Podiumsdiskussion im Rahmen des Aktions­zyklus „Mit Herz und Verstand“.

Teil des Zyklus war die am 10. September 2015 im Bildungszentrum der Arbeiterkammer Wien stattgefundene Podiumsdiskussion für betroffene MitarbeiterInnen im ­Gesundheitsbereich.

Am Podium waren mit Biju Onatt (DGKP), Mag. Markus Koza (UG-Vorsitzender), Silvia Tauchner (DKKS), Margot Ham-Rubisch (Wiener Pflege- und PatientInnenanwaltschaft), Dr.in Schirin-Martina Missaghi (Anästhesistin) und Mag.a Sonja Müllner (DGKS – FSW) sowohl VertreterInnen der Beschäftigten als auch der PatientInnen anwesend.

Markus Koza

widmete sich der Frage, inwiefern sich der Nutzen einer Arbeit für die Gesellschaft im Lohn niederschlägt. Unter „Nutzen“ sind dabei all jene negativen Auswirkungen auf die ­Gesellschaft gemeint, die eintreten würden, würde die Arbeit nicht erbracht, bzw. auch die Kosten, die der Gesellschaft ohne der erbrachten Arbeit in Form von Folgekosten etc. entstehen würden. Dabei zeigt sich, dass Arbeit im Gesundheits- und ­Sozialbereich generell einen hohen gesellschaftlichen Nutzen hat, jedoch besonders schlecht entlohnt wird: So spart eine ­Reinigungskraft im Krankenhaus der Gesellschaft für jeden in Form von Lohn investierten Euro zehn Euro an Folgekosten. Grundsätzlich liegen die Einkommen im Gesundheits- und ­Sozialbereich, als typische Frauenbranchen, allgemein ca. 20% unter dem Einkommensdurchschnitt anderer Branchen. Es braucht also eine Anhebung von Fraueneinkommen und eine Schließung der Einkommensschere.

Sonja Müllner

analysierte, warum für die Arbeit im Gesundheitsbereich mehr bezahlt werden sollte. Wie Markus Koza führte auch sie die verhältnismäßig geringen Gehälter im Gesundheits- und Sozialbereich darauf zurück, dass dies traditionelle Frauenbranchen sind. Da die Pflege immer noch als Berufung und Dienst am Nächsten gesehen wird, ist die Bezahlung hier zusätzlich ein schwieriges Thema. Fakt ist, dass Österreich bei der ­Einkommensschere hinter Burundi und Bulgarien auf Platz 36 liegt. Dies gilt es unbedingt zu verbessern. Pflege bekommt auch immer mehr Verantwortung – dies muss sich im Gehalt widerspiegeln, auch ohne Zulagen. Denn diese bedeuten vor allem für Frauen mit Kindern massive Einkommensverluste, da weniger Wochenend- und Nachtdienste übernommen werden können. Pflege muss auch als Teil der Wertschöpfungskette angesehen werden und gegen die unfreiwillige Teilzeitarbeit, die meistens Frauen trifft, muss vorgegangen werden.

Silvia Tauchner

berichtete über die Probleme des KAV-weit ­angedachten Skill & Grade Mix und sprach weiters über die ­problematischsten Änderungen in der vorgeschlagenen Novellierung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes, welche von allen Fachgewerkschaften einstimmig abgelehnt werden. Bei der Durchsicht der angedachten Novelle erweist sich vor allem die Änderungen des §17 zu den bisher verpflichtenden ­Spezialisierungen als äußerst kritisch, denn die Pflicht zur Spezialisierung in der Pflegeausbildung soll fallen, was zu einem extremen ­Qualitätsverlust führen würde.

Von einer Novelle des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes erwartet sich die KIV Verbesserungen, keine Verschlechterungen, und fordert klare Zuständigkeiten, Unterstützungskräfte für die Pflege, eine bundesweit einheitliche Personalberechnung, Tagesabläufe ohne Stoppuhr (PPR), ausreichend Ausbildungsplätze zur Deckung des gesellschaftlichen Bedarfs, die Gewährleistung von Aus- und Weiterbildung unabhängig vom Budget sowie bezahlte Praktika.

Schirin-Martina Missaghi

gab einen Bericht zu den Auswirkungen der neuen, verkürzten ÄrztInnenarbeitszeit, die dem ­Krankenhauspersonal momentan zu schaffen macht. Diese ist kein gesamtösterreichisches Problem, sondern die Stadt Wien ist liegt hier deutlich zurück. Das Hauptproblem ist, dass alle Neu­erungen (ÄrztInnenausbildung neu, neue ÄrztInnen­maximal­arbeitszeiten, Übernahme der mitverantwortlichen ­Tätigkeiten durch die Pflege) in der Hauptstadt von heute auf morgen umgesetzt wurden. Während die Umstellung in anderen Bundesländern, wie zum Beispiel in Niederösterreich, ein längerer Prozess war, der auch mit Personalaufstockungen von ­+20 – 30% einherging, kommt in Wien kein neues Personal hinzu, im ­Gegenteil. Es kommt dadurch zu einer absoluten ­Arbeitsverdichtung, die sich zusammen mit den unbesetzten Stellen zu einer Lawine summiert, und eine Lösung ist nicht in Sicht. Die ­Stimmung in der ÄrztInnenschaft ist generell extrem schlecht und viele überlegen sich, zu gehen.

Margot Ham-Rubisch

schilderte, als Mitarbeiterin der Pflege- und PatientInnenanwaltschaft, die Auswirkungen des Personalmangels im Gesundheitsbereich, die die PatientInnen direkt ­bemerken und melden. Dazu gehören vor allem Behandlungs- und Versorgungsmängel, die mit fehlender Kommunikation zu tun haben, die durch den Zeitmangel zum Beispiel bei Aufklärungsgesprächen, entstehen. Sie berichtet, dass sich die ­PatientInnen dadurch oftmals nicht gut behandelt fühlen. Eine weitere Auswirkung des Personalmangels sind die extremen ­Verknappungen bei und langen Wartelisten auf Therapien und Operationen, aufgrund derer die privaten Zuzahlungen bzw. die Forderungen nach privaten Zuzahlungen von Seiten der behandelten ÄrztInnen vor allem bei der Augen- und Neurochirurgie zunehmen. Wartelisten können dabei immer öfter durch private Zahlungen (mit und ohne Rechnung) übersprungen werden. Der Personalmangel öffnet diesem System Tür und Tor. Selbes gilt auch für Therapien für Kinder. Arm und krank, reich und gesund ist eigentlich schon Realität, insofern, als dass man mit Geld schneller behandelt und dadurch schneller wieder gesund wird.

Diese Podiumsbeiträge waren gefolgt von einer regen Diskussion. Alle Beiträge sowie Ausschnitte der Diskussion gibt es auch zum Nachsehen auf Youtube.

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