Telearbeit – (k)eine brauchbare Lösung für ältere ArbeitnehmerInnen?

Die Stadt Wien setzt in den letzten Jahren vermehrt auf Telearbeit:

All jene Menschen, die nicht unmittelbar an einem Arbeitsplatz gebunden sind – weil zum Beispiel kein Kundenverkehr oder keine terminlich begrenzten Arbeiten stattfinden – können theoretisch auch von zu Hause aus arbeiten.

Die Vorteile für die Stadt Wien sind sonnenklar:

Erstens muss man den Bediensteten keinen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen, zweitens auch keinen großen Verwaltungsaufwand in Bezug auf Zeitaufzeichnung, Überstunden etc. betreiben und man bekommt trotzdem geliefert, was man als ArbeitgeberIn will.

Für die DienstnehmerInnen werden von Seiten der Arbeitgeberin auch viele Vorteile aufgezählt: flexible Arbeitszeiten, Entfallen eines An- und Abfahrtswegs zur und von der Arbeitsstelle, genügend Zeit für die Familie und kein Bürostress mit KollegInnen und Vorgesetzten. Nur das reine Produkt, welches zu liefern ist.

Aber stimmt das wirklich?

Nehmen wir nur das Schlagwort der flexibleren Arbeitszeit.

Bei der Stadt Wien gibt es verpflichtend seit 2010 für die Bediensteten (außer bei besonderen Abteilungen wie Rettung, Feuerwehr, Pflege u.a.) die Gleitzeit. Damit kann man innerhalb eines gewissen Zeitrahmens, meist 6 – 22 Uhr die eigene Arbeitszeit so legen, wie man möchte, ohne die Blockzeit (in der Regel von 9 – 13 Uhr) zu verletzen.

Weiters sind Unterbrechungen möglich.

Insofern ist das Argument der Flexibilität nicht mehr gegeben, da Studien zeigen, dass Menschen, die zuhause tätig sind, erstens schneller und zweitens teilweise länger arbeiten, weil sie „eh schon daheim“ sind.

Damit ist jedoch das Argument des geringeren Stresslevels zerpflückt, das natürlich gegeben ist. Dieses Stresslevel, oder sagen wir lieber dieser Arbeitsdruck, ist auch dadurch in erhöhtem Maße gegeben, weil ja der/die Vorgesetzte nicht permanent über den Arbeitsfortschritt informiert ist und dann dazu neigt, den Bediensteten mehr Arbeit aufzuhalsen als er/sie es tun würde, wenn mensch direkt im Büro arbeiten würde.

Kleine Pausen werden zwar gemacht, aber wieder in geringerem Ausmaß als am Arbeitsplatz im Büro. Warum auch, man ist ja daheim und will so schnell wie möglich fertig werden, um danach die Freizeit zu genießen. Oder mit der Familie verbringen. Etwas, das ja auch ein Argument für Jungfamilien oder AlleinerzieherInnen ist. Man kann arbeiten und gleichzeitig auf die Kinder aufpassen. Wer da den Fehler nicht findet, soll dies einmal selber ausprobieren. Irgendetwas bleibt nämlich immer auf der Strecke, abgesehen davon, dass die Fehlerquote sprunghaft ansteigt, wenn man ein Auge auf die Kinder (oder anderes) haben muss. Das ist einfach eine Frage der Konzentration und nicht der Struktur. Dazu ist aber auch – ich führe es unten noch weiter aus – ein hohes Maß an persönlicher Disziplin notwendig, will man nicht Berufliches mit Privatem vermischen, da die Grenzen manchmal sehr schnell verschwimmen.

Ein weiterer Punkt der gegen eine Telearbeit spricht, ist die soziale Isolation.

Man hat keine oder kaum mehr Berührungspunkte mit den KollegInnen. Der Grund ist einfach: Man ist nicht im Büro und kann am dortigen Sozialleben nicht teilnehmen. Es gibt weniger Möglichkeiten, sich auszutauschen, die Kommunikation wird auf das Notwendigste, nämlich das Dienstliche, beschränkt. Auch der Umgangston ist schriftlich oder telefonisch ein vollkommen anderer, als wenn man den KollegInnen persönlich gegenübersteht.

Durch das Fehlen am Dienstort geraten die Bediensteten auch aus dem Fokus der Vorgesetzten, was sich auf Beförderungen oder bei Nachbesetzungen gut bezahlter Posten nachteilig auswirken kann.

Das letzte Problem, das auftritt, ist schlicht und ergreifend der Platz zuhause. Bedienstete benötigen in der Wohnung einen geeigneten Raum, der als Büro eingerichtet werden kann.

Nun ist dies natürlich nicht immer und überall problemlos möglich, wer hat schon in seiner Wohnung eben mal einen Raum übrig? Also muss bereits Bestehendes adaptiert werden – dies möglicherweise zu Lasten der Familienmitglieder, die im gemeinsamen Haushalt wohnen. Damit können familiäre Konflikte vorprogrammiert sein.

Der letzte Punkt, den ich ansprechen will, ist die Telearbeit als Arbeitsform an sich.

Telearbeit kann auch eine Vorstufe zu einer Entlassung oder frühzeitigen Pensionierung sein.

Derartige Verträge könnten eventuell (die Rahmenbedingungen dazu müssen noch geschaffen werden, aber wir kennen ja den fertigen Entwurf der Besoldungsreform noch nicht) in Werkverträge umgewandelt werden, die eine massive Schlechterstellung bei Bezahlung und Sozialleistungen darstellen.

Dies könnte umso mehr passieren, als die ArbeitnehmerInnen dann selbst nachweisen müssen, die ordentlichen Arbeits- bzw. Dienstzeiten einzuhalten (Beweisumkehr).

Ebenfalls kann es eine Vorstufe zur Auslagerung des Arbeitsbereiches sein, die Folgen wären ähnlich dramatisch.

Fazit:

Alles in Allem sehe ich in der Telearbeit mehr Nach- als Vorteile für die Beschäftigten und würde allen raten, sich die Parameter dieser Tätigkeit (Arbeitspensum, klare Aufgabenstellungen, Arbeitszeiten, etc.) genau anzusehen und im Falle des Falles auch alles eindeutig schriftlich festzuhalten.

Denn sonst gewinnt nur einer, nämlich der Dienstgeber.

Auf deine Kosten nämlich.

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