Am 11. Jänner erreichte uns ein Rundmail des Vorsitzenden der Younion mit dem Aufruf, doch an der Samstag-Demo gegen die Pläne der Regierung teilzunehmen. So weit so gut. Endlich wird einmal öffentlich von vielen Personen gesagt, was ihnen an den Vorhaben der neuen Regierung nicht passt.

Mit ein paar Punkten war „der pure Horror für arbeitende Menschen“ aufgezählt, um dann ein Stück weiter unten 6 Forderungen aufzustellen, die uns zumindest teilweise zu Fragen, Kommentaren und Widersprüchen inspirierten.

„Wer die AK angreift, greift uns alle an! Die AK muss bleiben, wie sie ist!

Das Leistungsangebot der AK ist sicherlich für arbeitende Menschen ein Gewinn und der AK-Beitrag im Regelfall zu verschmerzen. Jeder halbwegs reflektierte Mensch weiß, dass nichts bleibt, wie es ist, nur weil man es sich wünscht. Die martialische Klassenkampfrhetorik mit zwei Ausrufezeichen wirkt auch ein bisschen aus der Zeit gefallen. Uns tät schon was einfallen, was nicht so bleiben muss, wie es ist. Die AK darf nicht zum Sammelbecken gescheiterter Politiker werden. Brotlos gewordene Bundeskanzler (Gusenbauer 2009), Landeshauptfrauen (Gabi Burgstaller) und auch ein erstinstanzlich verurteilter Bürgermeister (Heinz Schaden) kehrten (fast) in die AK als Referenten zurück und wurden so vor der sozialen Kälte der Privatwirtschaft und wohl auch vorm Verhungern gerettet.

Muss die AK wirklich bleiben wie sie ist?

„Keine Verschlechterung im Arbeitszeitrecht“

Prinzipiell würden wir keinen Redebeitrag des IV-Präsidenten vermissen. Aber sein Sager „Es schadet keinem Menschen, wenn er dann und wann zwölf Stunden arbeitet“ würden wir nur allzu gerne einem Praxistest unterziehen. Wie wär‘s, Hr. Kapsch? Versuchen Sie einmal 12 Stunden zu kellnerieren oder 12 Stunden im Frisiersalon den Kundinnen die Haare zu waschen.

Nachdem in der Stadt Wien auch ein „Arbeitszeitpaket“ auf uns zukommt, bleibt nur zu hoffen, dass unsere Genossen nicht schon wieder umfallen. Im Schönreden von Verhandlungsergebnissen hätten sie schon ausreichend Übung. Bei der Besoldungs- und Dienstrechtsreform wurden Verschlechterungen bei Bezahlung, der Urlaubsregelung und der Absicherung erkrankter MitarbeiterInnen auch als Opus Magnum herbeimoderiert.

„Gegen die Reduzierung von Betriebsrätinnen und Freistellungen….“

Nach der nächsten PV- und Gewerkschaftswahl im Jahr 2019 werden wir diese Kampfansage gerne in Erinnerung bringen. Denn die Reduktion der MandatsträgerInnen in der Personalvertretung steht zweifelsfrei auf der Agenda unserer rot-grünen Stadtregierung.

Zum Abschluss eines unserer Lieblingsthemen – und nebenbei ein Dauerbrenner der sozialdemokratischen Werbesprüche:

„Keine Umverteilung von unten nach oben! Her mit Vermögenssteuern und Erhöhung der Steuerfreigrenzen auf € 1.700,– nach Abzug der Sozialversicherung“

Das Vermögen der ÖsterreicherInnen ist leider sehr ungleich verteilt. Während die reichsten 10% sich über rund 2/3 des Gesamtvermögens erfreuen, besitzt die unter Hälfte der Österreicher nur 2,5 % des Vermögens. Bei der ärmeren Hälfte ist also ohnehin nicht viel zu holen und eine weitere Umverteilung erschiene hier kaum mehr möglich. Allerdings ist dieser Verteilungszustand nicht vom Himmel gefallen oder von der Decke getropft, sondern das Ergebnis einer jahrzehntelangen Steuer- und Sozialpolitik.

Könnte es sein, dass die Einführung von Privatstiftungen (ohne Gemeinwohlausrichtung) in den 90er-Jahren zum steuerschonenden Verstecken von riesigen Privatvermögen geführt hat? Damals waren sowohl der Bundeskanzler als auch der Finanzminister „Genossen“. Könnte es sein, dass das Auslaufen und Nicht-Reparieren der Erbschaftssteuerregelung  unter einem „Roten“ Bundeskanzler passiert ist?

Die SPÖ war seit 1945 nur 11 Jahre nicht in der Regierung und hat von 1970 an fast 30 Jahre lang Bundeskanzler und Finanzminister gestellt. Mit dem oben beschriebenen Ergebnis: die untere Hälfte der Österreicher verfügt über 2,5 % des Vermögens.

Sollte da irgendeine Strategie dahinter gesteckt haben, dann ist sie nicht aufgegangen. Mit einem Minimum an Lernfähigkeit hätte jede beliebige Regierung ein besseres Ergebnis erzielt.

Könnte es sein, dass die – übrigens ausnahmslos männlichen – Leitfiguren der SPÖ jeweils zu ihrer Zeit andere Schwerpunkte hatten, als die Verteilungsgerechtigkeit?

Ein paar Beispiele gefällig?

  • Hannes Androsch, 11 Jahre Finanzminister, Steuerhinterzieher, Privatvermögen 190 Mio €
  • Franz Vranitzky, 11 Jahre Bundeskanzler, 400.000 Euro Jahrespension, Nebenjob als Telefonberater mit extrem hohen Gebühren, dafür brauchte er keinen schriftlichen Vertrag und keine Rechnung
  • Fritz Verzetnitsch, Installateur, 20 Jahre ÖGB Präsident und Nationalrat, wurde berühmt im Abwehrkampf gegen den globalen Kapitalismus, in dem er eine Bank in den Ruin führte (unter tatkräftiger Unterstützung anderer Gewerkschafter). Darüber hinaus war er Gründer und Wegbereiter der Initiative „Penthouse Wohnungen mit Steffl-Blick für alle“
  • Alfred Gusenbauer, nicht ganz 2 Jahre Bundeskanzler, mittlerweile erfolgreicher Unternehmer mit einem Bilanzgewinn im Jahr 2017 von über 7 Mio. Euro.
  • Christian Kern, vom Publizistikabsolventen zum ÖBB-Chef für 700.000 € Jahresgage weiter zum Bundeskanzler und nunmehr Oppositionschef; konnte sich als Kanzler vorstellen, dass der nächste ÖBB-Chef auch mit 500.000 € auskommen müsste

Die Liste ist nicht erschöpfend und könnte durchaus noch fortgesetzt werden.

 

Könnte es sein, dass die SPÖ kein „Aktivierungsproblem“, kein „wie bringen wir die Botschaft an den Wähler-Problem“ und auch kein „Silberstein-Problem“ hat? Vielleicht ist es lediglich eine Sache der Glaubwürdigkeit?

Bei genauer Betrachtung ist es nicht nur möglich, sondern sogar überwiegend wahrscheinlich, dass die Vermögensverteilung auch bei anderen Regierungen – egal welcher ideologischen Ausrichtung – nur unwesentlich anders ausschauen würde. Solange jemand den Privilegierten angehört, ist ihm die Vermögensverteilung der unteren Hälfte herzlich wurscht. Erst wenn diese Habenichtse und Fast-Habenichtse als Urnenpöbel gebraucht werden oder für eine beliebige Demo auf die Straße sollen, sind sie wieder interessant.

Grafik: makyzz / Freepik

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