„Gemma“ heißt‘s seit 01.07.2021 bei der 59er. Der gemeinsame Akt wurde endgültig als neues Tool für alle eingeführt. Besser gesagt, die Zuständigkeiten und das Ausmaß im Umgang mit dem elektronischen Akt wurden grundlegend verändert.

Was früher von unseren fleißigen Kanzlist:innen „idiotensicher“ für die Referent:innen vor- und aufbereitet wurde, müssen diese seither selbst erledigen. Was früher auf gemeinsamen Laufwerken abgelegt wurde und/oder via E-Mail versandt wurde ist nunmehr, von jedem selbst, auf die eine oder andere Weise im ELAK zu verewigen und gegebenenfalls mittels einer Fremdfirma nachweislich zur Kenntnis zu bringen.

Dass es dabei nicht nur zahlreiche Möglichkeiten – oder besser Notwendigkeiten – gibt, unzählige Spalten auf verschiedenste Art zu befüllen, aus Vorgaben auszuwählen oder spartanische Formblätter zu ergänzen und zu befüllen, sorgt nicht nur auf den ersten, sondern auch auf den zweiten Blick für Verwirrung.

Gut, soll so sein. Die Dienstgeberin sieht den Bedarf, das Zustellgesetz die Notwendigkeit, ein System dieser Art zu implementieren. Und schließlich sind wir bei der 59er „ja nicht auf der Nudelsuppn dahergschwommen“ und durchaus in der Lage, dazuzulernen. Auch wenn es uns bei Leibe nicht leicht gemacht wird.

Seit der Einführung ist Einiges passiert, Anlass genug einen Blick auf das WIE zu werfen:

Neuerungen beim der MA 59: Das WIE ist entscheidend

„Diejenigen, die nicht willens oder nicht in der Lage sind, Veränderungen anzunehmen, werden mit oder in ihrer Organisation ins Hintertreffen geraten.“ Stimmt, doch mit dieser Aussage alleine ist es lange nicht getan.

Einerseits sind Kommunen, die zum einen von der öffentlichen Hand finanziert werden und zum anderen in der Daseinsvorsorge tätig sind, aber auch als Behörde fungieren, Getriebene. Denn den wachsenden Herausforderungen im Leistungsportfolio und in der Qualitätssicherung stehen oftmals Einsparungen und gewünschte Kostenneutralität gegenüber.

Andererseits ist der Mensch ein Gewohnheitstier

Bevor sich Menschen auf Herausforderungen einlassen und sich ungeahnten Hindernissen stellen, lassen sie oftmals lieber die Finger davon oder entwickeln eine Abwehrhaltung die in manchen Fällen sogar an Verweigerung grenzt. Bekanntlich scheitern Veränderungsprozesse nicht selten an der „Unfähigkeit der Ausführung“.

Generell lässt sich feststellen, dass es schwer ist, sich für die Zukunft zu rüsten und einen entsprechenden Wandel einzuleiten.

Es stellt sich also die Frage, wie man die anscheinend völlig konträren „Interessen“ unter einen Hut bringt und offensichtliche Differenzen überwindet. Oder besser gefragt:

Gibt es eine Möglichkeit notwendige Veränderungen so zu gestalten, dass alle Beteiligten gut damit leben können?

Als Antwort auf diese Frage haben wir der Dienstgeberin eine Anregung hinsichtlich des Veränderungsmanagements übermittelt. Natürlich in der Hoffnung, dass dadurch zukünftig ähnlich gelagerte Arbeitsprozesse besser vorangehen. Aber dazu später mehr.

Zunächst möchte ich hier festhalten, dass wir, die Mitarbeiter:innen der MA 59, uns den Veränderungen, die das Projekt GEMMA mit sich brachte, NICHT verweigert haben (auch wenn vereinzelt anderes unterstellt wurde).

Wir haben uns den Herausforderungen mehr als erfolgreich gestellt. Wir sind, zumindest in der Basis, als Team gewachsen und haben ganz sicher mehr Erfahrungen gesammelt als gewollt.

Weder ein 70 seitiges, fast sinnentleertes Handbuch, noch unzählige, teils widersprüchliche E-Mails mit und ohne brauchbare Informationen zum Umgang mit Gemma 2.0 haben uns in die Knie gezwungen. Kurz ins Schwanken gebracht, ja, aber nicht mehr.

Deshalb ist es jetzt an der Zeit allen Mitarbeiter:innen ein großes Lob auszusprechen. Es besteht kein Zweifel: Wir haben diesen Stresstest mit Bravour bestanden!

Eine Frage muss aber an dieser Stelle gestattet sein: Hat‘s das wirklich gebraucht?

Ja, die Stadt Wien und ihre Leistungen für die Kommune werden von Jahr zu Jahr umfangreicher. Die Herausforderungen und Aufgabenstellungen werden komplexer und vor dem Hintergrund der Kostenersparnis auch schwieriger umsetzbar.

Und ja, Veränderungen sind notwendig. Wahrscheinlich gibt es mittlerweile keine Magistratsabteilung oder Unternehmung, die nicht zumindest einmal von gravierenden Veränderungen betroffen war.

Aber die tatsächlichen Anpassungen von Kompetenz- und Handlungsabläufen gehen über den steten Wandel hinaus und lassen leider immer öfter die Mitarbeiter:innen auf der Strecke.

Kurz: ein Wandel, der gefühlt weder auf ein gesundes Zeitmanagement noch auf die kleinste wirtschaftliche Einheit – MENSCH – Rücksicht nimmt. Noch kürzer: zu viel, in zu kurzer Zeit.

MA 59: Zu viel, in zu kurzer Zeit

Unter diesem Druck bleibt kein Platz für die notwendige Empathie des Miteinanders, um die Veränderungen gemeinsam qualitätsvoll umzusetzen. Auf diesen Erfahrungsschatz können nunmehr auch wir, die Mitarbeiter:innen der MA 59 zurückblicken – mit oder besser gesagt durch das Projekt „Gemma“. Dessen Implementierung den umgangssprachlichen Ausdruck „GEMMA“ fast Wirklichkeit hätte werden lassen, nämlich fort zu gehen!

Und tatsächlich spielten oder spielen noch immer einige Mitarbeiter:innen der Abteilung mit dem Gedanken oder haben sogar die feste Absicht, die MA 59 zu verlassen. Aber warum? Nur weil die Implementierung des gemeinsamen Aktes, sagen wir, ein wenig holprig abgelaufen ist? Oder weil die sogenannte Arbeitserleichterung sich als etwas Anderes, eher Gegenteiliges entpuppt hat?

Wahrscheinlich steckt mehr dahinter. Vielleicht das Gefühl, nicht wertgeschätzt zu werden, weil man nicht in die Vorbereitung miteinbezogen wurde. Oder das Gefühl, etwas hingeworfen zu bekommen, das man dann gefälligst zu tun hat.

Und das, ohne ausreichend geschult worden zu sein! Schlimm genug. Schade drum! Wem könnte man es verdenken dieser Belastung entgehen zu wollen, anstatt unter ihr zusammenzubrechen?

MA 59 - das WIE ist entscheidend

MA 59 – das WIE ist entscheidend

Fehler als Chance

Dabei bieten gerade Fehler, und diese werden unweigerlich gemacht, eine Vielzahl an Chancen. Ein konstruktiver, offener Umgang mit Fehlern zeigt nicht nur mögliche Fehlerquellen auf und hilft dabei diese zukünftig zu vermeiden, er bezieht auch alle Mitarbeiter:innen in den Lösungsprozess mit ein und schafft so eine positive Atmosphäre des Miteinanders und der Sicherheit.

Eigentlich ist es müßig zu erwähnen, dass aus so einer Atmosphäre gesteigerte Leistungsbereitschaft, höhere Produktivität, verbesserter Innovationwillen, sinkende Kosten u.v.m. resultieren. Belehrungen, Sanktionen und die berühmte „blöde Nachrede“ dagegen sind sichere Methoden, um Unsicherheiten und Ängste zu schüren.

Ein klares Ziel – die Sache mit dem positiven Zukunftsbild

Die Sache mit dem positiven Zukunftsbild stellen wir uns alle leichter vor, als sie ist. Wer etwas verändern will, muss wissen, wohin die Reise gehen soll. Eine Vision für die nächsten Jahre und das damit verbundene Projekt, will nachhaltig konzipiert sein. Die damit positive Veränderung muss als qualitative Verbesserung und als Arbeitserleichterung spürbar gemacht werden. Diese Vision hilft auch jenen Mitarbeiter:innen, welche Veränderungen skeptisch und eher distanziert betrachten.

Deshalb sind bei ernstgemeinten Change-Vorhaben von Beginn an „Ehrlichkeit“ und „Transparenz“ zentrale Themen. Das berühmte „Hörensagen“ ist ein Schuss nach hinten. Auch bei uns in der MA 59 hätte diese erste Überlegung womöglich viel der erlebten Dynamik herausgenommen, oder sogar verhindert. Es wurde einfach nicht klar kommuniziert.

Die 5 berühmten Fragen: Wer, wann, wie, warum und weshalb – wurden einfach eingespart oder zumindest nicht an die Ausführenden herangetragen. Eine Deadline zu setzen, rudimentäres Basiswissen zu vermitteln und im schönsten Chaos zu versuchen, mit zahllosen E-mails nachzubessern, in der Hoffnung, dass es schon irgendwie rennt, ist einfach nicht genug.

Der Stress bleibt

Der mit dieser unbefriedigenden Situation verbundene Stress ist nach wie vor spürbar! Verständlich, stellte doch die Implementierung des gemeinsamen Aktes einen fundamentalen Eingriff in die Routinearbeit dar und die muss natürlich – quasi nebenbei – ebenfalls erledigt werden.

Zufriedenstellend war und ist das ganz sicher nicht – für niemanden in der MA 59. Fast alle von uns haben unter den kontraproduktiven Auswirkungen gelitten, als Mitarbeiter:innen und auch als Projektleiter:innen. Sogar die Führungskräfte schienen manchmal „den Hut d´rauf hauen“ zu wollen – selbstverständlich nur inoffiziell!

Unverständnis auf beiden Seiten, unschöne Worte, Wut und Verzweiflung bis hin zur schwarzen Führungspädagogik – das alles ließ sich wiederfinden.

Schade drum

Daher ist es unumgänglich, alle vom Projekt Betroffenen sehr frühzeitig und dauerhaft zu integrieren – nicht zuletzt auch, um allen die Chance zu geben, zu reflektieren und zu akzeptieren, dass alte Gewohnheiten und liebgewonnene Routinen abgelegt werden müssen.

Klar ist, dass ein erheblicher Anteil der Mitarbeiter:innen, welche die Neuerungen umsetzen sollen, sehr genau beobachtet und abwartet, wie sich das Projekt entwickelt und ob Rückmeldungen oder eventuelle Veränderungsvorschläge angenommen oder überhaupt wahrgenommen werden.

Für das Gelingen eines Projektes ist es wichtig, dass möglichst alle Mitarbeiter:innen früher oder später eine Form von Akzeptanz für die Veränderung gewinnen. So wird Zeit für die Schritte der Umsetzung gewonnen und suboptimales Klima zwischen Führungskräften und Mitarbeiter:innen reduziert. Und auch hier wieder „Schade“ für die vergebene Chance bei GEMMA.

Befürworter und Skeptiker im Team – besser geht‘s nicht

Auch die Zusammensetzung unseres Projektteams wäre eine positive nutzbare Ressource gewesen. Leider standen die traditionelle, im Magistrat verankerte Misstrauenskultur, vielleicht aber auch Kompetenzgerangel und Geltungssucht dieser Nutzung im Wege. Vielleicht war es auch einfach nur Angst. Denn welches Bild würde es machen, wenn aus der Basis konstruktive Vorschläge kämen, die dann womöglich so gut sind, dass sie umgesetzt werden müssten. Nochmal „Schade“.

Aus meiner Erfahrung sollte ein Team aus Personen bestehen, die sehr wahrscheinlich die Veränderungen mittragen werden, aber auch aus Personen, die eher skeptisch sind. Das funktioniert im Privatleben so, lässt sich allerdings auch bequem in der Fachliteratur zum Thema Projekt-/Veränderungs-/Changemanagement finden.

Wenn es gelingt, die Abwartenden oder Skeptiker zu überzeugen, dann wirkt sich das natürlich positiv auf die Veränderungen aus. Ich habe das nicht nur in meiner beruflichen Laufbahn schon öfters erlebt: Aus einem Skeptiker wurde ein absoluter Befürworter einer Veränderung.

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