Gleichstellung: Die Geduld der Frauen ist die Macht der Männer

Wir, die Frauen, die bei der Stadt Wien arbeiten, haben rein statistisch gesehen die Mehrheit. Der Umkehrschluss, dass wir auch die Macht haben, ist leider nicht zulässig. Fast 70 Prozent der Mitarbeiter­*innen der Stadt Wien sind Frauen. Ob nun in einem pragmatisierten Dienstverhältnis, als Vertragsbedienstete, als Angestellte eines Fonds, eines Betriebes der Stadt Wien oder gar als Mitarbeiterin mit prekärem Dienstverhältnis – wir alle erbringen einen satten Anteil der Leistungen der Stadt – natürlich neben der Familie.

Nach wie vor berufen sich die „Mächtigen“ der Stadt darauf, dass das Einkommen der Mitarbeiter­*innen der Stadt Wien unabhängig vom Geschlecht ist. Unsere gültigen Gehaltsschemata unterscheiden nicht zwischen Mann und Frau; ja, das ist richtig. Dass aber viele Frauen in Berufen arbeiten, die niedrig besoldet werden, dass nach wie vor Teilzeit weiblich ist, dass Aufstiegschancen noch immer hauptsächlich männlich sind – das ist ebenso richtig und wahr. Und, dass die Einkommensunterschiede zwischen Mann und Frau bei der Stadt Wien ebenso lebendig sind wie in der Privatwirtschaft!

Frauenpolitik

Kann Frauenpolitik Gerechtigkeit schaffen?

Frauenpolitik wurde in Österreich bereits vor drei Jahrzehnten als eigenes Politikfeld geschaffen – natürlich mit dem Einverständnis der Männer – damals mit unterschiedlichen Einschätzungen: Manche Politiker dachten, dadurch Ruhe von den „Weibern“ zu haben, da sie sich nun mit ihren Themen beschäftigen könnten und in Entscheidungsfragen hätten dann ohnedies Männer das Sagen. Andere Politiker dachten wirklich an Fortschritt und eine Sensibilisierung hinsichtlich einer Gleichstellung von Mann und Frau.

Mit der Einsicht, dass mittlerweile die zweite Frauenbewegung scheinbar verebbt ist, darf die Frage nach dem „WARUM“ gestellt werden. Möglicherweise, weil die Frauenbewegung auch immer den Stellenwert einer sozialen Bewegung hatte und hat. Gerne wird sie in Form von Projekten und politischen Diskussionsveranstaltungen wahrgenommen. Zugleich sind die Kernpunkte der Bewegung in viele gesellschaftliche Bereiche eingesickert – sozusagen auf ein frauenpolitisches „Minimalprogramm“.

Fazit: Solange Frauenpolitik als Teil von Sozial- und Familienpolitik gesehen wird, ist keine positive Veränderung hinsichtlich einer wirklichen Gleichstellung von Frau und Mann zu erwarten. In einer Arbeitswelt, die von Männern für Männer erdacht – von Männern für Männer gemacht ist, benötigt es einen generellen Umkehrschwung der patriarchalen Grundstruktur der Verhältnisse. Sonst bleibt es dabei, dass Armut weiblich ist – wenn nicht im aktiven Arbeitsleben, dann im Ruhestand oder in der Pension.

Jene Handvoll Frauen, welche einen Aufstieg in die männerdominierten Führungsetagen geschafft haben, sind natürlich ausgenommen. Da diese Zahl aber auch bei der Stadt Wien sehr überschaubar ist, kann nur von einer verschwindenden Minderheit gesprochen werden.

 

Der Internationale Frauentag (International Women’s Day) wird weltweit von Frauenorganisationen am 8. März begangen. Der Tag wird auch Weltfrauentag, Tag der Frau oder Tag der Vereinten Nationen für die Rechte der Frau genannt. Er entstand in der Zeit um den Ersten Weltkrieg im Kampf um die Gleichberechtigung und das Wahlrecht für Frauen und kann auf eine lange Tradition zurückblicken. In Berlin ist der 8. März ein gesetzlicher Feiertag – für alle!

 

Interessenvertretung und Gewerkschaftspolitik von Frauen für Frauen

Subjektiv lässt sich die Behauptung aufstellen, dass sich Frauen von Frauen in ihren Anliegen im Arbeitsleben und in ihrer durch mehrfache Belastung zerrissenen Welt nachhaltiger und besser verstanden und vertreten fühlen. Objektiv muss jedoch eingestanden werden, dass sehr häufig Männer in höheren Ämtern und Posten zu finden sind und dort Frauenanliegen – einzeln oder kollektiv – aufgrund ihres Wissens oder ihrer Einschätzung vertreten. Dass das nicht immer zur umfassenden Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen geschieht, liegt auf der Hand.

Nach wie vor wird gewerkschaftliche Frauenpolitik als die Vertretung der Sonderinteressen einer unrichtigerweise zur Minderheit stigmatisierten Personengruppe verstanden. Die Organisations­strukturen der Gewerkschaft sind noch immer nach dem Maß „Mann“ ausgerichtet. Die Handlungs­macht der Frauen ist vom guten Willen der Männer abhängig. Noch immer sind Vorsitzende der Hauptgruppen, egal wie hoch der Frauenanteil in Berufssparten ist, männlich. Da aber der Beschäftigten­anteil der Frauen bei der Stadt Wien fast 70 Prozent beträgt, haben wir hier eine gewaltige Schieflage.

Solange keinen neuen Spielregeln eingeführt werden und Männer weiter bestimmen, welche Frauen wo, wann und wie in der Gewerkschaft aktiv sein können, wird es keine wirkliche Veränderung geben. Frauen müssen die Möglichkeit haben, ihre unmittelbaren Interessensvertreterinnen zu wählen. Gewerkschaftliche Frauenarbeit ist zu wichtig, um sie der Willkür und dem Machtmonopol der Männer zu überlassen. Frauen können sehr gut selbst entscheiden. Die männliche „Fürsorgepflicht“ ist eine vernachlässigbare Größe. Zukünftig darf ruhigen Gewissens eine Gewerkschaftsfunktion nur für Frauen ausgeschrieben werden. Keine stellvertretende oder alibihalber den Quoten verpflichtete Funktion – sondern eine, welche die Chancen der Frauen im Arbeitsleben der Stadt Wien wirklich zielführend und positiv mitgestalten und beeinflussen kann.

Gleichstellung

Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern!

Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist für uns eine zentrale Gerechtigkeitsfrage. Wir wollen eine geschlechtergerechte Gesellschaft, die ein selbstbestimmtes und solidarisches Leben ermöglicht.

„Erst wenn männliche und weibliche Werte aufeinanderprallen, ohne dass es dabei um Macht und Unterwerfung ginge, kann die Geschlechterdifferenz ihre fruchtbare Wirkung entfalten – als Differenz zwischen Werten, nicht zwischen Männer [sic!] und Frauen.“

Rebekka Reinhard, Thomas Vašek: Hohe Luft (2017)

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