Das Ergebnis vom 27. September in Oberösterreich ist erschreckend.

Die Blauen verdoppelten ihre Stimmen, die anderen beiden großen Parteien schrumpften zusammen, Grün konnte ein Prozent dazugewinnen und die NEOS sind nicht im Landtag. Soweit die ernüchternde Bilanz des Tages.

Nun stellt sich für mich die Frage, ob es in Oberösterreich wirklich ein Drittel empathielose Misanthropen gibt, die hier kurz aufgezeigt haben oder ob die Wahl aus einem anderen Gesichtspunkt heraus zu betrachten ist. Etwa der Abstrafung der schwarzen Innen- und Außenpolitik betreffs Flüchtlinge oder der Angst vor einer ungewissen Zukunft. Eine weitere Möglichkeit wäre der Frust der Wähler die sich von ihren Politikern schon lange nicht mehr vertreten fühlen und jetzt jedem „Rattenfänger“ nachlaufen, der Besserung verspricht.

Zu meinem ersten Gedankengang ist nicht viel zu sagen, er ist ohnehin selbsterklärend und aus der Emotion heraus gekommen. Und um es gleich mal so zu sagen: nein ich glaube nicht, dass die Antwort so einfach ist.

Der zweite Gedanke betreffs der Abstrafung der schwarzen Reichshälfte wegen ihrer zögerlichen Sicherheits-/Innenpolitik und der nichtvorhandenen außenpolitischen Kompetenz (auf die sich Österreich jahrzehntelang verlassen konnte) ist da schon etwas konkreter. Immerhin kommt Vizekanzler „Django“ Mitterlehner ja aus Oberösterreich, nämlich aus Helfenberg. In seiner Heimatgemeinde verlor die ÖVP 14,6% oder ein Viertel ihrer Wähler. Eine heftige Klatsche.

Andererseits ist es auch verständlich, wenn die Menschen sich von der nicht vorhandenen Kompetenz der „Blockiererpartei“ trennen wollen. Alleine das unsägliche Hick-Hack um die Flüchtlingsunterbringungen (die nach wie vor katastrophal sind) und der mittlerweile totgeschwiegene Schlepperskandal, dem 71 Menschen zum Opfer gefallen sind (was ist denn da der Ist-Stand?), sowie die fehlende Lösungskompetenz bei den über die Grenze strömenden Flüchtlingsmassen sind da schon Grund genug, diese Partei abzuwählen.

Ihre Haltung betreffs TTIP oder im Hyposkandal machen sie in den Augen vieler noch unwählbarer. Leider gibt es keine andere Kraft, die hier mit Lösungen in die Bresche springen kann.

Auch oder gerade die Blauen nicht. Denn jedem irgendetwas zu versprechen (mehr Geld für unsere Armen, mehr Geld für die Unternehmer, weniger Abgaben, kein Parkpickerl) ist ja lustig und nett, wird aber in der Realität nicht funktionieren. Denn irgendwoher muss das Geld ja kommen, mit dem man diese ganzen Versprechen vergoldet. Und wie es in Realitas „funktioniert„, haben wir am Beispiel Kärntens gesehen. Das Land ist pleite und die Hyposchulden in Höhe von rund 20 Milliarden Euro (eine zehnstellige Zahl mit furchtbar vielen Nullen) dürfen wir Steuerzahler blechen. Ende noch ungewiss.

Auch ihre mehr als unappetitlichen Ansichten bezüglich der Flüchtlinge, die sie in „gute“ weil Kriegsflüchtlinge und „böse“ weil von ihnen sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge einteilen, trägt nicht dazu bei, irgendwie eine Lösung in dieser Sache zu finden. Im Gegenteil: Viele Spitzenpolitiker der Blauen wie Strache, Vilimsky oder Gudenus sind selbst Nachkommen der von ihnen so als „böse“ bezeichneten Wirtschaftsflüchtlinge und müssten sich also – wenn sie ihre Wahlversprechen auch tatsächlich einlösen würden – selber abschieben. Werden sie aber nicht, wie ich befürchte.

Auch das Thema Sicherheit – in der Burgenlandwahl übrigens ein großes Thema – wird von ihnen ambivalent behandelt. Bei oben genannter Wahl warben die Blauen damit, dass sie die Grenzen wieder sicher und dicht machen; ein kurzer Ausflug nach Nickelsdorf (oder ein anderer Grenzübergang) zeigt aber, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Noch nie seit dem Balkankrieg sind so viele Flüchtlinge über die Staatsgrenze gekommen. Und das unter einem blauen Sicherheitslandesrat namens Tschürtz. Wobei – in ein paar Jahren wird man sich auf blauer Seite dann wohl genauso wenig daran erinnern, wie an die blaue Verantwortung am Hyposkandal (Jörg Haider war damals Finanzlandesrat in Kärnten).

In diese ganze Problematik spielt aber auch – und das ist mein dritter Gedanke – eine Angst vor der (vielleicht) unsicheren Zukunft mit. Mensch will verständlicherweise sehr ungern seinen Lebensstil verlieren, den er bzw. seine Vorfahren aufgebaut haben. Die – und das ist auch eine interessante Tatsache der Geschichte Österreichs – aus allen Teilen der alten Monarchie gekommen sind. Aber vielleicht schaut man auch deshalb so kritisch auf andere, weil man da eine unerwünschte Konkurrenz vermutet.

Alles in Allem ist es aber so, dass Angst und Hass selten gute Ratgeber sind, die Geschichte lehrt das Gegenteil. Daher heißt es bei der kommenden Wienwahl seine Stimme mit Sorgfalt und Blick in die Zukunft abzugeben – und nicht deswegen weil man „gegen irgendwas“ ist. Dieses „gegen irgendwas“ zu sein bedeutet nämlich nicht, dass man im Gegenzug „für etwas“ stimmt. Sondern einfach nur, dass man nur den Tellerrand als Horizont hat.

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