Der Zielpunkt-Konkurs und dessen Folgepleiten zeigen, wie wichtig der Insolvenz-Entgelt-Fonds ist.

Ohne den Insolvenz-Entgelt-Fonds würden die rund dreitausend betroffenen Beschäftigten um ihr Einkommen umfallen. Die Zielpunkt-Pleite wird nicht die letzte gewesen sein. Im Gegenteil: Die Krise – und vor allem die ruinöse Sparpolitik quer über Europa – wird noch weitere Firmen-Pleiten zur Folge haben. Mit weiter steigender Arbeitslosigkeit.

Umso wichtiger ist es, dass der Insolvenz-Entgelt-Fonds ausreichend dotiert ist. Das scheint mittelfristig allerdings nicht mehr gesichert! Unter dem Stichwort „Lohnnebenkostensenkung“ wurden die Beiträge zum Insolvenz-Entgelt-Fonds für Unternehmen mit 1. Jänner 2015 von 0,55 auf 0,45 Prozent gesenkt (prozentueller Zuschlag zum Arbeitslosenversicherungsbeitrag).

Konsequenz 1: Kein Ausräumen des IEF unter dem Titel „Lohnnebenkostensenkung“!

Im Rahmen des kürzlich beschlossenen Arbeitsmarktpakets wird der Insolvenz-Entgelt-Fonds einmal mehr „ausgeräumt“: Zwischen 2016 und 2018 sollen weiter die Beiträge zum Insolvenz-Entgelt-Fonds reduziert werden. Das ist unverantwortlich!

Dem Insolvenz-Entgelt-Fonds müssen jedenfalls so ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, dass sämtliche Ansprüche der ArbeitnehmerInnen gegenüber ihrem insolventen Betrieb abgegolten werden können.

Die logische Konsequenz kann daher nur sein: Keine Beitrags­senkungen zum Insolvenz-Entgelt-Fonds – der Insolvenz-Entgelt-Fonds muss jedenfalls finanziell ausreichend dotiert sein, um im Konkursfall die Einkommen der ArbeitnehmerInnen sicherzustellen!

Konsequenz 2: Keine Sozialisierung der Verluste und Privatisierung der Gewinne!

Speziell zum Zielpunkt-Konkurs sind sämtliche Maßnahmen und juristischen Schritte, die Licht ins Dunkel dieses Konkurses bringen – und insbesondere auch in die Immobiliengeschäfte im Vorfeld der Pleite – jedenfalls zu begrüßen und zu unterstützen. Die betroffenen Beschäftigten – und die Allgemeinheit – haben ein Recht auf umfassende Information.

Jedenfalls inakzeptabel ist auch in diesem Fall die Sozialisierung der Verluste und Privatisierung der Gewinne. Die Familie des Eigentümers Pfeiffer gehört mit einem Vermögen von 770 Millionen Euro zu den Hundert reichsten ÖsterreicherInnen (laut Trend, Juni 2015: Platz 43).

Sechzig Millionen Euro an Investitionen wären notwendig gewesen, um Zielpunkt weiter zu betreiben. Einmal mehr zeigt sich, wie dringlich eine umfassende Besteuerung von Vermögen ist: Es muss endlich Schluss damit sein, dass die sozialen Kosten von Pleiten und Konkursen – wie eben im Fall Zielpunkt – auf die Allgemeinheit abgewälzt werden, die Vermögen der EigentümerInnen allerdings unangetastet bleiben.

Konsequenz 3: Insolvenzrecht ändern – Betriebsübernahmen durch Belegschaften ermöglichen und erleichtern

Was in anderen Ländern – insbesondere der südlichen Hemisphäre – immer wieder passiert, ist in Österreich nach wie vor vollkommen unterentwickelt: Die Übernahme konkursreifer Betriebe durch die Belegschaften und die Fortführung in Form von „Genossenschaften“.

Im Rahmen des Jahres der Genossenschaften 2012 verabschiedete das EU-Parlament einen Bericht, in dem Genossenschaften insgesamt und ausdrücklich die Fortführung von Unternehmen in Form genossenschaftlich organisierter „ArbeitnehmerInnen-Selbstverwaltung“ – gerade in Krisenzeiten – als besonders unterstützungs- und förderungswürdig angesehen werden.

EU-Kommission und Mitgliedsstaaten werden in diesem Bericht aufgefordert, Genossenschaften – und insbesondere solche in ArbeitnehmerInnen-Selbstverwaltung – gegenüber anderen Unternehmensformen hinsichtlich Zugangs zu Darlehen, öffentlicher Unterstützung und Besteuerung begünstigt zu behandeln.

Wir wollen da anknüpfen: Im Rahmen von Insolvenzverfahren beziehungsweise Übertragung von Unternehmen ohne Erben sollen gesetzliche, organisatorische und strukturelle Rahmenbedingungen geschaffen werden, welche die Fortführung des Unternehmens im MitarbeiterInneneigentum („Selbstverwaltung“) begünstigt ermöglichen, fördern und begleitend unterstützen. Öffentliche Wirtschaftsförderungsinstrumente sollen verstärkt genutzt werden, um diese Betriebe entsprechend finanziell zu unterstützen.

Die Ursachen für Konkurse liegen oft in Managementfehlern. Betriebe werden gleichzeitig gar nicht selten ganz bewusst, zum Beispiel durch

  • absichtlich herbeigeführte Überschuldung,
  • Privatentnahmen auf Kosten der Unternehmens­substanz
  • oder aus Spekulationsmotiven

in den Konkurs getrieben, obwohl sie ökonomisch durchaus leistungs-, konkurrenzfähig und finanziell „gesund“ wären.

Zum Handkuss kommen die Beschäftigten. Hier soll die öffentliche Hand eine Weiterführung des Betriebs durch die Beschäftigten ermöglichen (mehr dazu im Artikel Belegschaft, übernehmen Sie!).

Konsequenz 4: Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik und Arbeitszeitverkürzung

Die steigende Arbeitslosigkeit in Industrie wie Handel macht jedenfalls einmal mehr deutlich:

Es braucht

  • einen grundlegenden Kurswechsel in der ­Wirtschaftspolitik,
  • ein Ende des ruinösen Sparkurses ­(„Austeritätspolitik“) und
  • beschäftigungsfördernde, sozial-ökologische ­Investitionen in Bildung, soziale Dienste, öffentliche Mobilität, umweltfreundliche Energien und ­Klimaschutzmaßnahmen.

Finanziert aus

  • vermögensbezogenen Steuern und
  • einer Abkehr von der rigorosen Budgetpolitik, etwa über eine „goldene Investitionsregel“, die zukunfts­orientierte Investitionen aus öffentlichen Schuldenständen herausnimmt.

Durch einen derartigen Kurswechsel würde Beschäftigung und damit Einkommen geschaffen, die Binnennachfrage gestärkt und ein Mehr an Verteilungsgerechtigkeit hergestellt.

Zusätzlich braucht es eine Verkürzung der Arbeitszeit – vom Überstundenabbau bis zur generellen Verkürzung in Richtung 30-Stunden-Woche mit einem fairen Beschäftigungs- und Einkommensausgleich – um Arbeit und damit Einkommen und Chancen gerechter zu verteilen.

Eine öko-soziale Steuerreform, die Umweltverschmutzung beziehungsweise -verbrauch steuerlich belastet und Arbeit entlastet, unterstützt und befördert den sozial-ökologischen Umbau.

Lesetipp: Mosaik-Blog, Zielpunkt – ein Schlag ins Gesicht

Quelle: Die Alternative

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