Vor kurzem hat eine Infor­mations­veranstaltung statt­gefunden, zu der aus­schließlich Funktionär­Innen der FSG geladen waren.

Ziel der Veranstaltung, war es das neue, in den Augen der „Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen“ attraktive Dienstrecht inklusive Besoldungsänderungen vorzustellen. In dem Papier, in dem die Funktionär­Innen über die Grundsätze unterrichtet wurden, heißt es dazu:

„Ziel einer Neuregelung der Besoldung ist, ein transparentes, diskriminierungsfreies, gendergerechtes, zeitgemäßes und einfacher zu vollziehendes Besoldungssystem zu schaffen. Damit wird in vielen Bereichen ein Wertewandel und ein Abgehen von bisher verfolgten ,Grundregeln‘, wie beispielsweise dem Senioritätsprinzip, den Biennalvorrückungen oder der ausbildungsorientierten Entlohnung, verbunden sein. Wien will sich weiter als attraktiver Dienstgeber am Arbeitsmarkt positionieren, um konkurrenzfähig zu bleiben.“

Bereits dieses Eingangsstatement wirft eine Reihe von Fragen auf:

  • Ist das jetzige Besoldungssystem tatsächlich intransparent, diskriminierend, frauenbenachteiligend, unzeitgemäß und kompliziert?
  • Inwieweit gelingt es durch die Abschaffung des Senioritätsprinzips, der Biennalvorrückungen und einer ausbildungsorientierten Entlohnung die oben angeführten Ziele zu erreichen?

Und im letzten Satz heißt es: „Die Stadt Wien will sich weiters als attraktiver Dienstgeber am Arbeitsmarkt positionieren, um konkurrenzfähig zu bleiben.“ Hier offenbart sich eine Geisteshaltung der Gewerkschaft, die wir von der KIV/UG mittlerweile seit mehr als dreißig Jahren kritisieren. Die Gewerkschaft ist Sozialpartner – hoffentlich mit einem kritischen Blick gegenüber seinem Verhandlungs­partner – und nicht Dienstgeber. Dass die Gemeinde Wien von sich behauptet, ein attraktiver Dienst­geber zu sein und dies auch bleiben möchte, ist ein löbliches Ziel auf das die Gewerkschaft, mit Verlaub gesagt, nur begrenzte Einflussmöglichkeiten hat.

Woher unsere Skepsis kommt

Wir in der KIV/UG haben in Teilbereichen der Stadt Wien und anderen Bundesländern mittlerweile eine jahrelange Erfahrung mit einem von der CFS (vormals BWI)-GmbH (eine ausschließlich von Männern geführte Unternehmensberatung) entwickelten Gehaltssystem, das dem von der FSG vorgestellten System in erstaunlicher Weise ähnelt. Die Vorteile, die dieses System für den Dienstgeber bringt sind tatsächlich überzeugend:

  • Größere Flexibilität hinsichtlich des Einsatzes von MitarbeiterInnen
  • Reduktion der Personalkosten
  • Breiterer Einsatz von „kostengünstigeren“ Mitarbeiter­Innen
  • Geringe Kontrollierbarkeit

Erstaunlicherweise haben in den bisherigen Betrieben nur ganz wenige MitarbeiterInnen in das neue, angeblich attraktive Gehaltssystem gewechselt. Und unerklärlicherweise haben vor allem jene Gruppen von einer Optierung Gebrauch gemacht, die im oberen Gehaltssegment angesiedelt sind – sprich obere Führungsebene und Management. Vorteile über Vorteile also für den Arbeitgeber.

Besoldungssystem neu – ein fraglicher Nutzen für die Gewerkschaft

Aber was bringt die Dienstrechts- und Besoldungs­reform der Gewerkschaft? Lese ich die fettgedruckten Adjektive im Eingangsstatement „transparent, diskriminierungsfrei, gendergerecht, zeitgemäß und einfach vollziehbar“, drückt sich hier der Wunsch nach Modernität, nach Bewegung aus. Ein Wunsch, der bei der zeitgemäßen ­Präsentation von Gewerkschaft in den Medien durchaus nachvollziehbar ist.

Im neoliberalen Mainstream werden Gewerkschaften permanent als unzeitgemäße Verhinderer, Betonierer etc. angeprangert. Nur sind wir angesichts der Erfahrungen im öffentlichen Bereich doch eher skeptisch, dass diese Rechnung aufgehen wird. Der Zulauf, den die Gewerkschaften in den bereits betroffenen Bereichen haben , hält sich in überschaubaren Grenzen.

In ihrem Positionspapier spricht die „Gewerkschaft der Gemeindebediensteten – Kunst, Medien, Sport, freie Berufe“ davon, dass es zu keinen Gehaltsreduktionen kommen wird: „Basis aller Berechnungen für Gehaltsverläufe sollen die bisherigen und zukünftigen ,Aktiveinkommen‘ während der Aktivphase (bis zum Regelpensionsalter) sein. Die Gesamtsumme der künftigen Einkommen soll mit der Gesamtsumme der bisherigen Einkommen gleich bleiben. Dies kann nur durch Umverteilung erreicht werden. Damit verbunden ist ein Abgehen vom bisherigen Senioritätsprinzip sowie den Biennalvorrückungen.“

Wir sind sehr gespannt, ob diesmal tatsächlich auch eine entsprechend seriöse Durchrechnung über vierzig Jahre stattfinden wird. Was in diesem Absatz auch auffallen sollte, ist das kleine Wörtchen „soll“. Es signalisiert eine Absichtserklärung und kein Versprechen.

Liest man den oberösterreichischen Rechnungshofbericht aus dem Jahr 2004, scheint unsere Skepsis angebracht. Dort heißt es hinsichtlich der quantitativen Zielsetzungen: „Durch die Anhebung der Anfangsgehälter ist in den ersten Jahren mit durchschnittlichen Mehrausgaben von rund 3,6 Millionen Euro zu rechnen, die Abflachung der Gehaltskurven lässt danach deutliche Einsparungen erwarten.“

Demgegenüber fordern wir von der KIV/UG

  • Statt Orientierung auf einen „Markt“ , der gekennzeichnet ist vom Herunterfahren sozialer Standards, Unsicherheit und Prekarisierung, soll der öffentliche Dienst seine Rolle als Trendsetter hinsichtlich der Höhe und Sicherheit von Einkommen wahrnehmen
  • Beibehaltung eines Besoldungssystemes bei dem ­Qualifizierung und ein hohes Ausbildungsniveau nach wie vor eine maßgebliche Rolle spielen, allerdings gekoppelt mit maximaler Durchlässigkeit durch Berücksichtigung tatsächlich ausgeübter Tätigkeiten. Die erforderliche Ausbildung soll nach wie vor maßgeblich den hohen Standard in vielen Bereichen der Stadt widerspiegeln.
  • Beibehaltung eines Biennalsprungsystems
  • Ablehnung der Ideologie des „leistungsorientierten Besoldungssystems“, das speziell im Zusammen­hang mit einem kaum objektivierbaren Beurteilungssystem sehr viel Aufwand erfordert, zur Willkür führt und meist eben nicht die geforderte Motivation fördert.

Wir werden die Auswirkungen des neuen Besoldungssystems auf die Einkommensentwicklung von Frauen, auf die Transparenz und einfache Handhabung für Mitarbei­ter­Innen und auf antidiskriminierende Effekte hin sehr sorgfältig beobachten.

Quelle: Die Alternative

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