Was die Arbeit mit Menschen stressig macht: Wenig Geld und Unterstützung, hohe psychische Belastung.
Immer freundlich sein, auf die Bedürfnisse des Anderen eingehen, ständig in Kontakt: Wer mit Menschen arbeitet, braucht Geduld und Einfühlungsvermögen – egal ob im Krankenhaus, in der Pflege, im Kindergarten oder…
Emotionale und psychische Belastungen
Insgesamt sind Menschen, die direkt am oder mit dem Menschen arbeiten überdurchschnittlich hohen emotionalen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Der direkte Kontakt bringt in der positivsten Form einerseits die Möglichkeit, unmittelbar Anerkennung und persönliche Wertschätzung zu erfahren – in der negativsten Form aber andererseits die Gefahr, ebenso unmittelbar zur Zielscheibe von Unmut und Frustration zu werden.
Was macht diese Form der Arbeit so besonders – und was sind die größten Stressfaktoren:
- sich Konflikten und Streitigkeiten. stellen.
- mit Arbeitssituationen umgehen, die im Vorfeld nicht planbar sind
- ihre Gefühle verbergen und sich stärker als andere Beschäftigte emotional kontrollieren.
- Leistungen erbringen und Konzepte umsetzen, von denen sie persönlich nicht überzeugt sind
Viele unserer Kolleg*innen in der Pflege, in den Krankenhäusern und vor allem in den elementarpädagogischen Einrichtungen (Kindergärten) berichten von negativen Erlebnissen mit ihren Patient*innen und deren Angehörigen sowie mit den Eltern der Kindergartenkinder. Dazu gehören tätliche Angriffe, Beleidigungen, aggressives Verhalten oder Missachtungen, Hetze über Soziale Medien und Anzeigen bei Polizei und Staatsanwaltschaft. Vor allem im Gesundheits- und Bildungswesen sind die Wahrnehmung von unzureichenden Ressourcen sowie das Bewusstsein, nur bedingt helfen, unterstützen und bilden zu können, eine zusätzliche Belastung.
Zu wenig Zeit, Geld und Unterstützung
Der größte Stressfaktor ist jedoch der Zeitdruck: zu viel Arbeit bei zu wenig Zeit und zu wenig Personal. Diese Form der Arbeit bedeutet für die Mehrheit der Beschäftigten Arbeit in Hetze – unter der oft auch die Qualität leidet.
Ein weiteres Problem: Die besonderen Anforderungen, denen die Kolleg*innen ausgesetzt sind, werden sowohl bei der Entlohnung als auch bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen nicht ausreichend berücksichtigt. Vielen Beschäftigten fehlt es an finanzieller Anerkennung – und viele (eigentlich fast alle) erhalten von unserer Dienstgeberin keinerlei Unterstützung bei der Verarbeitung von psychisch belastenden Erlebnissen.
Auch Gemeindebedienstete können es sich nicht aussuchen, wann, wie oft und wie lange sie krank werden. Wo wirklich gehäuft und „besorgniserregend“ Krankenstände in einer Dienststelle auftauchen, empfiehlt sich statt individueller Kontrolle und Disziplinierung eine Analyse der Arbeitsbedingungen und -abläufe sowie des Betriebsklimas.
Unsere Forderungen zur psychischen und körperlichen Gesundheit:
- Die Dienstgeberin muss psychische Gesundheit als Arbeitsressource anerkennen. Jede psychische Instabilität verringert die Arbeitsleistung. Psychischer Druck muss daher vermieden werden. Das Arbeitsumfeld in der Dienststelle soll für psychische Stabilität sorgen, denn körperliche Gesundheit allein ist zu wenig für die effiziente Arbeit. Wertschätzung darf nicht nur an der Wand hängen, sondern muss gelebt werden.
- Die Freizeit muss unantastbar bleiben, sie ist kein Bereitschaftsdienst. Störungen von der Dienststelle in der Freizeit (Anruf, WhatsApp, E-Mail) darf es nicht geben. Zu einer gesicherten Work-Life-Balance gehört auch eine Planungssicherheit für Dienstpläne!
- Personalmangel ist ein abteilungsübergreifendes Problem – wir brauchen mehr Personal. Die Personalbedarfsberechnung (zuletzt evaluiert 1990) muss neu evaluiert werden. Die Personalberechnung in Pflege und Kindergarten muss nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen erfolgen und aufgewertet werden. In den Kindergärten muss der Personalschlüssel an den Betreuungsschlüssel nach Gruppengröße bindend festgemacht werden. Auch die Fehlzeitenberechnung (Krankenstand, Urlaub, Fortbildung, Schwangerschaft usw.) ist zu knapp und muss überholt werden.
- Wir brauchen ein effizientes und lückenloses Recruiting. Nachbesetzungen und Personalaufstockungen müssen unmittelbar nach Abgang oder Stundenreduktion, zum Beispiel durch Altersteilzeit, stattfinden, nicht erst in drei oder sechs Monaten und ohne interimistische Lösungen.
- Bei Vorgesetzten ansetzen: Psychische Probleme, die vom Arbeitsplatz ausgehen, sind die Ursache für viele Krankenstände. Die Leitungen sind dementsprechend zu schulen. Außerdem sollen Vorgesetze von den Mitarbeiter*innen beurteilt werden. Auch Führungskräfte müssen zu Verantwortung gezogen werden.
- Gesundheitsfördernde Maßnahmen, die niederschwellig sind, müssen angeboten werden. Dazu gehört zum Beispiel auch die Anschaffung von gesundheitsgerechten und adäquaten Arbeitsmitteln, wie Entlastungsstrümpfe für stehende Berufsgruppen (Antithrombosestrümpfe) oder rückenschonende Hilfsmittel.
- Arbeit darf nicht krank machen: Regelmäßige Kontrollen von Arbeitsmediziner*innen an den Dienststellen und im Dienstalltag müssen ermöglicht werden. Außerdem muss das Arbeitsmaterial hochwertig sein und dem Stand der Wissenschaft entsprechen.
- Wir brauchen eine proaktive Herangehensweise der Dienstgeberin an das Thema psychische Gesundheit. Supervision, einzeln und in Gruppen, soll als fixes Angebot eingeführt werden. Wir brauchen außerdem regelmäßige, niederschwellige Fortbildungen für alle Mitarbeiter*innen zum Thema psychische Gesundheit. Die regelmäßige Möglichkeit zur professionellen Psychohygiene für Mitarbeiter*innen, die häufig belastenden Situationen ausgesetzte sind, wie zum Beispiel Mitarbeiter*innen von Einrichtungen, die Kinder plus Familie betreuen und im psychischen Ausnahmezustand sind, muss angeboten werden. Für Teams fordern wir ein moderiertes Team Building – und auch die Möglichkeit einer Krisenintervention für Teams. Nur so kann eine effiziente und gesunde Zusammenarbeit langfristig sichergestellt werden.
- Das Problem mit ÖGK und KFA muss gelöst werden. Die KFA muss für alle Bediensteten zugängig gemacht werden.
- Zur psychischen und physischen Entlastung der erfahreneren Mitarbeiter*innen fordern wir einen Rechtsanspruch auf Altersteilzeit.
Was uns an den Dienststellen direkt helfen würde
Wir haben die Mitarbeiter*innen an fünf verschiedenen Dienststellen befragt, was ihnen direkt Erleichterung schaffen und sie so in ihrer psychischen und physischen Gesundheit unterstützen würde. Hier sind ihre Antworten:
Wiener Gesundheitsverbund:
- Kolleg*innen in Langzeiteinrichtungen der Pflege benötigen viel mehr Zeit für Patient*innen – ohne Zeit bringt die Berufsqualität nichts. Auch die
- Psychische Gewalt von Angehörigen an Pflegepersonal muss thematisiert werden.
- Der Personal-Patient*innen-Schlüssel muss verbessert werden.
- Die gesundheitsgefährdende Kleidung, die jetzt im Umlauf ist, muss abgezogen werden. Für Kolleg*innen der Gesundheitsberufe muss personalisierte Dienstkleidung zu Verfügung gestellt werden.
Rettung:
- Mindestens 3 Mitarbeiter*innen pro Rettungsauto
- Geregelte Pausen für Rettungsmannschaft
MA 18 Stadtentwicklung und Stadtplanung:
- Miterlebte Korruption wirkt sich negativ auf die Psyche der Mitarbeiter*innen aus. Die Politik darf keine rechtswidrige Einflussnahme bei der Vergabe von Aufträgen ausüben.
Büchereien Wien:
- Die Bücherkisten müssen kleiner werden und sollen nur noch bis 20 kg befüllt werden.
Parkraumüberwachung:
- Auch in der Parkraumüberwachung muss den Mitarbeiter*innen der Sanfte Wiedereinstieg ermöglicht werden.