Die ab 1.1.2018 in den Dienst der Stadt Wien eingetretenen Kolleginnen und Kollegen unterliegen dem Wiener Bedienstetengesetz und somit den durch die Besoldungsreform geänderten Regelungen. Neben vielen verschlechternden, rechtlichen Bestimmungen ist und war das neue Gehaltssystem ein Hauptkritikpunkt der KIV/UG an dieser Besoldungsreform.
Zur Erinnerung sei erwähnt, dass die KIV/UG sich im Gesetzesbegutachtungsprozess mit einer Totalablehnung hervorgetan hat. Schlussendlich hat die Dienstgeberin mit unserer Gewerkschaft younion ein Gesamtpaket verhandelt und verabschiedet, dem wir als Unabhängige GewerkschafterInnen mit großer Skepsis begegnen. Übrigens hat es gewerkschaftsintern keinerlei Abstimmung oder Beschluss zur Zustimmung gegeben.
Ein angekündigter Eckpunkt der Besoldungsreform war die gleichbleibende Lebensverdienstsumme bei veränderter Lohnkurve. Gemeint waren damit höhere Einstiegsgehälter mit flachen Verlaufskurven und bei Gesamtbetrachtung ein gleichbleibender Lebensnettoverdienst. Damit wollte die Stadt am Arbeitsmarkt eine höhere Attraktivität erzielen.
Verluste und Ungerechtigkeiten
Die Stadt beauftragte eine Fremdfirma, die verschiedenen Anforderungen an die unterschiedlichen Arbeitsplätze zu erheben, zu bewerten und schließlich in Zahlen zu gießen. Anforderungen (Fachkompetenz, Entscheidungskompetenz, körperliche Beanspruchung, psychische Belastung und einiges mehr) wurden mit Punkten bewertet und nach mehrstufigem Prozess mit einem Bruttobetrag hinterlegt. Die beauftragte Firma verfügt über einschlägige Vorerfahrung und hat mittels wissenschaftlicher Methoden zum Entstehen des neuen analytischen Gehaltssystems beigetragen. Und wurde mit Sicherheit ganz anständig für ihr abgeliefertes Produkt durch die Dienstgeberin entlohnt.
Bei jeder Einführung neuer Systeme kommt es fast zwangsweise zu Anfangsschwierigkeiten. Dinge wurden nicht gut durchdacht, die Auswirkungen waren so nicht absehbar oder es wurde schlicht auf etwas vergessen. Das ist bei großen Systemumstellungen keine Seltenheit und wird in aller Regel nachverhandelt und ausgebessert.
Wenn jedoch das Anfangsversprechen von der gleichbleibenden Lebensverdienstsumme in etlichen Berufsgruppen nicht eingehalten wird, dann ist das keine vernachlässigbare Unwägbarkeit, die halt eben so passiert. Da stellt sich die Frage, wie das einer nach wissenschaftlichen Methoden arbeitenden, erfahrenen Firma passieren kann? Falls wir es noch nicht erwähnt haben: Die Firma wurde von der Dienstgeberin bezahlt!
Hat da niemand nachgerechnet?
- Beispielsweise verlieren Kindergartenpädagoginnen und Kindergartenassistentinnen in der Lebensverdienstsumme mehr als einen Jahresgehalt, wenn sie das Pech hatten, nach dem 1.1.2018 zur Stadt gestoßen zu sein.
- Gleiches gilt auch für die Berufsgruppe der Krankenschwestern/ Krankenpfleger, die in ihrer Lebensverdienstsumme ebenfalls mehr als ein Jahresgehalt einbüßen.
Ein ungenannt bleiben wollender Personalist hat es so ausgedrückt: „Meine Leute in der handwerklichen Verwendung bekommen am Anfang, im Verlauf und am Ende weniger als die Altbediensteten – das kann sich nicht ausgehen“ - Ein besonders Gustostückerl ist die Situation bei der Berufsgruppe der PsychologInnen. Offenbar wurden über die letzten Jahrzehnte PsychologInnen, insbesondere im KAV, völlig inadäquat entlohnt. Die Gehaltsansätze für die Neubediensteten liegen weit über den bisherigen Einstiegsgehältern, sind aber durchaus „marktkonform“. Das ist gut und gerecht für die Neuen, aber sehr unbefriedigend und enttäuschend für Psychologen, die seit 10 Jahren Dienst versehen und weniger Gehalt bekommen als die Neueinsteiger. Der erste – typische Stadt Wien – Lösungsansatz kann wohl nicht ernst genommen werden. Den Neuen ein bisschen was wegnehmen und den Alten dafür drauflegen, ist weit weg von den Zielen der Besoldungsreform!
- Gerüchteweise ist bei den technischen Berufsgruppen auch der eine oder andere Schnitzer passiert und eine Korrektur und Nachbesserung steht auch dort ins Haus.
Da drängt sich förmlich die Frage auf, ob das in der younion wirklich niemand nachgerechnet hat. Hat man sich wirklich auf die Zahlen und Vorschläge jener Firma verlassen, die von der Dienstgeberin bestellt und bezahlt wurde?
Vielleicht hätte die Gewerkschaft younion doch ein wenig Geld in die Hand nehmen sollen, um die Gehaltstabellen von echten Profis nachrechnen zu lassen und nicht die Besoldung der zukünftigen KollegInnengeneration jenen Funktionären überlassen, die kalendarisch und optisch schon beinahe im Ruhestand sind.
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