Ohne gesamtösterreichische Bundesschulverwaltung keine Schulreform.

Ohne flächendeckende Einbindung von Hauptschule / NMS und AHS-Unterstufe keine Gesamtschule und keine Modellregionen. Ohne Demokratisierung und Vertrauen in die Arbeit der LehrerInnen keine Reform. Ohne Geld ka Musi.

Das österreichische Bildungswesen braucht keine neun Landes­schulverwaltungen. Das ist nichts Neues. Demokratische und sozial-integrative Schulreformen, wie sie nach dem Ende von Schwarz-Blau von SPÖ-Bildungsministerinnen versucht werden, werden bereits im Ansatz abgeblockt.

Auch das vom Ministerrat im November 2015 angenommene und von Ministerin Heinisch-Hosek und Staatssekretär Mader abgeklatschte Regierungsvorhaben „Schulreform“ zeigt, wie machtbewusste ÖVP-Landeshauptleute und ein auf persönlichen Machterhalt bedachter SPÖ-Landeshauptmann jede Einschränkung der landesparteipolitischen Verfügungsgewalt über „ihre“ vom Bund bezahlten LandeslehrerInnen verhindert haben wollen.

An der vom Rechnungshof wiederholt kritisierten, teuren föderalistischen Doppel- und Mehrgleisigkeit der Schulverwaltung soll festgehalten werden. Eine einheitliche, für LehrerInnen aller Schularten zuständige Schulverwaltung durch, dem Bundes­ministerium für Bildung und Frauen verantwortliche, Bundes-Bildungsdirektionen, ist im SPÖ-ÖVP-Konzept nicht vorgesehen.

Parteipolitisch besetzte Landesschulverwaltungen und in der Zusammenarbeit mit ihnen verbundene Personalvertretungs- und Gewerkschaftsfunktionäre sollen im Pflichtschulbereich und in den Berufsschulen weiterhin das Sagen haben.

Die Aussicht, dass eine Präsidentschaftskandidatur Erwin Prölls den rechten Flügel der Landeshauptmannsriege in der Schulverwaltungsfrage schwächen könnte, gibt es nicht mehr.

UGÖD zu den im Jänner begonnenen parlamentarischen Verhandlungen

Bis zur parlamentarischen Beschlussfassung der Bildungs-Verwaltungsreform besteht parteiunabhängiger Veränderungsbedarf!

Die Unabhängigen GewerkschafterInnen und die ÖLI/UG sehen in dem vorgelegten Regierungspapier kein Endergebnis, sondern einen Zwischenstand, der in den für Zweidrittelmaterien notwendigen Verhandlungen der Regierung mit Oppositions­parteien überarbeitet wird.

Sie erwarten von den die Endfassung verhandelnden Regierungs­mitgliedern und Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und Grünen, dass sie in den Verhandlungen das „Bildungsreformpaket“ aufschnüren und nachbessern. Denn die geplanten Modellregionen brauchen keine Prozentklausel, sondern flächendeckende gemeinsame Schul­verwaltung, gute Arbeitsbedingungen und eine Schul­verwaltung NEU (Bildungsdirektionen mit vom Bundesministerium für Bildung und Frauen bestätigten DirektorInnen, die weiterhin der Landes­hauptmann nominiert, Abschaffung der Kollegien, Fort­schreiben der Landeskompetenz über die 76.400 vom Bund bezahlten Landes­lehrerInnen) kann von SPÖ und ÖVP nicht im Alleingang beschlossen werden. Auch die im Regierungsvorschlag mit 15 Prozent pro Land und Schulart limitierten Modellregionen zur gemeinsamen Schule sind „Zweidrittel-Materie“.

Was Bundes- und LändervertreterInnen von SPÖ und ÖVP in der Bildungsreform-Kommission vereinbart haben, bedient im „Schulorganisations-Paket“ die alteingesessenen Machtinteressen von ÖVP-Landeshauptmännern und Landes-Parteien. Deren Schulverwaltungs-Kompetenz bleibt auch unter dem neuen Namen „Bildungsdirektion“ unangetastet (Anmerkung).

Positiv und daher bereits heftig umstritten, ist die Gehalts-Abrechnung aller LehrerInnen, auch der LandeslehrerInnen, durch das Bundesrechenzentrum. Dieses Zugeständnis der Bundes-ÖVP an die SPÖ-Ministerin wäre ein erster Schritt aus der föderalen Doppel- und Mehrfachverwaltung und könnte ein brauchbarer Verhandlungseinstieg sein.

Verhandlungsziel ist aber die gemeinsame Verwaltung aller LehrerInnen, die Zusammenarbeit über die Schultypen hinweg tatsächlich unterstützt, das wollen auch die Grünen. Wie notwendig das Beenden des Nebeneinander ist, zeigt anschaulich die bis dato ungelöste Frage des schultypenübergreifenden, regional zu organisierenden zusätzlichen Unterstützungspersonals für die Schulen, zur besseren Betreuung von Kindern, besonders akut zur sozialen Integration junger Flüchtlinge (SonderpädagogInnen, SozialarbeiterInnen, ÜbersetzerInnen) und zur Entlastung von LehrerInnen und Schulleitungen von Verwaltungstätigkeiten (Verwaltungspersonal an die Schulen).

ArbeitnehmerInnenrechte an Schulen sind für SPÖ und ÖVP anscheinend kein Thema, die zur Verhandlung stehenden Schulreform-Pakete klammern die Frage der gesetzlichen LehrerInnen-Personalvertretung aus.

Auch hier herrscht unterschiedliches Recht, zwischen allgemein­bildenden Landespflichtschul-LehrerInnen und AHS-LehrerInnen, zwischen Berufsschul- und BMHS-LehrerInnen und Landwirtschafts­lehrerInnen werden Trenn­linien gezogen.

Die Zusammenarbeit und gemeinsame Vertretung der Arbeit­nehmerInnen-Interessen an der Schule, in der Region und bundesweit wird behindert. Föderalistische Sonderrechte haben schon zu lange notwendige Reformen bei Schul-Kompetenzen (eine Bundeszuständigkeit / eine Personalvertretung) und Schul­organisation (gemeinsame Schule) blockiert.

Das „Modell-Region-Paket“ mit seiner 15 Prozent-Klausel ist ein Modellregionen-Verhinderungspaket, mit dem ÖVP-Standespolitiker und FCG-LehrerInnen-Gewerkschafter die flächendeckende Einführung von Gesamtschulmodellen in Vorarlberg und Wien verhindern wollen, weil damit in zwei Bundesländern das Nebeneinander von NMS-Hauptschulen und AHS-Unterstufen tatsächlich aufgehoben würde. Die Überwindung der mit den Schulgesetzen von 1962 einbetonierten Zweiklassenschule wird noch Zeit brauchen, für den Einstieg in funktionierende Bundesländer-Modellregionen ist es aber höchste Zeit.

Demokratie-Debatte, Schuldiktatur und Nordkorea

Selbst auf 15 Prozent eingeschränkte Modellregionen einer gemeinsamen Schule sind für ÖVP-Standespolitiker wie den FCG-Gewerkschafter und AHS-Gewerkschaftsvorsitzenden zu viel. Er zeigte sich gegenüber der PRESSE empört und fürchtet, dass es dort mit dem Nebeneinander von Hauptschulen/NMS für alle und von Unterstufen des Gymnasiums für die Kinder der besseren Leute vorbei sein könnte. Er versteht sich einmal mehr als Sprachrohr der auf einen Bildungsvorteil ihrer Kinder bedachte AHS-Eltern­vertretung, der AHS-LehrerInnen seiner Fraktion und der Schüler­union, die bei Abstimmungen über die Teilnahme ihres Gymnasiums an einer Modellregion nie zustimmen würden. Der Regierung wirft er vor, sie wolle eine Schuldiktatur à la Nordkorea einführen.

Mit NMS-Schulversuchen hat die ÖVP schon einmal Gesamtschul-Modellregionen verhindert, und wenn weiterhin einzelne AHS-Schul­gemeinschafts-Ausschüsse über die Teilnahme ihrer AHS am Schulversuch entscheiden, dann gibt es keine Gesamt­schulen, weil damit auch in Zukunft AHS-Standorten ein Veto-Recht eingeräumt wird gegen jede Weiterentwicklung der gesamt­österreichischen Schulorganisation, die NMS-Pflichtschule und AHS-Unterstufe zusammenführt. Der Abbau bestehender, im Nebeneinander von Pflichtschule und AHS-Unterstufe begründeter sozialer Selektion der zehn-jährigen Kinder könnte damit für weitere zehn Jahre blockiert werden.

Österreich ist eine Demokratie, alles Recht geht vom Volk aus: Das Parlament beschließt für das Bundesgebiet verbindliche Schul­reformen und ihre Finanzierung, das gilt auch für Gesamtschul-Regionen.

Die SchulpartnerInnen im Schulgemeinschaftsausschuss beziehungsweise Schulforum beschließen an ihrem jeweiligen Schulstandort Maßnahmen zur Umsetzung dieser Gesetze. Gewerkschaft und Personalvertretung sind von den LehrerInnen zur parteiunabhängigen Wahrung der ArbeitnehmerInnen-Interessen (Arbeitsplätze, Arbeitsbedingungen, Arbeitszeit, Arbeitseinkommen) gewählt worden und nicht zum Parteipolitisieren.

Ohne Geld ka Musi

Investitionen in Arbeitsplätze, Arbeitsbedingungen, Arbeits­einkommen, Aus- und Weiterbildung sind notwendig. Bildung kostet.

Die Unabhängigen GewerkschafterInnen in der GÖD sind aktiv

  • für die ausreichende Finanzierung des demokratischen Sozialstaates und seiner öffentlichen Dienste,
  • für Vermögens- und Erbschaftssteuern,
  • für die im Oktober 2015 vom Europäischen ­Gewerkschaftsbund auf seine Agenda gesetzte sozial wirksame „andere Budgetpolitik“,
  • für Zukunftsinvestitionen nicht nur im ­Bildungsbereich
  • und gegen die immer noch vorherrschende restriktive Budgetpolitik.

Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums betrifft alle ArbeitnehmerInnen, Alte und Junge, prekär Beschäftigte, Arbeitslose, Frauen, Frauen und Männer.

*) ÖVP-Verhandler Staatssekretär Mahrer nennt die Bildungs­direktionen eine „Sonderbehördenform, die es so in Österreich noch gar nicht gibt, mit einem Bundesbeamten an der Spitze, nicht einem Politiker“ (Standard, 23. November 2015). Er vergisst, dass in den Bundesländern Wien, Nieder-, Ober­österreich und der Steiermark die Schulämter der Landes­regierung bereits in die Bundesbehörde Landes- beziehungsweise Stadtschulrat integriert worden sind. Dieses Konstrukt wird künftig Bildungsdirektion NEU heißen, am alten Nebeneinander von Landes- und Bundesschulen, von APS und AHS, von Landes- und BundeslehrerInnen samt vorgesetzten Behörden darf das nichts ändern. In die Obhut der Landeshauptleute beziehungsweise der von ihnen nominierten BildungsdirektorInnen soll die föderale Ausgestaltung der in einem Autonomiepaket verpackten neuen Freiräume für Schulen und SchuldirektorInnen fallen. Auch konkrete Umsetzung und Gebiete von Gesamtschul-Modellregionen soll Landessache werden, das würde den neunfachen Föderalismus verstärken und wie gehabt jede gesamtösterreichische Reform der Schulen der 6- bis 14-Jährigen behindern.

Quelle: Die Alternative

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