Attentat von Claus Schenk Graf von Stauffenberg

Jeder Geschichtsinteressierte kennt dieses Datum, welches eng mit dem Namen Stauffenberg verknüpft ist, jenem Oberst im Generalstab, der an diesem Tage ein Attentat auf Adolf Hitler in dessen Hauptquartier Wolfsschanze verübt hat. Er spazierte mit einer Aktentasche unter dem Arm (in der sich der Sprengstoff befand) in die Besprechungsbaracke und aktivierte den Zünder. Durch einen (unglücklichen) Zufall – die Tasche wurde von einem Offizier unter den Tisch geschoben – entging Hitler der tödlichen Explosion, die vier Menschen in den Tod riss. Der Führer und Reichskanzler wurde nur leicht verletzt und rächte sich blutigst. Mehr als 200 Offiziere wurden direkt und indirekt der Verschwörung bezichtigt und ermordet – oder wie Feldmarschall Rommel in den Selbstmord getrieben. Weitere Aspekte waren die verpflichtende Einführung des Deutschen Grußes in der Wehrmacht, noch mehr Macht für SS und SD sowie der Stand- und Volksgerichte. Nach dem 20. Juli 1944 starben übrigens mehr Menschen im Weltkrieg als bis zu diesem Tag.

Soweit die allen bekannte Geschichte dieses Attentates.

Was nicht so bekannt ist bzw. von öffentlicher Seite weitgehend beschämt verschwiegen wird ist, dass es auch in Wien eine militärische Widerstandszelle gab, die sich an diesem Attentatsversuch beteiligte. Hauptakteur – und das wurde erst nach dem Krieg offenbart – war Major Carl Szokoll, ein Berufsoffizier des österreichischen Bundesheeres, der im Heimatheer des Wehrkreises XVII (Wien) tätig war. Durch seine Stellung kam er in Kontakt mit den Verschwörern in der Berliner Bendlerstrasse und arbeitete für Wien einen Plan zur Entwaffnung von SS, Gestapo und NS-Funktionären aus. Er war allerdings klug genug, sich alle Befehle von seinem Vorgesetzten unterfertigen zu lassen, sodass er jederzeit sagen konnte, er habe nur auf Weisung seines Oberstleutnants Kodre gehandelt. Der Name für das Unternehmen war intern „Radetzky“. Während jedoch der Putsch in Berlin dilettantisch scheiterte, gelang die Durchführung in Wien und Paris. Kodre wurde durch die Gestapo verhaftet und in ein Lager bei Berlin gesperrt, jedoch aus Mangel an Beweisen freigesprochen, im November 1944 jedoch erneut verhaftet und in der Rossauer Kaserne sowie in Mauthausen inhaftiert. Er übergab am 6.Mai das KZ an die Russen und wurde sofort auf freiem Fuß gesetzt.

Major (damals noch Hauptmann) Szokoll hingegen blieb vollkommen unbehelligt – eine Mitwisserschaft konnte ihm nicht nachgewiesen werden – und lediglich nach Jugoslawien versetzt, von wo er aber schon im Jänner 1945 wieder zurückkehrte. Dort begann er sofort, die alten Verbindungen wieder aufzunehmen und „Radetzky“ weiter zu planen. Ziel war es nun, Wien den anrückenden Verbänden der Roten Armee kampflos zu übergeben. Gemeinsam mit dem Kommandanten der Heeresstreife Groß-Wien, Major Karl Biedermann, dem Hauptmann Alfred Huth sowie dem Oberleutnant Rudolf Raschke begannen die Planungen. Am 2. April wurde der Oberfeldwebel Ferdinand Käs mit einer Botschaft für den Oberbefehlshaber der Roten Armee, Marschall Tolbuchin nach Hochwolkersdorf geschickt um die Verhandlungen für eine kampflose Übergabe der Stadt zu führen.

Die Aktion wurde allerdings verraten, Biedermann, Raschke und Huth am 8. April am Floridsdorfer Spitz aufgehängt. Szokoll konnte entkommen und floh zum russischen Vorposten in Purkersdorf.

Zu Major Biedermann wäre noch zu sagen, dass er jener Bundesheeroffizier war, der 1934 mit seinem Bataillon den Karl-Marx-Hof angriff, mit Artillerie beschießen lies und danach eroberte. Bereits damals war Major Biedermann illegales Mitglied der NSDAP. Er nahm als Offizier der deutschen Wehrmacht am Westfeldzug, dem Balkankrieg (wo er in der Bandenbekämpfung tätig war) und am Krieg gegen die Sowjetunion teil. 1943 kam er als Heeresstreifenkommandant nach Wien. Warum dieser überzeugte Nationalsozialist dann zum Verschwörer wurde, konnte nie ganz geklärt werden.

Die beiden anderen Offiziere, die mit Major Biedermann hingerichtet wurden, sind in einem ersten Verfahren zunächst freigesprochen, auf Anweisung von SS-Obergruppenführer Sepp Dietrich jedoch hingerichtet worden.

Alle drei Offiziere ruhen heute in einem Ehrengrab am Hietzinger Friedhof.

Carl Szokoll hingegen überlebte den Krieg, schrieb einige Bücher über sein Wirken während des Zweiten Weltkrieges, arbeitete an mehr als 40 deutschen und österreichischen Nachkriegsproduktionen wie „Die Brücke“ mit, gründete eine Produktionsfirma (Neue Delta) und entwarf gemeinsam mit Franz Antel die Vorlage zum Bockerer. Szokoll starb am 25. August 2004 im Krankenhaus Lainz.

Quellenverweise:

  • Der gebrochene Eid. Europa-Verlag, Wien 1985, ISBN 3-203-50929-6.
  • Die Rettung Wiens 1945. Mein Leben, mein Anteil an der Verschwörung gegen Hitler und an der Befreiung Österreichs. Amalthea-Verlag, Wien 2001, ISBN 3-85002-472-5.

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