Leistungslöhne im Gesundheits- und Sozialbereich.
Leistungslöhne im Gesundheits- und Sozialbereich sind vergleichsweise selten, weil sie bekanntlich die intrinsische Motivation (die Arbeit macht mir Spaß, weil ich gerne mit Menschen zusammenarbeite, weil ich gerne komplexe Problemfelder löse etc.) senken.
Der FSW entschied sich trotzdem für diesen Weg, getragen von der Überzeugung, damit die Leistung der MitarbeiterInnen besser steuern zu können.
Seither gab es zahlreiche Konfliktfelder im Zusammenhang mit der Leistungsbewertung.
In der Vergangenheit war das z.B. die umstrittene Kollegialbewertung, die leidenschaftlich im Betrieb diskutiert wurde, um dann letztendlich verworfen zu werden. Zuletzt führten Diskussionen um ein „geschlossenes System“ zu ernsthaften Divergenzen zwischen Betriebsrat und Betriebsleitung.
Dabei sollte, vereinfacht gesagt, jede Führungskraft nur eine bestimmte Punkteanzahl erhalten, wodurch es unmöglich wurde, alle MitarbeiterInnen mit „sehr gut“ zu bewerten. Die Betriebsleitung argumentierte mit dem Hinweis, dass es utopisch sei, nur „Superstars“ in einem Team zu haben.
Von den betrieblichen Diskussionen zu den Grundprinzipien des Leistungslohnes.
Die dahinterstehende Idee ist simpel und entspricht dem Zeitgeist – was übrigens auch eine mögliche Erklärung dafür ist, warum es oft ohne spezielles strategisches Interesse und ohne erkennbaren Nutzen in Unternehmen eingesetzt wird:
Der einzelne Mensch sollte die Höhe seines Einkommens eigenständig steuern können, so die optimistische Grundannahme von wirtschaftsliberal denkenden Köpfen. Damit das tatsächlich funktioniert, müssen die Ziele spezifisch, messbar, anspruchsvoll und terminisiert sein. Vorgesetzte müssen die Tätigkeit kennen und genügend Kontakt mit MitarbeiterInnen haben um deren Arbeit gut beurteilen zu können. Das erfordert Zeit!
Und selbst wenn alle Kriterien von einer talentierten Führungskraft gut umgesetzt werden, bleibt die Frage offen, wie mit jenen Faktoren umzugehen ist, die für „gute“ MitarbeiterInnen unabdingbar, aber schwer messbar sind (Fähigkeit gut zuzuhören, nonverbale Kommunikation rasch und richtig interpretieren, dem Gegenüber Sicherheit und Geborgenheit vermitteln etc.).
Ist eine Kollegin, die nie auch nur einen Beistrich in der Dokumentation vergisst, tatsächlich leistungsstärker als jene, die in Konfliktsituationen rasch, ruhig und richtig reagiert und damit zu einem friedlichen Miteinander beiträgt? Eine Dokumentation auf ihre Vollständigkeit und ihre Nachvollziehbarkeit zu überprüfen ist eine vergleichsweise einfache Tätigkeit. Die Qualität von „zwischenmenschlicher“ Arbeit in diesem Feld zu beurteilen, ist ungleich schwieriger (und findet daher meistens gar nicht statt, so unsere ketzerische Vermutung).
Zurück auf die Betriebsebene.
Im FSW-Kollektivvertrag vereinbarte die Gewerkschaft von Anfang an neben den üblichen Monatsgehältern einen Leistungslohn.
Diese Regelung macht den Abschluss einer Betriebsvereinbarung, in der die Modalitäten der Auszahlung zu regeln sind, zwingend notwendig. Die Geschichte dieser Betriebsvereinbarungs-Verhandlungen ist eine extrem wechselhafte.
Kleinere und größere Erfolge:
Erwähnt seien hier die Abschaffung der sogenannten Kollegialbewertung (die vielen KollegInnen ein sehr großes Ärgernis war), der Wegfall der Krankenstandsabzüge und die Vereinfachung des gesamten Systems im vergangenen Jahr. Seither gibt es nur mehr eine Ausschüttungsrunde, d.h. es findet eine lineare Verteilung des entsprechend dotierten Gehaltstopfes statt.
Die künftige Herausforderung für das Betriebsratsteam wird es sein, den Arbeitgeber von einem Wechsel in ein moderneres System zu überzeugen, indem das MitarbeiterInnengespräch unabhängig von Lohnbestandteilen stattfinden kann.
Fazit:
Der Leistungslohn ist ein teures Steuerungsinstrument mit einem fraglichen Nutzen im Gesundheits- und Sozialbereich. Ein regelmäßiges ehrliches Feedback mit einer grundsätzlichen Wertschätzung ist jedenfalls eine kostengünstigere und weniger konfliktträchtige Variante zur Leistungssteigerung.