Sonderpädagogik: Selbst die umfassendste Ausbildungsreform wird erst langfristig Früchte tragen. Ein beachtlicher Teil der momentan fehlenden Pädagog*innen sind Sonderpädagog*innen bzw. Inklusive- und Sonderpädagog*innen. Sie brauchen wir mindestens genau so dringend, denn die Anzahl der Kinder, die in ihrer Entwicklung Aufholbedarf hat, steigt bereits seit Jahren an. Um eben diesen Bedarf zu erheben, werden Statistiken geführt. Die Auswertung ist intern nicht so einfach zugänglich und ihre Auswirkungen für das freie Auge nicht gleich ersichtlich.
Es ist aber jedem in der Praxis klar, dass es kaum eine (Regel)Gruppe gibt, die keine Kinder mit erhöhtem Betreuungsaufwand in der täglichen Bildungsarbeit begleitet. Durchschnittlich sind es sogar mehrere Kinder.
Allein der Begriff „erhöhter Betreuungsaufwand“ ist schon irreführend. Es geht an unseren Standorten nämlich schon lange nicht mehr um Betreuung, wenn das überhaupt jemals so war. Mag sein, dass es Menschen so empfinden, wenn sie über ihr Arbeitsleben nachdenken und merken, dass sich jemand währenddessen um ihr Kind kümmern sollte. Tatsächlich handelt es sich allerdings um Bildungsarbeit.
Sonderpädagogik und Mobile Entwicklungsförderung: Expert*innen, die ausgebremst werden
Eben diese Bildungsarbeit zeigt schnell, wo die besonderen Bedürfnisse und Aufholerfordernisse für ein Kind liegen. Die Expert*innen der Mobilen Entwicklungsförderung können dann zu Rate gezogen werden, wenn es um die Einschätzung einer Situation, aber auch um die Umsetzung der erwünschten individuellen Entwicklungsbegleitung, Elterngespräche, interdisziplinäre Vernetzung intern und extern und die Schaffung eines entwicklungsfördernden Umfelds und Rahmens geht.
Expert*innen aus Psychologie, inklusiver Elementar- und Hortpädagogik, Physiotherapie und Sprachheilpädagogik bzw. Logopädie unterstützen die Standorte mit ihrer Fachkompetenz. Ihre Terminkalender sind voll und der Zeitdruck manchmal enorm. Oft geht es darum, Kinder „unterzubringen“, aber das garantiert noch nicht den individuell geeigneten Platz, denn der existiert oft nicht oder ist schon besetzt.
Es ist kaum möglich, allen Anfragen so schnell nachzukommen, wie man es möchte und gleichzeitig ist die oberste Prämisse, dem Kind die bestmöglichen Entwicklungschancen zu eröffnen, durch genaue Beobachtung, qualifizierte Einschätzung und individuelle Anpassung der Maßnahmen. Das alles immer in Kooperation mit der zuständigen Fachkraft und unter Rücksichtnahme auf deren Erfahrung, Ausbildungsstand und Ressourcen. Es versteht sich von selbst, dass das Zeit braucht, die der Personalstand aber nicht immer ausreichend zulässt.
Die Rechnung ist eine einfache. Die enormen Herausforderungen in den Gruppen spiegeln sich beim genauen Hinsehen auch im Referat Mobile Entwicklungsförderung. Auch dieser Bereich braucht personelle Ressourcen. Expert*innen fallen nicht vom Himmel und sie helfen die Qualität innerhalb der Institution auf einem hohen Level zu halten.
Kinder, die für ihre Chancengleichheit das Quäntchen mehr an Pädagogik brauchen, brauchen nicht nur einfach dringend einen Platz in einem Hort oder Kindergarten, sondern den für sie geeigneten Ort. Das braucht genügend Zeit für die Einschätzung und Begleitung durch die Mobile Entwicklungsförderung und das braucht die freien Plätze.