Veränderungen sind Teil des Lebens und daher auch nötig. Derzeit gewinnt der denkende Mensch allerdings leicht den Eindruck, dass es entweder nur um die Umgestaltung selbst geht oder einfach um die Verschleierungen sogenannter „Verschlimmbesserungen“, also Verschlechterungen, die sich niemand traut als solche auszusprechen.
Gelebter Personalmangel gehört zum Alltag
Nach wie vor kracht es an allen Ecken (auch wenn es einige „Vorzeigestandorte“ gibt, bei welchen dies nicht zu spüren ist). Kaum ist ein Loch gestopft – etwa bei den Regelpädagog*innen – geht mindestens ein anderes auf, sei es bei den Assistent*innen oder im Sonderbereich. Die mantramäßig wiederholten Beteuerungen, dass das so nicht stimme, weil laut Personalstatistik …, ist wenig hilfreich bis kontraproduktiv, denn die Kolleg*innen vor Ort wissen am besten, was bzw. wer fehlt und sie fühlen sich durch solche Aussagen nicht ernst genommen, was sich wiederum wenig motivierend und gesundheitsfördernd auswirkt. Menschen werden dazu ausgebildet, die Verantwortung für eine große Anzahl Minderjähriger pflichtbewusst zu übernehmen, aber die Kompetenz, Mängel am eigenen Arbeitsplatz zu erkennen, wird ihnen abgesprochen.
Das Basispersonal leidet unter dem Wissen, was alles an echter Förderung möglich wäre
Der vermehrt geäußerte Hinweis, dass wir (also die Wiener Kindergärten der MA 10) sogar einen Personalüberschuss (!) haben, wenn wir das derzeit gültige Kindergartengesetz hernehmen, entspricht schon lange nicht mehr der Wahrheit, denn die abteilungsinterne Verordnung sieht (noch) andere Zahlen vor. Und das zu Recht, denn wirkliche Qualität bedarf eines ganz anderen Personalschlüssels!
Unsere Abteilung rühmt sich ihrer hohen Qualität, wirbt damit um Eltern, Kinder, aber auch um Personal. Die Realität sieht hingegen so aus, dass sich der „offene Kindergartenbetrieb“ aus der Notwendigkeit der vielen Kinder versus wenig Personal ergibt, damit Kinder und Eltern und die hierarchischen Ebenen der Dienstgeberin einigermaßen zufrieden gestellt werden.
Das Basispersonal leidet unter dem Wissen, was alles an echter Förderung möglich wäre, zerreißt und zerschleißt sich aber für den Erhalt eines Außenbildes, das schon lange nicht mehr finanziert wird.
Was bleibt, ist die Sehnsucht nach Zeiten, wo die Kinder die Zielgruppe waren und nicht die als „Kund*innen“ (zahlenden) Eltern, wo emotionale Sicherheit für alle Beteiligten nicht nur ein Schlagwort aus dem Bildungsplan war, wo erworbenes Wissen auch in der Praxis gelebt werden konnte! Wo es aber auch Freude am Beruf gab, indem jede/r selbst für einen Teil des Verbrauchinventars (z.B.: Bücher, Spiele) verantwortlich war, wo diverse Vertreter*innen neue und interessante Anregungen samt Erfahrungsberichten aus anderen Standorten den Alltag bereicherten, wo Zeit blieb, sich nicht nur den Sorgen und Erfolgen der Kinder, sondern auch deren Eltern und Großeltern zu widmen (was neuerlich den Kindern zugutekam).
Rosarote Brille auf dem Luftschloss Idealismus
Stattdessen wird reglementiert, zentralisiert und eingespart (unter welchem „Wording“ auch immer); neue zusätzliche Zwischenhierarchien in den oberen Führungsebenen geschaffen; Mehrarbeiten als Vereinfachungen (mit einer „verständlichen Umstellungsphase“) ohne jeglichen gedanklichen Vorlauf für das operative Personal verordnet. Texte zur „Bildungsarbeit in städtischen Kindergarten“ für unsere Kund*innen und für die politisch Verantwortlichen wurden mittels rosaroter Brille auf dem Luftschloss Idealismus verfasst und publiziert – ohne sich der Machbarkeit der zweifelsfrei wichtigen und unabdingbaren Darstellung zu stellen.
Ja zur bewährten Qualität unter den Fortschritten in Wissenschaft, Pädagogik, Psychologie uvm. Aber ein lautes Nein zu einer zur Phrase verkommenen Güte und Wertebeständigkeit einer kalten und theoretischen neoliberalen Welt, in der Menschen nur mehr zum Kostenfaktor werden. Wir brauchen endlich eine klare Aussage durch die zuständigen Verantwortlichen, wohin der Weg wirklich gehen soll!