte zurückfließen werden. Dieser zusätzliche Ausbau soll vor allem in die Bereiche teilbetreutes Wohnen, Werkstätten, Fördergruppen und Mobile Dienste investiert werden.

Damit werden die Arbeitsplätze der MitarbeiterInnen abgesichert und der Personalstand kann gehalten werden. Ein Wechsel auf andere Arbeitsstellen könnte Thema werden, wenn anstehende Pensionierungen nicht für die notwendigen Einsparungen ausreichen.

Eine Erhöhung der Sach- und Personalkosten (Indexanpassungen, Kollektivvertrags-Erhöhungen) wurde garantiert, ebenso eine jährliche Budgeterhöhung von fünf Prozent für das Sozialressort des Landes Oberösterreich, wodurch ein Ausbau von Angeboten beziehungsweise eine Abdeckung von Veränderungen in der Betreuung gesichert sein soll. Zusätzlich wird es einen Sozial­partnerInnendialog geben. Ein weiterer Teil der Vereinbarung ist die Möglichkeit, zwischen den einzelnen Leistungsbereichen (beispiels­weise zwischen Werkstätten und Wohnbereich) umzuverteilen.

Ein Teil der einzusparenden Kosten werden über die Sach- und Overheadkosten erreicht werden, aber es geht zu einem großen Teil um die Reduzierung der Personalkosten. Die Arbeitsplätze werden zwar insgesamt über den Bereich der Behindertenarbeit, der psychosozialen Nachsorge und der Wohnungslosenhilfe erhalten bleiben, aber in einigen Arbeitsbereichen wird nicht nachbesetzt werden.

Insgesamt kommt es damit zu einer Arbeitsverdichtung. Das wird sich auf die Qualität der Betreuung auswirken. Irgendwie beschleicht einen das Gefühl, es gehe ein wenig in Richtung warm, sauber, satt …

Was bitter ist:

Wir haben schon gespart und es ist gekürzt worden.

  • Es ist in der in den Werkstätten, Fördergruppen, Tagesstrukturen gekürzt worden, dadurch dass zusätzliche KlientInnen ohne zusätzliches Personal aufgenommen wurden.
  • Es ist im Wohnen gekürzt worden. Es sind Dienstposten pro vollbetreuter Wohngruppe eingespart worden, es sind Gästewohnplätze in Dauerbetreuungsplätze umgewandelt worden.
  • Auch sind die Gehaltserhöhungen, die in den Kollektivvertragsverhandlungen sozialpartnerschaftlich ausgemacht wurden, vom Land Oberösterreich nicht oder nur teilweise finanziert worden. Damit hat den Betrieben Geld gefehlt.

Was auch bitter ist:

Die Teilzeitproblematik und die damit verbundene Einkommens­thematik werden sich durch die Kürzungen verstärken. Dort wo überhaupt nachbesetzt wird, werden Vollzeitjobs auf mindestens zwei Teilzeitjobs aufgeteilt.

Im Bereich Sozialer Arbeit gibt es in vielen Bereichen nur mehr die Möglichkeit, Teilzeit zu arbeiten und es ist nur ein Beschäftigungs­ausmaß zwischen 15 und 32 Stunden möglich. Die Einkommen im Sozialbereich sind ohnehin unterdurchschnittlich. Mit zwanzig Stunden verdient man in der Sozialen Arbeit nicht viel, von dem kann man nicht leben. Soziale Arbeit darf nicht zum Hobby werden.

Flexibilität

Und dann wird von den MitarbeiterInnen noch viel an Flexibilität verlangt:

  • unregelmäßige Arbeitszeiten,
  • unterschiedliche Wochenarbeitszeit,
  • lange Durchrechnungszeiträume,
  • Einspringen für KollegInnen,
  • geteilte Dienste etc.

Die geteilten Dienste verursachen zusätzliche Kosten, weil die MitarbeiterInnen zweimal in die Arbeit fahren müssen.

  • Wer wird sich das noch antun?
  • Wer soll in Zukunft in solch unattraktiv gewordenen Berufsfeldern arbeiten?

Es werden prekäre Arbeitsverhältnisse produziert und für die Zukunft schwierige Lebenssituationen festgelegt. Viele der Mindest­pensionistInnen von morgen werden MitarbeiterInnen des Sozial­bereichs sein. Es ist quasi schon eine „alte“ gewerkschaftliche und betriebsrätliche Forderung: Von Sozialer Arbeit soll mann/frau auch leben können- jetzt und in der Pension.

Das Land Oberösterreich will das Chancengleichheits-Gesetz, will die UN-Behindertenrechts-Konvention, will Konzepte umsetzen; sie will gleichzeitig sparen und die Betreuungsqualität aufrechterhalten. Das wird schwer funktionieren. Die Betreuungsqualität wird schlechter werden und die Arbeitsbedingungen werden härter.

Der Sozialbereich in Oberösterreich ist von einer bedarfsgerechten Finanzierung einigermaßen weit entfernt. Das Finanzierungsmodell finanziert beispielsweise nur eine durchschnittliche Gehaltsstufe und Verwendungsgruppe. Wenn ältere MitarbeiterInnen beschäftigt werden, geht sich das oft nicht aus. Außerdem warten sehr viele Menschen mit Beeinträchtigung auf einen Wohn- und Arbeitsplatz.

Bedingungen

Gute soziale Arbeit kann längerfristig nur dann erbracht werden, wenn auch die Bedingungen, unter denen sie geleistet wird, gut sind.

Wer keine Wertschätzung erfährt, wird sie auch anderen nicht entgegenbringen. Wer selbst keine Gestaltungsmöglichkeiten und Spielraum hat, wird das Empowerment anderer nicht unterstützen. Wer selbst von der Arbeit nicht eigentlich leben kann, kann kein sicherer Rückhalt sein. Die Kürzungen verschlechtern die Bedingungen, die ohnehin vorher schon nicht gut waren.

Es wird immer behauptet, in anderen Bundesländern geht das billiger. Aber es ist ein vergleichen von Äpfeln mit Birnen. In anderen Bundesländern werden Menschen mit Beeinträchtigung zum Teil in Altenheimen untergebracht, die wesentlich billiger sind, weil sie auch weniger bieten. Es muss auch von der politischen Dimension geredet werden: Österreich ist ein reiches Land. Es kann sich ein ordentliches soziales System leisten.

Der Sozialbereich leistet die nötige Unterstützungsarbeit für die anderen Wirtschaftsbereiche; ohne die Betreuungsarbeit wäre die Wirtschaft nicht denkbar. Die Arbeit im Sozialbereich ist Mehr-Wert und wir schaffen dieser Gesellschaft einen sozialen Mehrwert. Wir gehören zu denen, die den Social-Profit in die Gesellschaft tragen.

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