Wiederherstellung des Vertrauens bewirkt mehr als hundert Motivationsprogramme

Die vorherrschende Misstrauenskultur ist fatal – so auch bei der Stadt Wien. Der Führungsstil und die vermittelten Werte sind einerseits extrem wichtig, werden aber andererseits immer häufiger missverstanden. Unsere Dienstgeberin sollte einen Rahmen vorgeben, der ihren Mitarbeiter*innen und Führungskräften eine möglichst hohe Diversität von Werten und Stilen erlaubt. Eine Unternehmenskultur – besonders jene der Stadt Wien als größte Arbeitgeberin der Stadt – will aber auch vorgelebt sein, in der Kommunikation nach innen und außen, aber auch in den Handlungen.

Mitarbeiter*innen sind das höchste Gut der Dienstgeberin

Führungskräfte und Unternehmen müssen vor allem lernen, ihre Mitarbeiter*innen ernst zu nehmen und zu respektieren. Sie als erwachsene, leistungsfähige und leistungsbereite Menschen wahrzunehmen. In den letzten Jahrzehnten ist eine fatale Misstrauenskultur entstanden. Der Gedanke, Mitarbeiter*innen müssen strenger kontrolliert und angetrieben werden, um Leistung aus ihnen herauszupressen, ist bei den heutigen Wissensarbeitsprozessen grandios falsch.

Kontrollmechanismen werden ausgebaut und leider erfährt die böse Seite der Hierarchie mancherorts ein Revival – unter dem Deckmantel der Produktivität und den Anforderungen unserer Kund*innen, den Bürger*innen der Stadt. Gelegentlich werden auch politische Kräfte der Stadträt*innen als Rechtfertigung benützt – für noch mehr Kontrolle und ganz offen gelebte Mittel des Misstrauens – also Repressalien. Besonders das Beschwerdemanagement und die Klagsfreudigkeit unserer Kund*innen sind eine wachsende Geisel der Gesellschaft. Hier braucht es mehr Schutz der Dienstgeberin für die Mitarbeiter*innen. Auch die Gewerkschaft ist gefragt, besonders dann, wenn es um existenzbedrohliche Verfahren geht.

Mehr Kontrolle bewirkt nur Scheinsicherheit – eine Mogelpackung also

Mehr Kontrollen erwecken den Anschein, dass etwas für mehr Sicherheit oder Qualität getan wurde. Aber wer genauer hinsieht, erkennt: Jedes Mehr an Kontrolle führt dazu, dass Menschen erfindungsreicher werden, sie zu umgehen. Überwachung taugt deshalb nicht als Mittel, um Führung besser zu machen. Nur, wenn Menschen einander vertrauen, arbeiten sie schnell, kostengünstig und kreativ zusammen. Ohne Vertrauen ist kein Unternehmen zukunftsfähig – auch nicht die Stadt Wien. Im Innenleben einer Organisation sollten Kooperation und Wissensteilung die Arbeit bestimmen.

Der Führungsansatz „Vertrauen“ wurde durch die Ökonomisierung im Sinne von „New Public Management“ abgelöst: Dem Ausbau von schier unerschöpflich vielen Hierarchieebenen mit immer weniger Mitarbeiter*innen. Dazu der steigende Fachkräftemangel, welcher begünstigt, dass immer weniger immer mehr Arbeit zu leisten haben und, damit alles gut klappt, weil es ja laut Berechnung am Schreibtisch machbar ist, wird eben kontrolliert. Sollten die Zahlen und Arbeitsqualität nicht stimmen, kann es nur an den faulen Menschen liegen, die eben kontrolliert werden müssen.

Eine solche Misstrauenskultur ist weit verbreitet – nicht nur bei uns in der Stadt Wien

Viele Unternehmen wurden zu einer Flotte von kleinen Profitcentern. Dieses Modell wird auf die kleinste Einheit in der Organisation heruntergebrochen. Jede/r Mitarbeiter*in ist zu einer Firma in der Firma gemacht worden und jeder Arbeitsplatz bilanziert über eine Gewinn- und Verlustrechnung. Selbst dort, wo es nicht unmittelbar um Einnahmen bei der Stadt geht – also in den überwiegenden Bereichen der Daseinsvorsorge.

Die Kontrolle soll Anreize schaffen, motivieren – und alles nachrechenbar machen. Die Folge aber: Menschliche Beziehungen reduzieren sich auf das Geschehen im Betriebsabrechnungsbogen. Allgegenwärtige Konkurrenz hat das Vertrauen abgelöst. Doch keine Befehlskette ist geschlossen genug, keine Überwachung hermetisch genug, als dass man auf Vertrauen verzichten könnte.

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Nur, wenn Menschen einander vertrauen, arbeiten sie schnell, kostengünstig und kreativ zusammen.

Wir plädieren für mehr Vertrauen!

Fährt man die Kontrollen zurück und gewährt den Mitarbeiter*innen einen gewissen Ermessensspielraum, so ist das ein Signal: Ich vertraue dir, dass du den richtigen Weg finden wirst. Solche Spielräume sind wichtige, symbolische Handlungen für mehr Vertrauen in einer Organisation.

Sollte sich die Stadt Wien als Dienstgeberin entschließen, diese Prämisse wieder in den Fokus zu rücken, wird der Mitarbeiter*innenzulauf und das längere Verbleiben bei der Dienstgeberin sich sicherlich positiv entwickeln.

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