Mit dem Wiener Spitals­konzept 2030 soll aus politisch-strategischer Sicht alles besser werden.

Die PatientInnen sollen im Zentrum des Geschehens stehen – also nicht anders als jetzt. Und für die MitarbeiterInnen soll übrigens auch einfach alles besser werden.

Bereits jetzt zeigt sich, dass zwischen strategischer Planung und Arbeitsalltag ein riesiges Loch klafft. Politischer Wille in Verbindung mit Öffentlichkeitsarbeit unter der Prämisse, besonders sozial und demokratisch zu sein, ist nicht wirklich ein Garant für nachhaltige Verbesserungen.

Unsummen von Geldern werden verschoben und aus den letzten Ecken zusammengekratzt. Die Folgen sind Personalabbau, Nicht-Nachbesetzung von Posten, Fremdvergabe von Tätigkeiten bis zu gezielten Einsparungsvorschlägen, welche gerüchteweise auch an die örtlichen Personalvertretungen der Mehrheitsfraktion übermittelt werden.

Spardruck

Im Gesundheitswesen steigt aufgrund angespannter öffentlicher Budgets der Spardruck. Und es ist durchaus zu erwarten, dass das eben von der Regierung fixierte Kassensanierungspaket, das Kostendämpfungen von mehr als 1,7 Milliarden Euro in den kommenden Jahren vorsieht, auch die Beschäftigten im Gesundheitswesen treffen wird.

Parallel sparen nicht nur die Krankenkassen, sondern auch die Länder und Gemeinden als Träger von Krankenhäusern. In Krankenhäusern entfallen etwa 60 bis 70 Prozent aller Ausgaben auf die dort beschäftigten Ärzte, Pflegekräfte und technischen Dienste. Um Kosten nachhaltig zu senken, versuchen viele Spitäler hier einzusparen. Für die meisten Spitalsmanager bedeutet dies vorerst ­einmal Ausgliederungen, Fremdvergabe, Optimierungen und Druck auf Arbeitszeiten, Überstunden und Löhne.

Kosteneinsparung

Seit vielen Jahren ist der Krankenhaussektor von veränderten Rahmenbedingungen (z.B. Budgetengpässe, Flexibilisierung) geprägt. Die Krankenhäuser reagieren darauf mit tiefgreifenden Veränderungen. Im Hintergrund der Überlegungen steht das Motiv der Kosteneinsparung. Um dieses Ziel zu erreichen, kommt es neben anderen Maßnahmen immer wieder zur Auslagerungen (Outsourcing) von bestimmten Bereichen oder Aufgabenfeldern an Profitunternehmen.

Einsparungen

Die seit kurzem in Begutachtung befindliche Novelle des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes verursachte in diesem Zusammenhang Kopfschütteln.

Der vom Gesundheitsministerium als gelungenes Projekt präsentierte Entwurf zeigt im Detail kaum Verbesserungen, so bekommt eine Krankenpflegeperson in Zukunft schon nach zwei-jähriger Ausbildung (Pflegefachassistenz) einen Abschluss mit Diplom, welches zu wesentlich mehr diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen berechtigt – derzeit dauert die Ausbildung zum Diplom drei Jahre. Natürlich geht es im Gesamten um Einsparungen – das Gehalt von PflegefachassistentInnen wird natürlich unter dem der Kolleg­Innen mit dreijähriger Ausbildung ­liegen.

Im Gegenzug dazu ist aber (noch) nicht vorgesehen, dass die akademisierten Krankenpflegepersonen mit dem Abschluss „Bachelor“ höher entlohnt werden – sie sind den nicht studierten Pflegepersonen gleichgestellt. Gravierender ist der Entfall der verpflichtenden Sonderausbildungen in Spezialbereichen (wie Intensiv, Dialyse, Anästhesie und Operations­bereich) – hier befürchten wir einen spürbaren Qualitätsverlust, sowohl in den Krankenhäusern, als auch im extramuralen Bereich.

Widerstand

Da fragt sich doch mensch, wo der kollektive Widerstand bleibt. Der Widerstand der MitarbeiterInnen, der Widerstand der Gewerkschaften und der Widerstand der PatientInnen. Denn es kann wohl nicht ernsthaft gemeint werden, dass sich Qualität unter diesen unterschiedlichen Ausformungen von Druck halten lässt.

Pflegekräfte und ÄrztInnen werden förmlich erdrückt vom respektlosen Umgang mit ihrer Arbeitssituation. „Modernes Sklaventum des dritten Jahrtausends“ meinte kürzlich eine Fachkraft, welche dank eines dicken „Burnouts“ im Krankenstand ist und bedauert, ihre im Dienst stehenden ­KollegInnen im Stich zu lassen.

Ein Zeichen des Widerstandes setzten die Unabhängigen Gewerkschaft­er­Innen mit einer Podiumsdiskussion am 10. September 2015 in den Räumlichkeiten der Arbeiterkammer und am 17. September 2015 bei einer Kundgebung am Josef-Meinrad-Platz neben dem Burgtheater.

Engagierte MitarbeiterInnen zahlreicher Berufsgruppen der Spitäler, sowie PatientInnen, Angehörige und solidarisch ­denkende BürgerInnen aller Altersstufen traten für massive Verbesserungen des derzeitigen Zustands ein, da reich und gesund – arm und krank keine Zukunftsperspektive der Gesundheitsversorgung in Österreich sein kann und darf.

Die Forderungen

wiederholten sich bei den Veranstaltungen und finden sich auch in unserer Petition „Unser Gesundheitssystem braucht mehr“ wieder:

  • 30 Prozent mehr Personal
  • 30 Prozent mehr Geld
  • Rahmendienstzeiten von 38 Stunden/Woche
  • Eine zusätzliche Urlaubswoche für Bedienstete im ­Krankenanstaltenverbund
  • Fundierte und praxisnahe Ausbildungsmodelle

Eine objektive Darstellung der Arbeitssituation der Wiener Gesundheitsberufe ist ein unerlässlicher Schritt hinsichtlich einer ernst zu nehmenden Erhebung der IST-Situation unseres Gesundheitssystems. Schönreden und strategisches Bla-Bla werden zukünftig nicht reichen, wenn unser Gesundheitssystem überleben will. Und sollten Politik und Stadt glauben, dass die Interessenvertretungen locker lassen, so ist das eine ­Fehleinschätzung.

Quelle: Die Alternative

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen