Die Gesundheits- und Krankenpflegegesetz-Novelle ist beschlossen.
Gesundheitsministerin Oberhauser hat diese mit den Ländern verhandelt, unbeeindruckt von vielen „kritischen Stimmen“ aus den Gewerkschaften und der Arbeiterkammer. Im Sommer wurde die Gesetzesänderung im Nationalrat beschlossen.
Was folgte, waren sanfte Proteste:
Willi Steinkellner von der Gewerkschaft vida spricht im Fußballjargon von einem „verspielten Elfmeter“. „Um dem Mangel an qualifizierten Fachkräften entgegenzusteuern, muss der Pflegeberuf attraktiver werden. Dazu gehören entsprechende Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen ebenso wie eine angemessene Entlohnung. Dahingehend ist die GuKG-Novelle wie ein aufgelegter Elfmeter, der jetzt kläglich vergeben wird“, so der vida-Gewerkschafter abschließend.
Auch Christa Hörmann von der Gewerkschaft younion berichtet von einem Irrweg: „Die Idee einer kürzeren Ausbildung bei gleichzeitig erweitertem Tätigkeitsprofil für die Pflegefachassistenz ist keine Errungenschaft! Wir verstehen einfach nicht, wie ein Ministerium, das Gesundheit und Belange der Frauen vereint, den Grundstein für diesen Irrweg legen kann.“
Einzig der Berufsverband der Pflege der Österreichische Gesundheits- und Krankenpflegeverband findet in einer Presseaussendung ausschließlich lobende Worte: „Heute wurden durch den Nationalrat die Novelle des GuKG und das Gesundheitsberuferegister–Gesetz (GBRegG) beschlossen. Kurz zusammengefasst bedeutet dies, dass der gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege künftig auf hochschulischer Ebene ausgebildet wird.“
Eine so positive Einschätzung ist aber nur durch die Fokussierung der Wahrnehmung auf eine einzelne Berufsgruppe möglich.
Alle diese verhaltenen bzw. positiven Reaktionen lassen vermuten, dass die Interessensvertretungen darauf hoffen, die problematischen Aspekte dieser Novelle auszusitzen. Das Wienerische Motto: „Bloß kane Wölln schlogn“ scheint hier strategischer Stichwortgeber gewesen zu sein.
Diese Haltung ist angesichts der klaren Sparintentionen schon etwas zynisch aber auch typisch österreichisch: Da wird eine Gewerkschafterin Gesundheitsministerin, macht eindeutige Politik gegen die Interessen von Großteils weiblichen Arbeitnehmerinnen und die Gewerkschaften reagieren aufgrund von Parteiräson schaumgebremst.
Andererseits bleibt zu hoffen, dass diese Novelle zum GuKG nicht der politische Weisheit letzter Schluss sein wird. Wenn bestimmte geplante Änderungen in der Realität nicht funktionieren, wenn es zu einem Anstieg der Fehlerhäufigkeit kommt, wenn sich MitarbeiterInnen im Gesundheits- und Sozialbereich zunehmend enttäuscht von den Gewerkschaften abwenden…
Grundsätzlich aber stimme ich Willi Steinkellner zu. Die Novelle zum Gesundheits- und Krankenpflegegesetz ist jedenfalls eine große vergebene Chance. Anstatt die Pflegeberufe unter Berücksichtigung ihrer gegenwärtigen und zukünftigen gesellschaftspolitischen Bedeutung attraktiver zu machen, macht die Politik eine Politik auf ihre Kosten.
Ein leidenschaftlicher Kommentar
Ein Betriebsratskollege, (jahrzehntelang im Spitalsbereich tätig), der sich nicht mit den herrschenden Entwicklungstendenzen im Gesundheits- und Sozialbereich abfinden kann stellt fest:
„Die von der Gewerkschaft nicht zu verhindernde Gesundheits- und Krankenpflege-Gesetzesnovelle verstärkt die negativen Folgen des Sparens auf dem Rücken der MitarbeiterInnen durch eine Dequalifizierungstendenz bei erhöhter Verantwortungslage.
Es ist geradezu unverschämt, die Lasten auf jene abzuladen, die mit ehrlichem Engagement ohnehin schon heldenhaftes in der PatientInnen- bzw. KlientInnenbetreuung leisten!
Statt mit der Vermögenssteuer, der Aufhebung der Sozialhöchstbeitragsgrundlage und der Finanztransaktionssteuer die Sozialstaatfinanzierung deutlich zu verbessern und so auf eine solidarische Ebene zu bringen, wird dem Sparwahn auf Kosten der Schwächsten gehuldigt!
Meiner Meinung nach besteht der Anschein, als würden Staat und Gemeinden all ihren gesellschaftlichen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen können, weil die herrschende neoliberale Politik eine entsolidarisierende Form von Politik bevorzugt.“