– oder: Wie schwierig Oppositionsarbeit ist

Am 18. September nachmittags berichteten verschieden Medien in ihren Onlineauftritten, dass Christian Kern als SPÖ-Parteichef zurücktritt und sich in die Privatwirtschaft verabschiedet. Völlig überrascht hat er damit nicht nur die Presse sondern ganz offenbar auch seine Parteifreunde bis in die höchsten Funktionen.
Bis zum 18.00 Uhr Medienauftritt gab es aus seinem Umfeld lediglich ein dünnes Dementi zu Abgang in die Privatwirtschaft als Putins Gaskassier bei Gazprom. Dort wäre er mit dem deutschen Exkanzler Schröder bei 4 Aufsichtsratssitzungen pro Jahr – und rund 500.000,– Dollar Jahressalär – an einem Tisch gesessen.

Kern ist schon wieder weg

Alles nicht wahr. Seit 18. September 18.00 Uhr wissen wir’s. Kern hat sich selbst zum EU-Spitzenkandidaten der SPÖ ausgerufen. Seine Parteikollegen haben im Anschluss an seine Ankündigung diese Ansage demokratisch legitimiert. Ob eine Nominierung für welche Wahl auch immer so in den Statuten der SPÖ vorgesehen ist, darf wohl ernstlich bezweifelt werden.
In seinem Statement redet Kern von „Europäisches Erbe bewahren“ und „die Abrissbirne gegen Europa“ verhindern. Wie er etwas in Europa verhindern will, dass ihm im kleinen Österreich nicht gelungen ist, bleibt im Dunklen.
Ganz offenbar hat er von den parteiinternen Intrigen und vor allem der anstrengenden Oppositionsarbeit die Nase mehr als voll.
Als Oppositionsfraktion in der younion mit jahrzehntelanger Erfahrung wie diese Form der politischen Arbeit funktioniert und dass die damit verbundenen Aufgaben nicht einfach sind, können wir Kerns politischen Rückzug verstehen.
Sein Sohn versuchte es mit folgenden Worten auf den Punkt zu bringen:
„Ich denke mal, es war eher die Unzufriedenheit, dass er vorher als Kanzler alle Macht hatte, Dinge zu verändern. Die hat er als Oppositionsführer komplett verloren und da gegen den Beton der Regierung angelaufen ist. Egal wer man ist, so etwas frustriert mit der Zeit. Ich find es wirklich schade, aber schön, dass er es solange durchgehalten hat“
Bedauerlich, dass sich Kern nicht wirklich auf die Rolle des Ideengebers, Vorantreibers und dem rechtspopulistischen Gedankengut als Widerständler eingelassen hat. Der Weg wäre sicher unbequemer und aufreibender gewesen, doch der linke bis liberale Bevölkerungsteil in der Republik hätte sich‘s verdient.

Ja, so hart ist Oppositionsarbeit

Die KIV ist als Opposition zur Mehrheitsfraktion entstanden und gewachsen. Ja auch wir wissen, dass es manchmal zäh und gelegentlich umgangssprachlich zum Verzweifeln (Sch…..)ist. Wir haben die Ideen und leisten die Entwicklungsarbeit und die Mehrheitsfraktion nützt diese geschickt oder kupfert sie einfach ab und verkauft diese dann als ihre Leistung.
Besonders leidet die Opposition unter der Erscheinung der „Unfähigen“ an der Macht. Oft sind es nur andere Meinungen, manchmal jedoch an die Spitze gehievte unreflektierte, egozentrierte dem demokratischen Gedanken entfremdete Mitmenschen. Die, die sich ins gemachte Nest setzen, selbstverliebtes Blabla vom Podium ertönen lassen und andere zutiefst beleidigen und unzivilisiert beflegeln.
Tja, Oppositionsarbeit ist eben kein Zuckerlecken. Weder in der großen Politik noch in der Gewerkschaft. Und natürlich müssen wir uns auch als OppositionsvertreterInnen fragen, ob wir uns als Mächtige nicht vielleicht auch auf die „dunkle Seite der Macht“ schlägen.

Grafik: Freepik

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