Ja, wo ist sie denn, die Altersteilzeit in Wien?
Von hier und heute geht eine neue Epoche der Weltgeschichte aus, und ihr könnt sagen, ihr seid dabei gewesen.
– Goethes Kanonade von Valmy
„Eine neue Epoche der Weltgeschichte“ – so weit hat sich die Rot-Grüne Stadtregierung bei ihrem Regierungsprogramm 2015–2020 nicht hinausgelehnt. Jedoch überschreibt sie das erste Kapitel ihrer 138 Seiten-Erklärung mit „Wir schreiben ein neues Kapitel für Wien“. Da steht viel drinnen; Erfreuliches, weniger Erfreuliches, ganz Konkretes aber auch etliche Absichtserklärungen.
So mancher Ankündigung fehlt jegliche Konkretisierung (Inhalt, Ausmaß, Zeitbezug – immerhin Kernelemente aus dem Contractmanagement). Da ist es schon begrüßenswert, dass auf Seite 44 der Satz „Die Möglichkeit zur Altersteilzeit wird geschaffen“ so definitiv hineingeschrieben steht.
Altersteilzeit in Wien: versprochen, gehalten?
Die derzeitige Funktionsperiode neigt sich nunmehr dem Ende zu. Ein Wahltermin steht noch nicht fest, aber mit Ende des Jahres ist einmal Schluss und die Frage nach den umgesetzten Punkten aus dem Regierungsprogramm 2015–2020 drängt sich auf.
Mit 1. Februar 2020 ist die rot-grüne Stadtregierung exakt 1.530 Tage im Amt.
Potenziell haben mehr als 4 Millionen unselbstständig Erwerbstätige bei Vorliegen der Voraussetzungen die Möglichkeit, Altersteilzeit in Anspruch zu nehmen. Nur die Beschäftigten der Gemeinde Wien wohnen in einem kleinen gallischen Dorf und „dürfen“ nicht. Es fehlt schlicht eine gesetzliche Regelung dazu. Es bräuchte eine einfache Mehrheit im Wiener Landtag für die Einführung und gemäß unserer intensiven Recherchen müsste diese einfache Mehrheit noch vorhanden sein.
Im Jahr 2015 waren österreichweit 22.000 Personen in Altersteilzeit, 2016 rund 28.000, 2017 immerhin schon 36.000 und 2018 schon knapp 41.000. Davon Gemeinde-Wien-MitarbeiterInnen genau 0 (in Worten „Null“). Und das, obwohl die Gemeinde-Wien-Bediensteten im Durchschnitt fast 45 Jahre alt sind. Konkret sind 40 % der Männer und 36 % der Frauen im Dienst der Gemeinde über 50 Jahre alt. Damit wäre ausreichend Rekrutierungspotential für die Altersteilzeit vorhanden.
Eintausendfünfhundertdreißig Tage ist nichts passiert. Ähnlich lange, nämlich 1541 Tage, mussten die Franzosen im 2. Weltkrieg auf die befreiende Invasion durch die Alliierten warten.
Lieber Herr Bürgermeister, liebe Frau Vizebürgermeisterin und sehr geehrte Stadtregierung!
Wie lange sollen wir auf die Altersteilzeit in Wien noch warten? Wie in Goethes Kanonade von Valmy würden wir auch gerne behaupten können „dabei gewesen zu sein.“
Beste Grüße
Euer Distel-Team