Privatkorrespondenz von Widerstands­kämpferInnen erstmalig öffentlich zugänglich.

Um Widerstand zu leisten, bedarf es einer besonderen Kraft, Selbstdisziplin und Mut. Ausgestattet mit diesen Eigenschaften leisteten zahlreiche Menschen Widerstand während der Zeit des Nationalsozialismus und bezahlten für ihre Haltung mit Gefängnisstrafen, viele von ihnen sogar mit dem Tod.

Um während des Gefängnisaufenthaltes Kontakt zu Angehörigen aufrecht zu erhalten, schrieben die Widerstandskämpfer und -kämpferinnen Briefe und Postkarten, die jedoch der Zensur unterlagen, oder geheim geschriebene Kassiber.

Diese Korrespondenz, größtenteils aus Privatbesitz stammend, liegt nun erstmalig einer breiten Öffentlichkeit vor. In den schriftlichen Aufzeichnungen erzählen die Insassen von ihrem Häftlingsalltag, bitten um fehlende Utensilien wie Seife, Wäsche oder Rasierapparat, klagen über mangelnde Ernährung und Gefängnisarbeiten. Auffallend sind Reflexionen über zurückliegende, positive Ereignisse und Erlebnisse.

Eine Frau schreibt an ihren inhaftierten Mann:

„Mein lieber Leo, gestern war auch Feiertag, der 1. Mai. Denkst du noch, als wir (…) mit Käthi, in die Wachau fuhren, mit dem Motorrad? Das war noch schön.“
(Band 4, Seite 1732).

Aber auch Bitten an Angehörige, eigenes Fehlverhalten zu entschuldigen, sind den Briefen zu entnehmen. Geblieben sind bis zur Stunde des Todes die Sorge um Ehepartner, Kinder und Verwandte. In den Briefen der Inhaftierten schwingt die Hoffnung, ihrem Todesurteil zu entkommen und zu ihren Lieben zurückkehren zu können.

Die Herausgeber Lisl Rizy und Willi Weinert haben Briefe und Korrespondenzen aus Privatbesitz und Briefe aus den Akten des deutschen Bundesarchivs in Berlin (Bestand Volksgerichtshof), des Dokumentationsarchives des Österreichi­schen Widerstandes und des Stiftsarchivs Klosterneuburg in mühevoller Fleißarbeit ausgewertet. Hinzu kommen Daten aus dem Wiener Landesgericht sowie ergänzende Literatur.

­Enthüllt wurden Korrespondenzen zum Beispiel von Erwin Puschmann und Margarethe Schütte-Lihotzky (Seite 1610), die in Wien eng im Widerstand verwoben waren, sowie Hedi Urach, die am 17. Mai 1943 am Landesgericht Wien und Erwin Puschmann, der am 7. Jänner 1943 hingerichtet wurden. Die vierbändige Dokumentation der Korrespondenz der Widerstandskämpfer und -kämpferinnen rückt erstmals Personen ins Licht, die bisher unbekannt für die Öffentlichkeit geblieben waren. Gleichzeitig erfahren sie eine posthume Würdigung.

Beim Lesen der Briefe musste ich zwischendurch Pausen einlegen, um Abstand zu gewinnen und deren Inhalte verarbeiten zu können.

Rezension von Cornelia Stahl, Redakteurin ­Literaturfenster Österreich, Radio Orange, Wien.

Bezugsquelle: Fachbuchhandlung des ÖGB-Verlags, Rathausstraße 21, 1010 Wien.

Quelle: Die Alternative

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