Wenn Arbeit krank macht
- KIV Redaktion

- 9. Nov. 2023
- 2 Min. Lesezeit

„Die sich verändernden Lebens-, Arbeits- und Freizeitbedingungen haben entscheidenden Einflussauf die Gesundheit. Die Art und Weise, wie eine Gesellschaft die Arbeit, die Arbeitsbedingungen unddie Freizeit organisiert, sollte eine Quelle der Gesundheit und nicht der Krankheit sein.“ (WHO 1986)
Wenn eine Arbeitssituation von hohen physischen und psychischen Anforderungen geprägt ist (insbesondere Zeitdruck, Hektik und widersprüchliche Arbeitsanforderungen), zugleich aber niedrigenKontroll- und Einflusschancen gegenübersteht (also geringe Möglichkeiten zur zeitlichen, inhaltlichenSelbstgestaltung oder zur Entwicklung und Nutzung beruflicher Kompetenz), dann entstehen Stress-erfahrungen am Arbeitsplatz.
In chronischer Form können solche Stresserfahrungen langfristig das Risiko von (stressassoziierten)Erkrankungen erhöhen, und zwar aufgrund des dauerhaften Aktivierungszustandes und der Unfähigkeit, angemessene Entspannungsreaktionen, die sich normalerweise nach Kontrollausübung bzw.erfolgreicher Meisterung der Anforderungen einstellen, zu erleben.
Arbeitsbedingungen stehen in einem direkten Zusammenhang mit der individueller Gesundheit.Demnach entsteht Stress, mit seinen negativen Auswirkungen auf die Gesundheit, in Form vonHerz-Kreislauf-Beschwerden, psychischen Erkrankungen oder auch Erkrankungen des Bewegungsapparats,dann, wenn eine Arbeitssituation von hohen Anforderungen (wie z. B. Zeitdruck oder Hektik),zugleich aber auch von niedrigem Gestaltungsspielraum geprägt ist. Dieser Zusammenhangverstärkt sich noch weiter, wenn sozialer Rückhalt am Arbeitsplatz fehlt und wenn die berufliche Leistungüber einen längeren Zeitraum (z. B. aufgrund einer übersteigerten Leistungsbereitschaft) nichtangemessen belohnt wird, wobei diese in Gehalt, Anerkennung oder Aufstiegsmöglichkeiten stattfinden kann.
Wie sieht es bei der Stadt Wien aus?
Auch hier steigt der Arbeitsdruck über die letzten Jahre signifikant. Das oftmalige Nichtnachbesetzen von Dienstposten,Fehlen notwendiger Karenzvertretungen und Vertretungen bei Krankenständen oder ein eklatanter Personalnotstand von Fachpersonal, wie in den Wiener Kindergärten und dem Gesundheitsverbund, führen zu anhaltenden Stresssituationen durch Überbelastung.
In den seltensten Fällen hängt dieser Umstand mit mangelnder Selbstkompetenz zusammen, obwohlgerne darauf verwiesen wird. Seminare, welche sich mit Zeitmanagement oder Selbstmanagementbeschäftigen, sind hier nicht wirklich dienlich.
Das vorgeschriebene Arbeitspensum ist zu erreichen, individuelle Befindlichkeiten haben keinenPlatz. Menschen, die mit Menschen arbeiten, können diese nicht einfach wie Akten stapeln und imBedarfsfall am nächsten Tag erledigen.
Ohne Rücksicht auf Verluste – welchen Wert hat der Mensch im Arbeitsleben?
Wie schon wiederholt berichtet, steigen auch bei der Stadt Wien Burn-out-Erkrankungen und dieZunahme des Konsums von Psychopharmaka. Auch die Absackerrunde nach dem Dienst mit Bier oder demeinen oder anderen Achterl ist kein Geheimnis. Durchhalten und Aushalten wird zur höchstenPrämisse. Briefe der Dienstgeberin, welche bei längeren Krankenständen den Kolleg*innen vermitteln, dass nunihre Teams leiden, da ihre Arbeiten mitübernommen werden müssen, sind auch keinZeichen für wertschätzenden Umgang mit Mitarbeiter*innen.
Generell darf in Zeiten, da das Pragmatikum im Auslaufen begriffen ist und damit die Kündigungen beiNichterbringung der gewünschten Leistungen der Vertragsbediensteten und den Mitarbeiter*innen imneuen Bedienstetengesetz ein Leichtes ist, gefragt werden, wo uns die neue Arbeitswelt hinführen möchte.


