Oder: „Ana hat immer des Bummerl“

So ähnlich scheint derzeit die Devise im Bildungssystem zu sein, denn wenn man den Berichten der Medien Glauben ­schenken darf, beruht ein (nur in Nebenbemerkungen publizierter) Teil der ­geplanten „Bildungsreform“ auf den ­Kindergärten.

Wenn etwas gut geht, bejubelt sich der politische Einfluss selbst, wie z.B. bei ­Erfolgsmeldungen, dass das verpflichtende letzte Kindergartenjahr in der Volksschule spürbare positive Effekte – aus Sicht der Lehrkräfte – nach sich gezogen hat. Darum ist es auch nicht verwunderlich, dass nach einem unrühmlichen Pisa-Ergebnis sofort die Lösung lautet: Ein zweites „Pflichtkindergartenjahr“ muss her, das wird’s schon richten.

Sobald es aber um unabdingbare Forderungen der Menschen vor Ort geht (die den „Erfolg“ ja erst möglich machen), hüllt sich die hohe Politik in glanzvolle Worthülsen, um gleichzeitig ebenso ­salbungsvoll darzulegen, warum z.B. eine Aufstockung der Dienstposten nicht machbar sei. Dabei sind die Anliegen der KollegInnen von eminenter Bedeutung und keineswegs selbstsüchtige Eigeninteressen.

Bleiben wir beim Beispiel der Dienstposten.

Wien wächst und damit der Bedarf an Kindergartenplätzen. Soweit so gut. Da reicht es aber nicht, neue Häuser/Gruppen unter reichlich Medienpräsenz im „Feiertagsmodus“ freudigst zu eröffnen. So schön und richtig es ist, dass neue Standorte mit einer Architektur und Ausstattung nach den neuesten pädagogischen Erkenntnissen entstehen, so ärgerlich mutet es an, wenn diese aufgrund mangelnder SpezialistInnen (und das sind die MitarbeiterInnen der MA 10 in den ­Wiener Kindergärten) nur ­bedingt genützt werden ­können. Denn wenn etwa kein ausgebildetes Personal Bewegungsbaustellen begleiten kann, ist dies nicht nur mehr als bedauerlich für die Entwicklung der Kinder, ­sondern auch ein finanzielles Desaster, teure Module in einer Warteposition quasi „in der Ecke ruhen zu lassen“. Sollten die Kinder trotz Personalmangels Zugang zu so einem Angebot bekommen, ist das eigentlich grob fahrlässig in Bezug auf die Aufsichtspflicht (entweder der Gruppe der hier aktiven Kinder oder jener Gruppe, die „mitbetreut“ wird).

Nicht die Zeiten des strahlenden Auftakt-Elans sind für Entwicklungen von Bedeutung, sondern der Alltags-Enthusiasmus.

Dieser wird sicher nicht dadurch gefördert, dass permanent neue Dienstpläne erstellt werden müssen, weil Personal ausfällt (nicht nur bei Grippewellen).

Ebenso wenig durch einen wahren Info-Tsunami, der sich in immer kürzer ­werdenden Abständen über die KollegInnen ­ergießt. Information ist nötig und ­gewünscht, aber beim derzeitigen Stand der Dinge wird weder bedacht, wann der Berg der schriftlichen Meldungen gelesen werden kann (neben den Kindern wird das wohl schwer gehen, da die Aufsichtspflicht nicht stillgelegt werden kann und auch der Lärmpegel der Konzentration nicht förderlich ist) und wie diese ­gefühlte tägliche Flut an Richtlinien, Weisungen u.dgl. im Gehirn abgespeichert werden soll, um abrufbereit ­umgesetzt werden zu können.

Neue Pädagogische Erkenntnisse machen ein neues Arbeiten, Denken und Planen nötig.

Dazu bedarf es entsprechende (von täglichen bis monatlichen) Austauschzeiten ohne Kinderdienst, sowohl für Subteams als auch für das Gesamtteam. Mit den derzeitigen Personalressourcen ist eine gewohnt hohe Qualitätssicherung fast nicht möglich und alles beruht auf der Freiwilligkeit und des hohen Eigenanspruchs der MitarbeiterInnen aller Bedienstetengruppen – natürlich von der „Obrigkeit“ der EntscheidungsträgerInnen weder finanziell noch anderwärtig abgegolten.

Viele Bediensteten sind ob der mittlerweile schon jahrzehntelangen unbefriedigenden Situation physisch und psychisch ausgelaugt. Da auch kein Ende der Misere in naher Zukunft erkennbar ist, brechen bei vielen Menschen irgendwann die (zu) lange aufrecht erhaltenen Systeme und diese KollegInnen werden krank, meist für sehr lange Zeit. Oder es werden subjektive Ausstiegsszenarien gesucht, die leider mit Dienstentsagungen enden. So beginnt sich die Abwärtsspirale immer intensiver, immer schneller zu drehen und die im Dienst verbleibenden MitarbeiterInnen werden noch mehr belastet.

Da nützen auch keine neu geschaffenen Berufsgruppen, denn diese werden – so sie dann wirklich in der Realität ankommen – schlagartig in die gleichen Fallen tappen wie das derzeitige Personal. Der Glaube, dass die AssistenzpädagogInnen laut ursprünglich angelegtem Verwendungsprofil tatsächlich ZUSÄTZLICH in den Kindergartengruppen eingesetzt ­werden, entspricht in etwa dem Glauben, dass die zusätzliche Vorbereitungszeit ­allgemein umgesetzt wird.

Ein ehrliches, anonymes Erforschen der Defizite innerhalb des Kindergartenwesens der MA 10 und ein Akzeptieren, dass solche Problemstellen keine Einzelfälle im Betrieb sind, ist die einzige Möglichkeit, dauerhafte Verbesserungen für alle zu schaffen.

KG-Magazin Frühjahr 2016

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