Vollzeitbeschäftigte wollen kürzer, Teilzeitbeschäftigte länger arbeiten.

In der AK-Studie „Arbeitszeiten in Österreich: Zwischen Wünschen und Realität“ geht der Autor Michael Schwendinger der Frage nach, wie zufrieden denn österreichische ArbeitnehmerInnen mit ihren Arbeitszeiten sind.

Insgesamt arbeiten österreichische ArbeitnehmerInnen wöchentlich durchschnittlich 35 Stunden und 48 Minuten. Österreich liegt damit unter den zehn EU-Staaten mit den kürzesten Gesamtarbeitszeiten. Also: Eh alles paletti? Keineswegs! Die Gründe für diese verhältnis­mäßig kurzen Wochenarbeitszeiten sind nämlich weniger in allgemeinen Maßnahmen zu einer ­solidarischen Verkürzung der Arbeitszeit zu suchen als vielmehr Ergebnis ausgesprochen ungleich verteilter Arbeit und Arbeitszeit zwischen Voll- und Teilzeitbeschäftigten, zwischen Männern und Frauen.

Mit 28 Prozent Teilzeitbeschäftigten hat Österreich nach den Nieder­landen die zweithöchste Teilzeitquote in der Europäischen Union. Überwiegend betroffen sind dabei Frauen: 2014 arbeiteten knapp die Hälfte aller unselbständig erwerbstätigen Frauen – nämlich 47,6 Prozent Teilzeit.

Dagegen ist Teilzeit bei Männern mit 9,1 Prozent aller männlichen Beschäftigten ein Minderheitenprogramm. Sind die Gründe für weibliche Teilzeit vor allem in Pflege und Betreuung von Kindern und nahen Angehörigen zu suchen – und damit überwiegend „fremdbestimmt“, stellt sich die Situation für die wenigen Teilzeit arbeitenden Männer grundlegend anders dar. Sie arbeiten Teilzeit weil sie „selbstbestimmt“ Aus- oder Fortbildungsmaßnahmen in Anspruch nehmen.

Wenig verwunderlich daher, dass „Hausarbeit“ zu zwei Dritteln von Frauen erledigt wird. Werden Erwerbs- und Nichterwerbsarbeit zusammengezählt, arbeiten Frauen insgesamt 66 Wochenstunden, davon allerdings nur 59 Prozent bezahlt. Männer kommen auf 64,3 Wochenstunden, wovon allerdings 75 Prozent bezahlte Erwerbsarbeit sind.

Vollzeitbeschäftigte ÖsterreicherInnen arbeiten durchschnittlich 41,5 Wochenstunden. Österreich liegt damit ­hinter Großbritannien und Portugal auf Platz Drei. Ein wesentlicher Grund für diese ausufernden Arbeitszeiten: Die Überstunden. 2014 wurden insgesamt 269 Millionen Überstunden geleistet. Umgerechnet in Vollzeitäquivalenten entspricht das rund 144.000 Vollzeitarbeitsplätzen. Ein Fünftel der Überstunden (21 Prozent) wurden nicht bezahlt. Siebzig Prozent der Überstunden wurden von Männern, dreißig Prozent von Frauen erbracht.

„Gender Time Gap“

Wie es zwischen Männern und Frauen den „Gender Pay Gap“ gibt, gibt es auch einen „Gender Time Gap“, also den Arbeitszeitunterschied zwischen Männern und Frauen. Frauen arbeiten (Erwerbsarbeit) 8 Stunden und 36 Minuten weniger als Männer. In Prozenten ausgedrückt beträgt der Gender Time Gap 21 Prozent.

Arbeitszeitwünsche

Über alle Beschäftigten hinweg betrachtet wollen Vollzeitbeschäftigte durchschnittlich um eine Stunde und 48 Minuten je Woche kürzer, Teilzeitbeschäftigte um zwei Stunden und 42 Minuten länger arbeiten.

Ein ebenso ausgeprägter Wunsch nach Arbeitszeitverkürzung besteht bei älteren ArbeitnehmerInnen. Je älter, desto stärker ist das Bedürfnis nach kürzeren Arbeitszeiten. Die Über-56-jährigen haben im Durchschnitt den größten Wunsch nach einer Arbeitszeitverkürzung.

Es gibt allerdings zwei Altersgruppen von Arbeitneh­mer­Innen, die mehrheitlich den Wunsch nach längeren Arbeitszeiten äußern:

  • Das ist einerseits die Gruppe der Frauen um die Dreißig. In dieser Altersgruppe nimmt der Gender Time Gap bei bezahlter Arbeit besonders stark zu, in dieser Altersgruppe zeigt sich besonders deutlich, dass der Anteil der unbezahlten Arbeit – in diesem Alter insbesondere auf die Kinderbetreuung zurückzuführen – zum größten Teil von den Frauen geleistet wird.
  • Andererseits ist das die Gruppe der 20- bis 24-Jährigen. In dieser ArbeitnehmerInnengruppe besteht bei Teilzeitbeschäftigten der ausdrückliche Wunsch nach Arbeitszeitverlängerung. Auch wenn bei Vollzeit­beschäftigten der Wunsch nach Arbeitszeitverkürzung besteht, bleibt in Summe ein Wunsch nach Arbeitszeitverlängerung

Konklusio

  • Die Forderung nach einer allgemeinen Arbeitszeitverkürzung ist eine, die unmittelbar an realen Wünschen der ArbeitnehmerInnen anknüpft. Vollzeitbeschäftigte wollen „kürzeren Vollzeitstandard“, Teilzeitbeschäftigte „längere Teilzeit“ arbeiten.
  • Unsere Forderung nach einem Einkommensschutz beziehungsweise Mindestarbeitszeiten bei Teilzeit würden dem Wunsch nach „längerer Teilzeit“ damit nicht nur entsprechen, sondern diesen legislativ ­absichern. Die AUGE/UG fordert ja einen Mindeststundenlohn von 9,80 Euro (entspricht 1700 Euro bei Vollzeit/Monat) und eine Mindestarbeitszeit (zum Beispiel 20 Wochenstunden, das wäre eine Einkommensuntergrenze bei Teilzeit von 849 Euro/Monat), um Einkommen aus Teilzeit nach unten abzusichern.
  • Der Abbau von Überstunden ist ein wesentlicher Beitrag zu einer Verkürzung der Arbeitszeiten und einer gerechteren Verteilung von Arbeit. Dazu braucht es einerseits eine gesetzliche beziehungsweise kollektivvertragliche Einschränkung der Möglichkeiten Überstunden zu leisten, andererseits braucht es eine Verteuerung von Überstunden, um diese weniger attraktiv zu machen.
  • Der flächendeckende Ausbau qualitativ hochwertiger und bedarfsgerechter Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen ist voranzutreiben. Zusätzlich braucht es umfangreiche Investitionen in soziale Dienste um den vorhandenen Pflege- und Betreuungsbedarf abdecken zu können. Diese Maßnahmen würden insbesondere Frauen zugute kommen – sowohl unmittelbar, entstehen doch überwiegend Frauenarbeitsplätze, als auch mittelbar – wird doch Frauen, die nach wie vor überwiegend häusliche Betreuungs- und Pflegearbeit verrichten müssen dadurch vielfach überhaupt erst ermöglicht, einer Erwerbsarbeit nachgehen zu können beziehungsweise Teilzeitarbeit hinsichtlich den Stundenumfangs aufstocken zu können.

Quelle: Die Alternative

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