Die Frage nach dem „Warum“.

In unserem Betrieb wird sehr viel über Leistung und wenig über Motivation gesprochen.

Was motiviert eigentlich Menschen, im Gesundheits- und Sozialbereich zu arbeiten? Gemeinsam einer sinnvollen Arbeit nachgehen, ist vermutlich eine Antwort, die nicht völlig von der Hand zu weisen ist. Helfende Berufe haben neben einigen Nachteilen (bescheidene Entlohnung, unregel­mäßige und oft ausufernde Arbeitszeiten) den persönlichen Mehrwert, dass ethisches Handeln prinzipiell vorausgesetzt wird, und die Tätigkeit das Leben der Dienstleistungs-BezieherInnen erleichtert, was diese oft auch anerkennen. Das motiviert, das spornt an.

Wenn wir als BetriebsrätInnen dann mit Aussagen wie „Ich gehe nur mehr wegen des Geldes arbeiten“ oder „Ich sage mir jeden Tag in der Früh, dieser Tag wird auch vorbeigehen“ konfrontiert sind, merken wir, dass etwas nicht stimmt und sehen Handlungsbedarf. Sich auf Positionen wie „Das sind nur vereinzelte Moment­aufnahmen“ oder „Die MitarbeiterInnen sollen froh sein, dass sie einen Job haben und ausreichend dafür bezahlt werden“ zurückzuziehen zeugt von einer mangelnden Bereitschaft, sich mit der Arbeitssituation der MitarbeiterInnen auseinanderzusetzen und auf ihre Probleme einzugehen.

Dabei würden schon einige Kurskorrekturen bewirken, dass es sowohl den MitarbeiterInnen als auch einigen Führungskräften im FSW besser ginge.

Notwendig dazu wäre eine Haltungsänderung gegenüber den MitarbeiterInnen. Mancherorts erleben wir im Betriebsratsalltag eine Kultur, oder besser gesagt eine Unkultur des wechselseitigen Misstrauens. Während die eine Seite davon überzeugt ist, dass MitarbeiterInnen unwillige Untertanen sind, die mit allen zu Gebote stehenden Mitteln diszipliniert werden müssen, sieht die andere Seite Herrschafts­attitüden, Verschwendung von Steuergeldern und Deprofessionalisierungstendenzen. Ständig neue Kontroll- und Disziplinierungsmassnahmen (Dienstanordnung Dienstfahrt als neues Beispiel) verschärfen diese Situation.

Die fehlende Berücksichtigung des Wissens der PraktikerInnen an der Basis bei organisatorischen Entscheidungen führt zu einem weiteren Motivations-Verlust.

Eine sinkende Motivation bedeutet auf der ökonomischen Seite ganz schlicht Verluste. Der Neuro­physiologe, Historiker und Biologe  Vogler hat in seinem Buch  „Warum arbeiten wir eigentlich hier?“ anhand von sechs Faktoren die entsprechenden Kosten aufgeschlüsselt und ist auf beeindruckende Zahlen gekommen. Untersucht hat er die Fluktuation im Unternehmen, innere Kündigung im engeren Sinn, angstbedingten Konsum von Medikamenten, Alkoholkonsum, Mobbing und durch Angst verursachte Fehlzeiten. Die ökonomischen Folgen von Demotivation trägt das Unternehmen,  die MitarbeiterInnen beklagen den Verlust ihrer Lebensqualität. Eine der zentralen Thesen von Vogler ist, dass die Reduktion des Managements auf betriebswirtschaftliche Faktoren, der Grund für diesen Sinn- und Lebensqualitätsverlust in der Arbeit ist: „Wo Finanzüberlegungen die einzigen Entscheidungs­kriterien sind, da erstickt das Leben. Ist es erst einmal so weit, zerstört sich dieses System selbst, denn auch die Finanzen leben vom Leben!“

In unserem Betrieb zentriert sich alles auf einen oft nicht nachvollziehbaren Leistungsbegriff. Seit Jahren bemühen sich die BetriebsrätInnen, dem entgegenzuwirken. Es gibt die Hoffnung, bei der neuen Betriebsvereinbarung zur Leistungsbewertung doch einiges verbessert zu haben.

Die einseitige Fokussierung, dass das Unternehmen die MitarbeiterInnen nur unter einem „Nützlichkeits-Aspekt“ wahrnimmt, ist eine Haltung, die sich negativ auf das Betriebsklima auswirkt. Und gute Leistung zu erbringen, fällt nun einmal in einem Betrieb mit gutem Betriebsklima leichter und macht dann oft sogar noch Freude. Ein Umstand, der sich auch positiv auf den Gesundheitszustand auswirkt, da sinnvolles, kreatives und anerkanntes Arbeiten zu den Grundbedürfnissen der Menschen zählt.

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