Chance für die (Männer)welt.

Der internationale Frauentag ist für dieses Jahr nun auch wieder vorbei, wir haben alle gefeiert, uns auf die Schulter geklopft wie emanzipiert und gleichgestellt die Frauen in der Gesellschaft nicht sind und gehen mit einem guten Gewissen daran, genau diese Rechte wieder zu beschneiden. Gut, wir waren einen Tag lang alle Frauenrechtler, haben Pfeffersprays für die wehrhafte moderne und selbstbestimmte Frau verteilt, schauen drauf, dass kein „Fremder“ sich an ihnen vergreift – das ist nach wie vor das Geburtsrecht des österreichischen Mannes – und verkünden öffentlich, dass wir keine „Neandertaler“ und „Höhlenmenschen“ deren Weltbild in den bereits als „Pfui Gack“ identifizierten islamistischen Schulen (gemeint sind damit wohl ganz normale Schulen in den Heimatländern, die halt zufällig mehrheitlich von Moslems bewohnt werden) geprägt wurde, wollen und nehmen einen – vollkommen unakzeptablen – Vorfall zur Jahreswende als Beispiel für das frauenverachtende Weltbild von Kriegsflüchtlingen.

Nicht dass es das schon früher gegeben hätte, dass Männer Frauen belästigt,bedrängt und missbraucht hätten, nein, das gibt es erst seit gut einem Jahr – eben seit die als „Wirtschaftsflüchtlinge“, „Islamisten“ und noch weit Schlimmeres bezeichneten Menschen aus dem Nahen Osten bei uns im reichen Europa (das die Waffen für die Kriege in ihren Regionen liefert) angekommen sind.

Wie wir ja alle wissen, haben Frauen bei uns alle Rechte.

Vor allem aber das Recht, den Mund zu halten wenn es darum geht, in Männerdomänen einzudringen. Wie Job und Karriere. Frauen haben andere Aufgaben. Das beginnt bei der Erziehung der Kinder – eh klar, Frauensache (sie werfen sie ja auch), geht über das Schupfen des Haushalts – das können Frauen genetisch bedingt natürlich besser, bis hin zur Pflege kranker Verwandter (zartere Hände und das Empathiegen machen‘s möglich). Frauen können sowas halt einfach besser weil sie ja multitaskingfähig sind. Daran erinnern sie uns ja auch ständig, nicht? Bei Männern ist das schwieriger, ausser sie halten Bierglas und Zigarette in einer Hand, da funktioniert‘s schon. Das ist dem Manne eben – wie das Amen im Gebet – in die Wiege gelegt worden. Schliesslich sind wir ja alle Flaschenkinder. Manche ein ganzes Leben lang.

Das kristallisiert sich dann auch bei jenen Institutionen, die sich die Gleichstellung der Frau auf ihre Fahnen geschrieben haben, gut heraus. Bei den Gewerkschaften zum Beispiel. Kennt ihr eine weibliche Vorsitzende einer Teilgewerkschaft? Also ich nicht. Weil weder Christian Meidlinger (younion), Wolfgang Katzian (GPA-djp), Fritz Neugebauer (GÖD), Gottfried Winkler (VIDA), Rainer Wimmer (Pro-GE) noch Josef Muchitsch (Bau-Holz) Frauen sind. Dafür hat jede Teilgewerkschaft ein eigenes Frauenreferat. Und auch im ÖGB gibt es eine Frauenvorsitzende, Renate Anderl. Zum Ausgleich ist der ÖGB-Chef (wie der Chef der AK oder anderer Sozialpartner) wiederum ein Mann. Perfekte Quotenregelung.

Und damit – so klopfen wir Männer uns gegenseitig auf die Schulter – haben wir ja schon alles (Männer)mögliche gemacht, um den Frauen die Gleichstellung zu garantieren. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, gleiche Aufstiegschancen und damit ein Vordringen in die Entscheidungsgremien sind so quasi in Stein gemeisselt. Keine Rede davon, dass Armut weiblich ist, viele Frauen in mies bezahlten Jobs ums finanzielle Überleben rudern, mit Kindererziehung, Pflege Angehöriger und anderen Kinkerlitzchen – wir erinnern uns: Frauen sind multitaskingfähig – ihr Leben verbringen müssen; wer sich dem System anpasst (das männlich ist) der hat auch gleiche Chancen. Wird halt allgemein behauptet. Alles andere sind nur bösartige Gerüchte, gestreut von diesen – wie heissen sie noch gleich? – Suffragetten, neusprech auch als Feministinnen bezeichnet. Das sind – so unsere männliche Logik, frustrierte, hässliche, alte Weiber, die keinen Mann abbekommen. Oder wie ein Bekannter sie nennt: patschulistinkende, Jesusschlapfen tragende Ökotussis. Er meint es zwar ironisch, trifft damit aber des Pudels Kern. Wobei dieser Pudel ja wiederum ein Mann ist. Der Pudel!

Was ich damit (überspitzt?) sagen will ist, dass die Gleichstellung von Mann und Frau (oder umgekehrt, schliesslich gibt es mehr Frauen als Männer) nur in der Phantasie derer abspielt die in Wirklichkeit gar kein Interesse an einer solchen haben, dass wir, also die (männliche) Gesellschaft, geistig nicht so weit von den am Anfang erwähnten sogenannten „islamistischen Wirtschaftsflüchtlingen“ entfernt sind wie wir es uns so gerne einreden. Und die Verteidigung der Frauenrechte durch konservativ-rechte Kreise nichts anderes ist, als ein Revierabstecken. Was wiederum typisch männlich ist.

Bis zum nächsten Frauentag hätte die Männerwelt die Chance, in sich zu gehen und ihr Sozialverhalten gegenüber den Frauen zu überdenken und auch genügend Zeit, sich klarzumachen, dass unser Rollenverständnis gegenüber der Bevölkerungsmehrheit grundlegende geändert werden muss. Wobei: warum so lange warten?

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