Was die Novelle des Gesund­heits- und Kranken­pflege­gesetzes hätte sein sollen und was sie wurde.

Was es hätte sein sollen:

Die Novelle des ­Gesundheits- und Kranken­pflegegesetz 2016 hätte zu einer Aufwertung der diplomierten Gesundheits- und KrankenpflegerInnen (DGKP) führen sollen.

Die Berufsvertretung fand die Idee gut, eine Aufwertung der DGKP auf Hochschulniveau ist in den meisten Ländern mittlerweile Usus. Damit hätte es auch finanzielle Verbesserungen der Arbeitenden gegeben.

Die Länder sehen in jeder neuen Gesetzesänderung die Chancen, Sparmaßnahmen unter zu bringen. Die Leistung am Krankenbett soll billiger werden.

Was es geworden ist:

Die Länder haben sich durchgesetzt. Die Ausbildungen werden reformiert und die Tätigkeiten neu festgeschrieben. Das Hochschulniveau (Bachelor) bringt eine höhere Ausbildung bei gleichbleibender (=geringer) Bezahlung.

Fazit:

Tätigkeiten, die ÄrztInnen vorbehalten waren, ­rutschen jetzt zu DGKP mit drei Jahren Ausbildung. Diese sollen, wenn es nach den Wünschen der Länder geht, trotz Bachelor dasselbe Gehalt bekommen.

Ein neuer Berufsstand wird eingeführt, die Pflegefach­assistenz mit zweijähriger Ausbildung. Diese soll zusammen mit der neuen Pflegeassistenz (einjährige Ausbildung) die meiste Arbeit an den PatientInnen übernehmen.

Somit stehen immer weniger ausgebildete Mitarbeiter­Innen am Krankenbett und es ergibt sich eine Kosten­ersparnis. Die Länder haben sich durchgesetzt. Dies wurde in einer der letzten Sitzungen vor der Sommerpause im ­Eilverfahren, als kurz vor der Sitzung eingebrachter ­Tagesordnungspunkt, mit Zustimmung der Gewerk­schaften und der Arbeiterkammer beschlossen.

Was bedeutet das für PatientInnen:

Immer weniger ausgebildete Pflegekräfte haben immer mehr Verantwortung und sogar Tätigkeiten, die früher ÄrztInnen vorbehalten waren. Klingt jetzt nicht gerade nach einer Verbesserung der Qualität?

Und für die Arbeitenden:

Löhne: die Länder sehen keine bessere Entlohnung vor. Somit wird es Aufgabe der Beschäftigten und deren Inter­essenvertretungen, diese durchzusetzen.

Bachelors, die nach der neuen Reform trotzdem DGKP heißen, machen Tätigkeiten, die früher ÄrztInnen vorbehalten waren.

PflegefachassistentInnen machen mit zweijähriger Ausbildung Tätigkeiten, die vorher bei den DGKP waren. Somit, nach der Tätigkeits-Logik, müssten PflegefachassistentInnen in Zukunft Gehälter im Ausmaß der jetzigen DGKP erhalten, und DGKP sollten irgendwo zwischen dem jetzigen Gehalt und den ÄrztInnen angesiedelt werden.

Bei den PflegeassistentInnen, die die PflegehelferInnen ablösen, sind auch einfache medizinische Tätigkeiten (zum Beispiel Blutabnahme) untergebracht, aber der gesamte Hauswirtschaftsteil ist aus der Ausbildung und Tätigkeit verschwunden. Hier sollte eine Besserstellung zu den ­jetzigen PflegehelferInnen erfolgen. Die Länder sehen das alles nicht vor.

Und was geschieht jetzt mit den DGKP,

die das Gesundheitssystem die letzten Jahrzehnte maß­geblich geschultert und getragen haben?

Wenn die Länder die Sparpläne durchsetzen, wird es nicht mehr genug Arbeitsplätze für DGKP’s geben. Diese müssen dann als günstigere Arbeitskräfte arbeiten, auf Stellen von PflegefachassistentInnen oder sogar Pflege­assistenz. Dies würde erhebliche finanzielle Einbußen nach sich ziehen. In einer Branche mit sehr hohe, Anteil an Frauen, die bereits jetzt niedrige Löhne haben!

Deswegen fordern wir von der Auge/UG eine Arbeitsplatz-Garantie von den Ländern.

Weiters sollen die notwendigen Aufschulungen der MitarbeiterInnen vom Arbeitgeber in vollem Umfang finanziert werden, das bedeutet auch, dass die Nachschulungen während der Arbeitszeit stattfinden müssen.

Wir können nicht zulassen, dass PolitikerInnen Lebensperspektiven von KollegInnen über den Haufen werfen. KollegInnen, die trotz Unterbesetzung, schlechter Löhne und Arbeitsbedingungen immer am Krankenbett waren. Auch hohe Arbeitsbelastung, Unterbesetzung und zu niedere Löhne machen krank. Somit sind wir wieder beim Thema: Politik kann ihre Gesundheit gefährden!

Und es braucht natürlich eine dementsprechende Finanzierung des Gesundheitsbereichs, wie wir bereits 2014 in einem Antrag der Bundesarbeitskammer gefordert haben:

Die Arbeiterkammer fordert daher die Bundesregierung auf, durch budgetäre Bereitstellung dafür zu sorgen, dass

  • insgesamt mehr Geld in den Sozialbereich fließt, damit dieser seine gesellschafts- und wirtschaftspolitisch wichtige Funktion erfüllen kann. Der Sozialbereich muss aus der Budgetkonsolidierung herausgenommen werden. Förderverträge sind so zu gestalten, dass sie eine mittel- bis langfristige ­Planungssicherheit hinsichtlich der Personalentwicklung, der Entlohnung sowie einer qualitativ hochwertigen Leistungs­erbringung ermöglichen
  • Einkommen im Sozial- und Gesundheitsbereich deutlich aufgewertet werden können und sich Löhne und Gehälter stärker in Richtung Durchschnitt aller Branchen entwickeln. Beschäftigte im Sozial- und Gesundheitsbereich müssen endlich auch jene finanzielle Wertschätzung erfahren, die ihrer gesellschaftlichen und ökonomischen Bedeutung entspricht
  • Arbeitszeiten und Arbeitsorganisation so gestaltet werden, dass genügend Zeit zur Verfügung steht, auf spezifische, ­individuelle Bedürfnisse jeder Klientin/jedes Klienten eingehen zu können, um eine qualitativ hochwertige – nicht „entmenschlichte“ – Hilfestellung leisten zu können.

Geschrieben von Stefan Taibl.

Quelle: Die Alternative

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