Digitales Burnout

Digitales Burnout: Ein endloser, 24-Stunden-Strom an dienstlicher und privater Verfügbarkeit, aus der wir uns nicht mehr herausbewegen können oder wollen. Immer top informiert, immer präsent – eine Dauerschleife ohne Pause im digitalisierten Alltag.

Aus unseren Leben mit ein bisschen Onlinesein ist ein Onlineleben geworden. Das Risiko wird unkalkulierbar, wenn es keine klare Trennlinie zwischen sinnvoller und sinnloser Mediennutzung mehr gibt, also ein digitaler Dauerzustand eintritt.

Hier eine Mail, da eine Terminerinnerung, dazwischen ein Facebook-Check, jetzt schnell noch die aktuellen Tagesnachrichten und eine WhatsApp – Nachricht an die Kolleg*innen, wegen der Homeoffice Einteilung ausschicken und dann zur Onlinekonferenz – alles geschafft!

Immer online

Viele von uns, sind mehr oder weniger gezwungen oder freiwillig immer online. Unser dienstliches-/ aber auch privates Ge-genüber erwartet augenblicklich eine Rückmeldung auf eine Nachricht, erwartet Antworten und Lösungen oder ein Like zur Bestätigung.

Das schlaucht und verbraucht unendlich viel Energie. Corona hat die Stärken und Schwächen der Digitalisierung in unserem Leben nochmals sichtbarer gemacht. Ein bisschen Dr. Jekyll und Mister Hyde – von der angenehmen Ressourcenoptimierung bis zum digitalen Burnout und der Angst den Job an Künstliche Intelligenz zu verlieren, aber arbeitslos dafür mehr Zeit für Onlinefeste, Internetshopping und Netflix zu haben.

Digitalisierter Stress in einer müden Gesellschaft Für eine Studie zum „digitalen Stress“ wurden von dem Team der Fachhochschule (FH) Oberösterreich, der Uni Linz und der Universität Bonn (noch vor der Coronakrise) 3.333 Menschen in Österreich, Deutschland und der Schweiz zu dem Thema online befragt. Auff allend viele Befragte leiden darunter, dass sie ständig erreichbar und auf mehreren Kommunikationskanälen gleichzeitig gefordert sind, dass sie mit dem Tempo der IT-Vor-gaben nicht mehr schritthalten können, dass sie ihre digitalen Werkzeuge sie allzu oft lange warten oder gleich ganz im Stich lassen, dass der digitale Stress ihre Work-Life-Balance spürbar gefährdet. Interessanterweise sind Jüngere mehr gestresst als Ältere. Aus Experimenten wusste man bisher, dass Männer frü-her die Nerven wegwerfen als Frauen.

Digitales Burnout – emotionale Erschöpfung als Kind der Generation „Ich will alles – und das sofort“. Wenn eine medizinisch anerkannte Krankheit (Burnout) mit dem Wandel zu einer Digitalisierung der Gesellschaft in Zusammenhang gebracht wird, stehen wir als Interessenvertreter*innen und Gewerkschafter*innen neben der Dienstgeberin vor großen Aufgaben. Unsere Arbeitsplätze sind zunehmend gespickt mit digitalen Tools und Kommunikationsmitteln. Und hier sind nicht nur die klassischen Büro- und Managementjobs gemeint. Alle Berufe werden durch die Digitalisierung bereichert oder geknechtet. Besonders jene Berufe sind betroff en, die im Eigentlichen auf die unmittelbare Arbeit mit Menschen ausgerichtet sind. Bildung, Pflege und Soziales – hier sollte der Mensch im Mittelpunkt stehen, doch die zunehmende Doku-mentationspflicht und Kund*innenbetreuung läuft der Alltag aus dem Runder.

Gesunde und wertschöpfende Digitalisierung

An der Digitalisierung kommen wir alle nicht vorbei, also müssen wir als Personalvertretung und Gewerkschaft Regeln und Rahmenbedingungen sozialpartnerschaftlich mit der Dienstgeberin definieren: Auf flexible Arbeitsmodelle folgt sonst die ständige Erreichbarkeit.

  • Kontinuierliches Feedback und Mitarbeiterbefragungen zur Arbeitsbelastung
  • Kommunikationsvereinbarungen bezüglich Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit, Reaktionszeiten auf Anfragen (Beispiel E-Mails)
  • Sinnvolle Begegnungen schaffen, die digitale Pausen ermöglichen (Beispiel: feste Meetingzeiten)
  • Flexible Arbeitszeitgestaltung als Teil einer modernen Unternehmenskultur, die Arbeit und bewusst Erholungsphasen definiert
  • Einsatz und Erlaubnis von Zeitmanagement- und Selbstorganisationstools, die in Teilen für andere einsehbar sind und die signalisieren, wann jemand ungestört arbeiten will
  • Berufsgruppen aus den Bereichen Bildung, Soziales und Gesundheit von der überbordenden Dokumentationsflut befreien und dort wo es notwendig ist von Administrator*innen übernehmen lassen
  • Flächendeckendes Beschwerdemanagement bei der Stadt Wien
  • Bereitstellung von Dienstgeräten (PC und Handy) bei Telearbeit und Homeoffice
  • Digitalisierte Burnout- Gefährdung bei Gesundheitsuntersuchungen bzw. verbindliche Schulungen einbeziehen (auch für Führungskräfte im Sinne der Fürsorgepflicht für die Dienstnehmer*innen)
  • Die Unternehmenskultur der Stadt Wien entsprechend in die richtigen Bahnen zu lenken – Vorbildfunktion von Führungskräften, Erwartungshaltung an Mitarbeiter*innen, Abschaffung veralteter Disziplinierungsmethoden in der Führung

Abschlussbemerkung: Manchmal denken wir, wenn wir überhaupt noch denken, zu kurzfristig. Ich habe eine Verantwortung gegenüber mir selbst und meinem Leben. Der Avatar in einer digitalen Welt kann auch ins Burnout fallen und vielleicht sogar versterben. Wir müssen dann möglicherwei-se einen neuen Avatar kreieren um weiterspielen zu können – diese Möglichkeit haben wir in der realen Welt nicht. Es ist durchaus erfrischend, das Smartphone zur Seite zu legen und mit dem Gegenüber eine Unterhaltung zu führen.

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