Aufwertung der Pflege oder Ausweitung von Notstand.

Im Rahmen der Jour-fixe-Veranstaltung

mit dem Titel „Aufwertung der Pflege oder Ausweitung von Notstand? Diskussionsabend zur verordneten Kompetenzerweiterung in der Pflege“ gab es am 13. Jänner einen enormen Andrang in der Wiener Arbeiterkammer. Bei der von Sandra Stern moderierten, über zwei Stunden dauernden Diskussionsveranstaltung ging es in erster Linie um die bevorstehende Kompetenzerweiterung der Pflege im Krankenanstaltenverbund (KAV), die mit der Verkürzung der ÄrtzInnenarbeitszeit zusammenfällt. Da sich aber auch die anderen Wiener Krankenhäuser am KAV orientieren, ist dieses Thema für viele Bedienstete im sozialen Bereich von großer Bedeutung, entsprechend groß war auch der Andrang.

Berlin

Der zur Veranstaltung eingeladene Michael Kirchner berichtete dabei über die Zustände an der Charité Berlin vor den Streiks des Pflegepersonals in den Jahren 2006 und 2010. Er war damals aktiv an den Vorbereitungen der Aktionen beteiligt und ist bei den derzeitigen Tarifverhandlungen zu Mindestpersonalbesetzung für die Pflegepersonen in Deutschland ein wichtiger Verhandler.

Überlastungsanzeige

Biju Augustian Onatt von der KIV, der bezüglich der Kompetenzerweiterung bereits im Sommer 2014 einen offenen Brief an Gesundheitsstadträtin Wehsely geschrieben hat, informierte über das Instrument der laut Paragraph 15 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes vorgesehenen Selbstanzeige, auch Überlastungsanzeige oder Gefährdungsanzeige genannt. Bei der anschließenden Diskussion hat sich auch die enorme Hilfslosigkeit der Pflege herauskristallisiert.

Hintergrund der Veranstaltung ist die große Belastung, die derzeit auf die Pflege zukommt:

Damit PatientInnen im Notfall nicht auf der Strecke bleiben, hat der Gesetzgeber bei der Novellierung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes im Jahr 1997 den Paragraphen 15 (Mitverantwortliche Tätigkeiten für Diplomierte Pflegepersonen) eingeführt. Dieser besagt, dass nun auch Angehörige des Pflegepersonals Aufgaben wie Blutabnahmen, das Anhängen von Infusionen, das Verabreichen von Spritzen etc., die bis dahin ÄrztInnen vorbehalten waren, übernehmen können.

Bei Einführung des Gesetzes 1997 war der KAV-Führung klar, dass die Übernahme dieser Tätigkeiten aufgrund von personellen Engpässen in der Pflege nicht möglich sein wird. Mit Inkrafttreten des neuen ÄrztInnenarbeitszeitgesetzes, das die Maximalarbeitszeit von ÄrztInnen von 72 Wochenstunden nun auf 48 senkt, und der mit 1. Jänner 2015 geltenden Ausbildungsreform der TurnusärztInnen (beide sind zeitgemäß und längst überfällig) sollen sich aber nun die diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen im KAV dorthin verschieben, woher der geringste Widerstand kommt – nämlich zur Pflege hin.

Die mitverantwortlichen Tätigkeiten

sind uns in der Pflege nicht unbekannt. Seit 1997 werden sie an der Pflegeschule unterrichtet und auch KollegInnen mit mehr als 30 Jahren Berufserfahrung beherrschen sie. Einzig der Personalmangel in der Pflege hat bisher dazu geführt, dass Blutabnahmen etc. weiterhin von ÄrztInnen oder TurnusärztInnen durchgeführt wurden.

Viele KollegInnen freuen sich, nun endlich auch solche Aufgaben übernehmen zu können – das Problem ist nur, dass dadurch unsere eigenverantwortliche Tätigkeit – die Pflege – zeitlich vernachlässigt wird. Es bleibt uns schon jetzt nicht einmal genug Zeit für eigenverantwortliche Tätigkeiten – wie sollen wir da noch andere Aufgaben übernehmen?

Kein Respekt

Dass die sozialdemokratische Personalvertretung das Vorhaben der sozialdemokratischen Regierung zu Lasten des Pflegepersonals unterstützt, ist logisch – oder kennst Du vielleicht sozialdemokratische PersonalvertreterInnen, die dagegen wären? Dass Generaldirektor Janßen, der von der sozialdemokratischen Gesundheitsstadträtin Wehsely aus Deutschland geholt wurde, keinen Respekt vor dem Pflegepersonal hat, das keinen Widerstand leistet, ist auch klar. Oder siehst Du momentan irgendwo eine starke Pflegevertretung? Es ist Zeit, dass sich etwas ändert.

Deshalb haben wir ausführliche Informationen über die Überlastungsanzeige für Dich unter dem Schlagwort „krankenpflege“ zusammengestellt. Auch Deine KIV-Personalvertretung vor Ort hilft dir weiter.

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen