Die versprochene Aufwertung von Pflege ist eine politische Mogelpackung.
Im Einkommensbericht des Rechnungshofes aus dem Jahr 2014 wurden Entwicklungstendenzen sichtbar gemacht. Grundsätzlich hält der Bericht eine prinzipielle Schieflage fest: Hohe Einkommen steigen ein wenig, während niedrige Einkommen seit 1998 Reallohnverluste von 14% hinnehmen mussten! Auch bei der Einkommenssituation von Frauen hat sich in den letzen eineinhalb Jahrzehnten nahezu nichts getan. Lag das Median-Einkommen von Frauen 1998 bei 60,6% ist es bis zum Jahr 2013 lediglich auf 60,9% gestiegen. Und an dieser Stelle möchte ich nochmals betonen: Das ist der Rechnungshofbericht von Josef Moser, eine Institution und ein Mann, die nicht verdächtig sind, einem linken Gedankengut anzuhängen!
Angesichts dieses doch etwas blamablen Berichtes möchte frau meinen, die Sozialpartner würden alles menschenmögliche unternehmen, um diese Situation nicht auch noch zu verschlimmern. Die geplanten Veränderungen im Gesundheits- und Krankenpflegegesetz lassen aber genau das befürchten.
Was passiert gerade?
Die Pflege wird aufgewertet werden, kommuniziert die Politik. Heißt in der Übersetzung: Wir haben zu wenige MedizinerInnen (demographische Entwicklungen beim Berufsstand der MedizinerInnen sind ein schwer vorhersehbares Ereignis) also werden die PflegerInnen künftig die medizinischen Routinetätigkeiten übernehmen.
Viele Tätigkeiten, die bislang vom diplomierten Krankenpflege- und Gesundheitspersonal erbracht worden sind, sollen künftig von sogenannten Pflege-AssistentInnen übernommen werden. Mit niedrigerer Qualifikation, bei niedrigerem Einkommen. Es handelt sich also um einen strukturell geplanten Qualitätsverlust im Gesundheitsbereich. Studien, die den Zusammenhang von niedriger Qualifikation von Pflege und steigender Mortalität nachweisen, gibt es ausreichend, ein Umstand, auf den auch die Vereinigung der PflegedirektorInnen Österreichs in einem Schreiben an die Gesundheitsministerin aufmerksam macht.
Aber was die KollegInnen in der Pflege neben dieser Nivellierung nach unten so zornig macht, ist die arrogante Haltung der Politik, die offensichtlich davon ausgeht, dass die im Pflegebereich arbeitenden Menschen nicht in der Lage sind, logische Zusammenhänge wahrzunehmen. Eine nach unten Nivellierung im Pflegebereich als Aufwertung von Pflege zu verkaufen, zeigt sehr klar, welches Bild PolitikerInnen tatsächlich von Pflege haben. Eine Politik, die die Interessen und Anliegen von Frauen wahrnimmt und unterstützt, ist das definitiv nicht.
Unsere Forderungen bei der letzten Arbeiterkammer-Vollversammlung:
- Die Neuordnung der Tätigkeiten bzw. eine Kompetenzerweiterung verlangt nach einer Neuberechnung des PatientInnen/Pflegeschlüssels. Hierbei wird an eine Umfrage des IFES im Rahmen der Gesundheitskampagne „Zeit für Menschlichkeit“ von 2012 erinnert, welche die massive Überbelastung der Pflegepersonen zeigte und dringenden Handlungsbedarf empfohlen hatte.
- Die notwendige Personalaufstockung im Zuge der neugeregelten Zusammenarbeit von Medizin und Pflege muss noch vor der Umsetzung der Maßnahmen erfolgen. Die notwendigen Berechnungen haben ab sofort in Zusammenarbeit mit den Interessensvertretungen zu erfolgen!
- Die veränderten Tätigkeiten und übernommenen Verantwortungen müssen in eine zeitgemäße und faire Besoldung einfließen.
- Aus- bzw. Fortbildungen für neu zu übernehmende Tätigkeiten müssen zeitgerecht und flächendeckend durchgeführt werden.
- Das neu zu definierende Ausmaß der Versicherung für MitarbeiterInnen ist im Zuge der neu geregelten Zusammenarbeit vor der Einführung der Maßnahmen anzupassen. Die Haftungsfragen sind auf die veränderten Arbeitsschritte umzulegen und vertraglich anzupassen.
- Maßnahmen im Rahmen der Gesundheitsprophylaxe sollen seitens des KAV für die MitarbeiterInnen erweitert werden, um weitere Be- und Überlastungen bei dienstlich vorgeschriebener Mehrtätigkeit zu verhindern.
- Das Vertrauen in das Wiener Gesundheitssystem und ihre MitarbeiterInnen darf nicht durch „Nacht- und Nebelaktionen“ und schnelle, willkürliches Managementmaßnahmen negativ beeinflusst werden. Die Neuregelung der Zusammenarbeit von Medizin und Pflege muss auf gegenseitiger Wertschätzung und respektvollen Umgang miteinander basieren. Nur so kann das Gesundheitssystem im operativen Bereich nachhaltig verbessert und zukunftssicher gestaltet werden.