Rechtsvertretung im Jugendamt: Arbeiten in Zeiten der Corona-Krise. Dieser Frühling wird uns noch lange in Erinnerung bleiben. Eine Pandemie hat uns erreicht und damit das öffentliche Leben lahmgelegt. Ausgangsbeschränkungen, Geschäftsschließungen, „Home-Office“ (eigentlich in den meisten Fällen disloziertes Arbeiten) und Massenarbeitslosigkeit sind die Folge.

Es gibt aber noch im politischen Neusprech so genannte systemrelevante Berufe, die die Infrastruktur aufrechterhalten müssen. Dazu gehören auch die vielen KollegInnen der Wiener Kinder- und Jugendhilfe, kurz MA 11. Sie erfüllen eine Vielzahl an Aufgaben, die zur Erhaltung des öffentlichen Lebens und damit auch der Familien notwendig sind. Und sie springen dort ein, wo Personalnot ist, denn Kinder und ihre Rechte sind immer und überall zu schützen.

Doch wie funktioniert das im Detail? Die Stadt Wien hat Mitte März den Lock Down verkündet. Alle, die nicht systemrelevant vor Ort sein müssen, alle Risikogruppen, Menschen mit Sorgepflichten und Verwaltungsangestellte, bekamen die Möglichkeit des dislozierten Arbeitens beziehungsweise wurden verordnet dienstfrei gestellt. Unsere Abteilung reagierte gut und fuhr den Betrieb auf das Notwendigste zurück. Das heißt für die Rechtsvertretung zwei Personen pro Regionalstelle, die sich in einem bestimmten Turnus abwechseln. Der Rest arbeitet von zuhause.

Corona-Krise im Jugendamt: Persönliche Belastung steigt

Was auf den ersten Blick – und unsere Abteilung hat sich da sehr schnell auf die neue Situation eingestellt – prima aussieht, erweist sich nach längerer Dauer für die KollegInnen persönlich als nicht mehr so gut. Diese arbeiten zwar in der Sicherheit ihres Zuhauses, nehmen aber die Ängste, Sorgen und den Ärger der KlientInnen ins Wohnzimmer mit. Sprich: Sie können nicht abschalten.

Mit zunehmender Dauer werden die KlientInnen aggressiver. Sie fordern Dinge ein, die derzeit nicht oder nicht so wie gewohnt gehen, wie persönlichen Kontakt im Amt, schnelle Erledigung der finanziellen Probleme („Sie wollen mir ja nicht helfen“) oder auch die Auszahlung des Covid-19-Unterhaltsvorschusses. Um diesen zu bekommen muss – und das hat die Politik nicht dazu gesagt – bereits ein Unterhaltstitel existieren und müssen auch die sonstigen Voraussetzungen (Staatsbürgerschaft des Kindes) vorliegen. Wenn nicht, wird es schwierig, weil auch die Gerichte nicht in dem Ausmaß arbeiten, wie gewohnt.

Dazu kommt, dass die KollegInnen der Rechtsvertretung und der Kanzleien nicht die spezielle Ausbildung im Umgang mit solchen Extremsituationen genossen haben, die dafür nötig ist. Damit kann sehr schnell eine persönliche Überforderung eintreten. Es ist für viele wie ein Blindflug durch ein nebliges Tal. Denn natürlich muss und will man für alle KlientInnen da sein, sie unterstützen und ihnen zu ihrem Recht verhelfen.

Alles in allem kann man resümieren, dass die Voraussetzungen für ein sicheres und gesundes Arbeiten seitens der Dienstgeberin gegeben sind, der persönliche Druck auf die KollegInnen aber täglich steigt.

Thomas Zarka ist KIV-Mandatar und Kanzleibediensteter in der MA 11.

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