Nicht die Generation Z ist faul – es sind die Arbeitgeber*innen, die sich die Welt zu einfach machen.

Faul, verwöhnt und mit sich selbst beschäftigt – diese Zuweisungen und Vorwürfe sind populistisch gut einsetzbar und stellen die Generation Z in ein fragwürdiges Licht. Aber ehrlich – kommen wir mit solchen Zuweisungen weiter? Oder dienen solche Argumente den Arbeitgeber*innen, dass ja die Bequemlichkeitszone des „es war schon immer so“ nicht verlassen werden muss? Und würden frühere Generationen nicht auch von Veränderungen profitieren können?

Die Vereinbarkeit von Arbeit und Freizeit wird wichtiger – nicht nur für junge Arbeitnehmer*innen

Beschwerden über die Faulheit der unselbständigen, arbeitenden Menschen sind so alt wie die Arbeit selbst. Das zeigte Paul Fairie, Politikwissenschaftler an der Universität Calgary. In einem vielbeachteten Twitter-Thread sammelte er Zeitungsartikel, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen und in denen Kolumnisten, Unternehmer oder Ökonomen sich über die mangelnde Arbeitsbereitschaft in der Bevölkerung beschweren.

Niemand will mehr arbeiten!

Auf Befragung von Führungskräften, wie sie die Haltung gegenüber der jungen Generation zur Arbeit sehen, folgt prompt: „Niemand will mehr arbeiten! Die Gen Z will heute nur noch Teilzeit arbeiten, zu astronomischen Gehältern, ist wenig belastbar und kündigt sofort, wenn etwas nicht passt.“

Weil sich üblicherweise ältere Generationen über die Faulheit der Jüngeren beschweren, ist es zurzeit die jüngste auf dem Arbeitsmarkt aktive Generation, die wegen ihrer angeblich außerordentlichen Faulheit die Aufmerksamkeit der Arbeitgeber auf sich zieht: die Generation Z.

Eigentlich werden sie im Arbeitssystem gebraucht wie ein Bissen Brot – gerade beim derzeitigen Fachkräftemangel. Aber sie nehmen die Stelle nur, wenn sie diese zu ihren Bedingungen gestalten können.

Doch wir dürfen uns nichts vormachen: Es sind nicht nur hochqualifizierte Fachkräfte, die händeringend gesucht werden. Und es gibt Branchen, für die es deutlich schwieriger ist, ihren Mitarbeiter*innen Extras und Abwechslung zu bieten.

Wenn es schon in akademischen Berufen eine Herausforderung ist, Stellen zu besetzen, so gilt das für Berufe, für die kein Hochschulabschluss benötigt wird, erst recht. Besonders bedrohte Bereiche sind beispielweise Pflege und Bildung. Zu den Hauptproblemen zählen hier Unterbesetzung von Stellen, permanente Arbeitsüberlastung, zu viele Kund*innen, Patient*innen oder Kinder für zu wenig Fachkräfte, unerreichbare Forderungen des Systems und eine noch immer nicht adäquate Bezahlung.

Jobs sollen sinnvoll und ausreichend bezahlt werden. Arbeits- und Lebenszeit müssen sich eine gute Balance halten und Vereinbarkeit von Familie, Beruf, Freunden und Hobbys sollen nicht mehr abstrakt und unerreichbar erscheinen. Diese gesunde Einstellung zum Thema Arbeit verleitet jedoch zu der unreflektierten Annahme, dass die Jungen undankbar seien und unerreichbare Ansprüche hätten.

Generation Z

Generation Z

Ist es so abwegig, Freizeit und Erfüllung zu suchen?

Nun kann man sich als Vorgesetzter oder Vorgesetzte überall darüber beschweren, dass die jungen Leute es im Arbeitsmarkt zu einfach hätten und darum faul geworden seien. Dass man es selbst um einiges schwerer gehabt habe und dass die Arbeitsmoral und überhaupt die Welt früher viel besser gewesen seien. Das ist nicht nur unkreativ und langweilig, sondern bringt überdies auch nichts. Mit solchen Behauptungen machen die Arbeitgeber*innen es sich viel zu einfach. Stattdessen sollten sie sich fragen, was es denn ist, das die jungen Leute wollen.

Dazu muss man sich nicht einmal eine Gen-Z-Beratung ins Haus holen oder die zahlreichen Studien lesen, die es zu der Generation gibt. Meist genügt es, in sich zu gehen und darüber nachzudenken, was man sich selbst als junger Mensch gewünscht hätte, hätte man dieselben Möglichkeiten gehabt.

Es ist schließlich kaum vorstellbar, dass es eine Zeit gab, in der Menschen gerne bis zum Umfallen gearbeitet haben. Die stetig steigende Zahl an Burnout-Fällen beweist das. Neben der Arbeit genug Zeit zu haben für Freunde, Familie und Hobbys ist keine Utopie mehr, ein Wandel hin zu flexibleren Arbeitszeiten und -orten ist schon seit Jahren in Gange.

Wenn Arbeitgeber*innen hingegen von vornherein wie selbstverständlich davon ausgehen, dass ihre Mitarbeiter*innen bereit sind, Überstunden zu leisten und den Arbeitsplatz an erste Stelle setzen, belügen sie sich selbst. Wer auf Selbstausbeutung aufbaut, kann am Ende nur verlieren.

Auch der Wunsch nach einem wertschätzenden Arbeitsumfeld, in dem Mitarbeiter*innen gefördert werden und alle die gleichen Chancen haben, kann niemanden ernsthaft überraschen. Jüngeren Arbeitnehmer*innen ist Diversität am Arbeitsplatz augenscheinlich wichtiger als den Vorgängergenerationen. Doch das Bedürfnis, am Arbeitsplatz vor diskriminierenden Kommentaren geschützt zu sein oder etwa als schwangere Frau nicht aufs Abstellgleis gestellt zu werden, dürften viele „Ältere“ mit ihnen teilen.

Die Generation Z sucht aktiver nach dem Sinn des Lebens

Das könnte daran liegen, dass die Jahrgänge ab 1995 zwar in einer Zeit des Friedens und des Wohlstands aufgewachsen sind – doch das Ende ihres Studiums bzw. der Beginn ihres Arbeitslebens ist dominiert von Krisen: Klimawandel, Pandemie und nun ein Krieg in Europa und eine steigende Inflation – Parameter, welche das junge Erwachsenenleben maßgeblich bestimmen und beeinflussen.

Fazit: Alte Gewohnheiten werden hinterfragt und es kommt zu einer Neuordnung der Prioritäten des Lebens. Eine Chance für uns Ältere – wir können lernen und von einer positiven Entwicklung der Arbeitswelt profitieren. Möglicherweise lässt sich das mit dem Umstand begründen, dass „Zoomer“ die erste Generation sind, die ihr gesamtes Leben mit dem Internet verbracht hat. Sie sind es gewohnt, das gesammelte Wissen der Menschheit in der Hand zu halten und permanent die Möglichkeit zu haben, ihre Situation mit der von anderen zu vergleichen.

Für unsere Dienstgeberin – die Stadt Wien – ist das natürlich ärgerlich, schließlich muss sie sich nun dem sogenannten Zeitgeist anpassen: Flexibilität in der Neukonzeptionierung von Arbeitszeitmodellen und eine damit verbundenen Verbesserung der Schaffung und Nutzung von Dienstposten. Für die Republik und die Ressorts, beispielweise von Gesundheit und Bildung,  bedeutet das, wirkliche Ausbildungsreformen und bessere Bezahlung.

Eine mögliche Gewinnchance für uns „Boomer“: Hätten wir doch schon früher auf die „faule“ Jugend gehört.

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