Zwischen Fußballfieber und Identitärendemo.

Am 12. Juni 2016 gingen die dreitägigen Kritischen Literaturtage (KRILIT) in Wien zu Ende, die heuer leider nur zirka 250 BesucherInnen zählten. Gut um die Hälfte weniger als im Vorjahr, obwohl ein hochkarätiges Programm geboten wurde.

Isabelle Ourny (Verband Österreichischer Gewerkschaftlicher Bildung) eröffnete die alternative Buchmesse am 10. Juni und bezog sich in ihrer Rede auf das Programmsujet, das Bild „La letrice soumise“ (Die fügsame Leserin) von Rene Magritte, das eine lesende Frau zeigt, die, anders als Vermeers „Brieflesendes Mädchen am Fenster“, nicht traurig, sondern erschrocken auf das Gelesene blickt oder erschrocken ist über das soeben Erfahrene.

Ourny betonte in ihrer Eröffnungsrede die emanzipatorische und aufklä­rerische Funktion des Lesens, Momente, die wachrütteln. Es sind Momente, die den Zustand der Welt verändern können, wenn wir kritisch lesen, nicht fügsam bleiben, uns dem Blick auf die Welt nicht entziehen, sondern offen sind für das Gelesene und Perspektivenwechsel zulassen.

Kritisch Lesen setzt Grundkompetenzen voraus

„Kritisch lesen erstaunt! Kritisch lesen entsetzt!“, betont Isabelle Ourny. Ein kritisches Lesen der Geschichte Europas und Österreichs kann wahrlich entsetzen!

Aber kritisch Lesen setzt Grundkompetenzen, wie Lesen und Schreiben, voraus. Laut einer Statistik verfügen 11 Prozent der Erwachsenen in Österreich über niedrige Grundkompetenzen. Diese betreffen vor allem Lesen und Schreiben, einschließlich mathematischer Kenntnisse.

Die Fähigkeit, kritische Texte lesen und reflektieren zu können, setzt also viel früher ein. Besucher der KRILIT, die auch als linke Literaturmesse gilt, waren Menschen, die eher aus einkommensschwächeren Berufsgruppen kommend, nicht zu den zahlungskräftigen KonsumentInnen gezählt werden können.

Laut Aussage von Ulli Fuchs, Organisatorin der KRILIT, konnte das Antiquariat, wo preisreduzierte Bücher das Herz der BesucherInnen höher schlagen ließen und zum Kauf animierten, die meisten Umsätze verzeichnen. Weniger Einnahmen verbuchen konnten die sich präsentierenden kleinen Verlage, wie die Edition Tarantel, edition lex liszt 12, Verlagshaus Hernals, Edition Das fröhliche Wohnzimmer, Septime-Verlag und andere.

(Kollektiv)-Lesungen und persönliche Begegnungen

Zahlreiche Lesungen lockten BesucherInnen an, die zufällig vorbei kamen oder gezielt AutorInnen persönlich kennen lernen wollten. Herausragend und spannend erlebte ich die Lesung des Zaglossus-Verlages, auf der fünf AutorInnen aus ihrem Kollektivroman „Wollen schon“ lasen. Die leider zu wenig beachtete Kinderbuchaus­stellung vom Verlag Guthmann-Peterson dient weiterhin als Plattform für Leseförderung

Geschrieben von Cornelia Stahl.

Quelle: Die Alternative

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