war unabhängig, dynamisch und selbstbewusst. Sie ging aus, fuhr Auto, rauchte und trieb Sport. Dieser neue weibliche Lebensstil war Teil einer Gesellschaft, die schnell und intensiv lebte, zumindest diejenigen, die es sich leisten konnten.
So auch besonders in New York in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts: Aus ganz Amerika kamen Menschen in die Stadt, auf der Flucht vor puritanischer Strenge, rigiden Moralvorstellungen und Prohibition. Und nicht nur sie – auch Kriegsdienstverweigerer, die Europa den Rücken gekehrt hatten.
Hier träumten sie ihren Traum von einer kulturellen Revolution – in den Jazz- und Nachtklubs und in den unzähligen Flüsterkneipen. Besonders Greenwich Village und Harlem schien in dieser Aufbruchsstimmung eine einzige Party. Und zum ersten Mal hatten Frauen einen großen Anteil daran.
Clara Bow-Brewster
Es war, als lebten sie in einer Zeitenlücke. Im Gefühl, das Leben könne jeden Moment neu beginnen, schrieben sie Gedichte, Theaterstücke und Romane, sangen, tanzten, gaben Zeitschriften heraus, gründeten Verlage und führten Salons. Zwanghaftes – der Familie, dem Herrn des Hauses und den Kindern dienen – rutschte in den Hintergrund. Selbstständiges Denken und Handeln war angesagt.
Frauenfreundschaften über Herkunft und „Rasse“ entstanden und plötzlich gab es einen Ausweg aus patriarchalischen Systemen. Das gesellschaftlich verpönte Bild – Frau mit Kind/Kindern ohne Mann – und dann auch noch arbeiten – wurde ruck-zuck überholt. Frauen halfen sich gegenseitig aus. Ob im Haushalt oder in der Erziehung der Kinder. Alles erschien plötzlich leicht.
Erna Morena
Der Stand der Frau in der Gesellschaft war schlichtweg revolutionär, nicht zuletzt durch die Befreiung der Frau aus dem Korsett. Die neu entwickelten Modelle befreiten den weiblichen Körper und verliehen so der einsetzenden Emanzipation modisch Ausdruck.
Ein Verdienst ist diesen Frauen sicher: Sie entfachten in den nachfolgenden Frauengenerationen die Vorstellungskraft, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
Josephine Baker
Doch lange hielt der Spaß nicht an. Mit dem Zusammenbruch der New Yorker Börse und der daraus resultierenden Weltwirtschaftskrise fand die goldene Ära 1929 ein jähes Ende.
Es folgten der Zweite Weltkrieg und für die Frauen ein erneuter Rückfall in Sachen Emanzipation. Ein trauriger Zufall ist die Tatsache, dass das Jahr des Börsenkrachs auch das Jahr war, in dem der französische Senat das Frauenwahlrecht ablehnte.
Das Einzige, das jene Zeit der Befreiung überlebt hat, sind die modischen Maßstäbe. So blieb den Frauen immerhin die Rückkehr zum Korsett erspart.
Lesenswerte Bücher zum Thema:
„Paris war eine Frau“, „Crazy New York“ oder „Die wilden Jahre in Berlin“, so lauten die Titel einer kleinen, aber feinen Reihe der edition ebersbach. Ineinander verschachtelte Lebensgeschichten von Musikerinnen, Tänzerinnen, Schriftstellerinnen, Schauspielerinnen, Journalistinnen und Künstlerinnen lassen die 1920er wieder lebendig werden.