Der Zweck heiligt die Mittel und nicht alles was hinkt, ist ein Vergleich.

Zugegeben: Die Elternvertreterinnen und Elternvertreter haben sich ein sehr unelegantes Beispiel für ihr Anliegen aus einem Schulbuch ausgewählt. Auch wenn die Form des Schrägstrichs und das Anhängen der weiblichen Form in ­vielen Publikationen als geschlechtergerechtes ­Formulieren betrachtet wird, ist dies eher ein Hinweis auf Unkenntnis der Materie und wenig Auseinander­setzung mit der Sprache.

Es ist durchaus berechtigt die Frage zu stellen, ob diese Art der Formulierung wirklich in einem Schul­buch vorkommen muss. Wäre es nicht einfacher gewesen „Schülerinnen und Schüler“ zu schreiben? Nicht weil der Text in dieser Form nicht lesbar ist, sondern es nicht geschickt ist, Wasser auf die Mühlen der Gegnerinnen und Gegner des geschlechtergerechten Formulierens zu schütten.

Unsere armen Kinder

„Lesen ist ein komplexer Vorgang“ argumentieren der Verbandsvorsitzende der Elternvereine von mittleren und höheren Schulen und seine Stellvertreterin. Und um noch eins draufzusetzen, müssen die „Kinder mit nicht deutscher Muttersprache“ herhalten, die, so wird es wohl gemeint sein, mit dem Lesen von geschlechtergerechten Texten überfordert wären.

Und um noch eins draufzusetzen, machen sich die beiden Sorgen um die Maturierenden. Es geht die Angst um, dass diese schlechter benotet werden, wenn in ihren vorwissenschaftlichen Arbeiten und der schriftlichen Matura nicht gegendert wird. Ja, wo kommen wir denn da hin, wenn Jugendliche mit ­allgemeiner Hochschulreife geschlechtergerecht formulieren können? Wo sollen sie es denn lernen, wenn nicht in der Schule?

Was steckt hinter der Diskussion?

Sprache schafft Identität. Geschlechtergerechte Sprache macht Frauen sichtbar. Männliche Sprache macht Männer sichtbar. Und dabei geht es weder „nur“ um das Binnen-I und schon gar nicht um die Lesbarkeit. Ein bisschen Auseinandersetzung mit dem Thema zeigt die Vielfältigkeit der geschlechter­gerechten Ausdrucksform und bitte erinnern wir uns: Auch in der geschlechtergerechten Sprache ist das Binnen-I oder der Schrägstrich ein Hilfskonstrukt.

Im Endeffekt geht es nicht um weniger als einen Machtkampf, den Kampf um die Geschlechter­gerechtigkeit. Wo denn sonst, wenn nicht in der schulisch erlernten Sprache soll diese sprichwörtliche Sensibilität herkommen?

Wie denn sonst, soll die gerechte Verteilung zwischen den Geschlechtern, die gleichen Chancen, die Gleichbehandlung und ­vieles mehr in die Normalität eingehen, wenn nicht in der Sprache?

Liebe Frauen und liebe Männer, ja es ist mühsam, ja es ist enervierend, ja es ist ärgerlich und auch ich würde mich gerne anderen Themen zuwenden, als um meine Sichtbarkeit zu kämpfen. Aber das Gegenteil von Sichtbarkeit ist unsichtbar.

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