Wir haben eine Vorstellung davon, wie die Digitalisierung unsere Welt verändert. Doch wie wird Technologie unsere Arbeitswelt verändern und welche Rolle werden Menschen darin spielen?
Die Zukunft ist schon da, nur noch nicht gleichmässig verteilt
Wir sehen, wie sich gerade eine Kluft auftut zwischen denen, die Zukunftstechnologien heute schon einsetzen und denen, die dies noch nicht tun. Die Konsequenzen zeigen sich besonders deutlich auf dem Arbeitsmarkt. Viele ArbeitnehmerInnen wissen heute noch nicht, welche Fähigkeiten sie in Zukunft brauchen und wie sie sich diese aneignen sollen.
Menschen sind verunsichert: 37 Prozent der Millennials befürchten laut einer Gallup-Studie, ihren Job in den nächsten 20 Jahren zu verlieren. Gleichzeitig gibt es auch genügend Gründe, optimistisch zu sein. Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) stellte fest, dass Unternehmen, die in die Digitalisierung investieren, deutlich mehr Jobs schaffen, als Unternehmen, die das nicht tun. Doch wie viele der Jobs, die wir heute kennen, wird es künftig noch geben? Welche menschlichen Tätigkeiten können von Maschinen oder Machine-Learning-(ML-)basierten Systemen übernommen werden? Welche Aufgaben bleiben für den Menschen übrig? Und wird es morgen ganz neue Jobs geben, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können?
Was ändert sich organisatorisch und qualitativ an unserer Arbeitswelt?
Wenn wir über die Arbeit von morgen nachdenken, hilft es nichts, den Überlegungen die Strukturen von heute zugrunde zu legen. Denn so viel lässt sich jetzt schon sagen: In den nächsten Jahrzehnten werden bis zu 50 Prozent der Jobs wegfallen, weil elektronische, kognitive Systeme immer besser werden. Das betrifft auch hochwertige Arbeitsplätze. Eine gute Ausbildung alleine ist dann keine Garantie mehr. Neben Soft Skills wie kritisches Denken, Kreativität oder kommunikative Fähigkeiten werden digitale Kompetenzen künftig eine große Rolle in der Berufswelt spielen. Die sind in Österreich aber noch nicht ausreichend in den Bildungsplänen etabliert. Speziell informatisches Denken – also ein Grundverständnis von neuen Technologien – und Programmieren fehlen meist gänzlich am Bildungsweg der österreichischen Schülerinnen und Schüler.
„Alexa – übernimm mal …“
Der Fortschritt an den Schnittstellen Mensch-Maschine vollzieht sich im Moment sehr schnell und er verändert schon jetzt die Art und Weise, wie wir arbeiten. Viele Tätigkeiten sind in ihren Abläufen zwar relativ gleichgeblieben, Teile davon werden aber mittlerweile von Maschinen ausgeführt oder zumindest unterstützt. Künftig kann Technologie viel selbstverständlicher ein Teil unserer Arbeitsumgebung sein. Sie wird sich mit allen menschlichen Sinnen aktivieren – also Sprechen, Sehen, Berühren oder auch Riechen.
Ein Beispiel dafür sind Sprachsteuerungstechnologien: Moderne Sprachsysteme beherrschen Konversation – verstehen, interpretieren und fachkundig antworten. Beispiele sind Diagnosen für Patienten oder Rechtsberatung. Diese Systeme befreien uns auch von der Barriere des nicht Lesen- oder Schreiben-Könnens und hebt Sprachliche Landesgrenzen auf – unzureichende Fremdsprachenkenntnisse überwinden diese neuen Systeme problemlos. Um Arbeiten in einem anderen Land, auf einem anderen Kontinent zu finden, brauche ich die Sprache nicht mehr können – aber „digi“ muss ich sein.
Basis der Zukunft: Kreativität und Teamfähigkeit
Natürlich werden sich Verantwortlichkeiten und Organisationen dadurch verändern. Ressourcen für administrative Tätigkeiten werden für Tätigkeiten frei, die unmittelbar den KundInnen zugutekommen. Vom Charakter der Arbeit brauchen wir künftig vermutlich eher „Architekten“, „Entwickler“, „Kreative“, „Beziehungsexperten“, „Plattformspezialisten“ und „Analytiker“ und weniger „Abwickler“ oder „Verwalter“. Wenn wir also das Bedürfnis von Menschen ansprechen, zu schöpfen und zu erschaffen, könnte Arbeit am Ende erfüllender und angenehmer werden.
Am Arbeitsmarkt gefragt sind künftig eine gewisse Anpassungsfähigkeit und alles, was den Menschen von Robotern und Algorithmen abhebt – wie beispielsweise die Lösung unstrukturierter Probleme. Im Vordergrund stehen Fachwissen und formale Qualifikationen sowie Erfahrungswissen und vernetztes Denken, gemeinsam mit digitaler und sozialer Kompetenz. Das funktioniert aber nur, wenn gewisse Basiskompetenzen wie Kreativität und Teamfähigkeit vorhanden sind. Wichtig ist, diese Kompetenzen zu stärken, einen existenzgesicherten Zugang zur Weiterbildung zu bieten und nachgefragte Qualifikationen, die in Österreich noch nicht verfügbar sind, anzubieten. Auch wenn Studien mittelfristig den Wegfall von bis zu 50 Prozent der Jobs prognostizierten, würden sich vorerst nicht die Berufe, sondern vor allem die Tätigkeiten und Arbeitsbündel ändern.
Der Nachholbedarf bei der Bildung ist riesig
Die Zusammenarbeit von Bildungseinrichtungen und Wirtschaft/ Industrie/ Kommunen wird immer wichtiger, denn nur wenn ich weiß, in welche Richtung es geht, kann ich meinen Weg dorthin planen. Die Bundesregierung will zwar die digitalisierte Arbeitswelt vorantreiben, kürzt aber beispielsweise die Mittel für die elementaren Bildungseinrichtungen. Wird jedoch das Fundament in den ersten Jahren nicht gelegt, wird es mit zunehmendem Alter immer schwieriger, notwendige Kompetenzen zu entwickeln und zu fördern. Selbst die Politik bekennt, dass das Erlernen/Studieren der neuen Arbeitstechnologien auf FHs bzw. Unis zu spät ist.
Es muss also künftig mehr investiert werden, um die ArbeitnehmerInnen der Zukunft auf die Anforderungen der digitalisierten Arbeitswelt vorzubereiten. Und zwar in den Bildungseinrichtungen – Platz 1 elementarpädagogische Einrichtungen.
Veränderte Arbeitswelt – veränderter Arbeitsmarkt – woher sollen Steuern kommen?
Zusätzlich dazu muss sich die Politik auch überlegen, wer zukünftig Steuern zahlt bzw. was besteuert werden soll. Es wird zu einer Umverteilung von Arbeit kommen, was wiederum bei Bevölkerungszuwachs heißt, dass nicht alle Menschen Arbeit finden werden. Das Streichen von Unterstützungen und Schulungen wird nicht das politische Heil bringen. Die Frage wird sich künftig stellen, ob nur der Mensch oder auch die Maschinenmenschen bzw. digitale „Menschen“ Steuer bezahlen werden. Schließlich werden immer mehr „Digis“ Tätigkeiten von Menschen übernehmen.
Zukunft bei der Stadt Wien und erste Veränderungsschritte
Die Pläne der Bundesregierung „Digital Austria“ werden sich auch auf die Arbeitswelt für uns Gemeindebedienstete auswirken. Das digitale Amt, also die neue BürgerInnen-App kann zukünftig alles übers Handy abwickeln. Meldezettel, Geburtsurkunde, Staatsbürgerschaftsnachweis – smart, ohne Menschen am Amt. Viele Arbeitsplätze, im ersten Schritt wohl bis zu 25%, können so problemlos „eingespart“ werden. Und das ist erst der Beginn. Dienstposten werden bei Pensionierung nicht mehr nachbesetzt und neue MitarbeiterInnen können sich auf eine fixe Bezahlung für ihre Tätigkeit nicht mehr verlassen. Denn sollte sich der Tätigkeitsbereich verändern, könnte auch weniger bezahlt werden. Das eröffnet eine noch größere Spielwiese für die Dienstgeberin.
Aber auch viele andere Tätigkeiten können künftig durch digitalisierte Unterstützung massiv verändert werden. KundInnenkontakt kann über Videotelefonie erledigt werden, das heißt, neue Arbeitszeitmodelle werden Einzug halten. Bequem von zu Hause arbeiten, bekommt eine neue Bedeutung. Amtsräume und Büroflächen können von der Stadt eingespart werden. Arbeiten werden als Projekte vergeben. Hierfür wird eine bestimmte Summe bezahlt. Wie viele Stunden gebraucht werden, kann dann der Dienstgeberin egal sein. Auch Krankenstände, Pflegefreistellungen oder Urlaube sind nicht mehr zu berücksichtigen, denn nur die Lieferung des Projektes zählt.
Und wie reagieren die Gewerkschaften und Interessenvertretungen?
Gefühlt überhaupt noch nicht. Ein scheinbarer Dornröschenschlaf liegt über den bevorstehenden Veränderungen. Schon längst brauchen wir Mitwirkungsrechte bei veränderten Arbeitszeitmodellen bzw. eine politische Haltung, wenn es um die Reduzierung von Arbeitsplätzen geht. Eine sinnvolle Mitwirkung bei der Entwicklung von neuen Bildungskonzepten oder Arbeitsplatzgestaltung ist dringend angesagt. Bedauerlicherweise liegt aber das Hauptaugenmerk des ÖGB auf der Kündigung der Sozialpartnerschaft durch die Bundesregierung. Nein, wir finden die neuen Entwicklungen der Regierung auch nicht gut. Als Opposition wissen wir aber, dass das Heil nicht im Bedauern liegt, sondern in der innovativen Wendigkeit.
Böse Zungen behaupten nun, dass, wenn die Möglichkeit des Ausmauschelns nicht da ist, die guten Ideen nicht kommen wollen. Eine der größten Schwachstellen des ÖGB und der meisten Fachgewerkschaften ist, dass nicht die schlausten Köpfe mitgestalten, sondern die der politischen Mehrheiten. Und dass da nicht immer die „Begabtesten“ am Werk sind zeigt so mancherorts die Vertretungspolitik.
Technology vectors created by rawpixel.com – www.freepik.com