Wahrheit oder Worthülsen?

Wer glaubt, Frauen wären Männern gegenüber ohnehin schon längst gleichberechtigt, ja sogar bevorzugt, möge sich einige Fakten zu Gemüte führen. Statt weltweiter Gleichstellung der Geschlechter über­wiegen Verletzungen der Menschenrechte von Frauen und Mädchen.

Die bekanntesten Diskriminierungen reichen von weiblicher Genitalverstümmelung, Zwangsehen, Witwenverbrennungen über das Vorenthalten von medizinischer Versorgung und Bildung bis hin zu ungleichem Lohn für gleiche Arbeit – und das auch in unserer ach so zivilisierten Welt!

Dabei bezieht sich gender­gerechte Verteilungsgleichstellung nicht nur auf finanzielle Belange (Einkommen, Vermögen), sondern ebenso auf Deutungs- und Entscheidungsmacht, Karrierechancen, unbezahlte Arbeit, gesellschaftliches Ansehen uvm.

Nichts als Lippenbekenntnisse?!

Seit dem 15. November 1995 ist in Österreich das Unterrichts­prinzip „Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern“ in den Lehrplänen aller Schularten verankert.

Zwar wurde im Bereich der schulischen und universitären Bildung und der beruflichen Qualifikation einiges an Gleichstellung erreicht, doch gesellschaftlich dauerhaft anerkannte Erfolge sind (noch) nicht im Bewusstsein aller Menschen fix verankert. Die Realität zeigt, dass Vieles zumindest der Lächerlichkeit preis­gegeben wird (z.B. die Forderung nach gendergerechten Formulierungen).

Was es wirklich braucht, zeigen uns (wieder einmal) die skandinavischen Länder Island, Schweden und Norwegen.

2020 werden sie das Beschäftigungsziel der EU von 75% bei Männern und Frauen zwischen 20 und 64 Jahren erreichen. Ein Maßnahmen­paket (familienfreundliche politische und kulturelle Veränderungen, mit dem Recht jeder Person, zu arbeiten und sich selbst zu erhalten, sowie Berufs- und Privatleben im Gleichgewicht zu halten) begünstigt Höchstwerte bei den Beschäftigungszahlen von Müttern.

Gleichstellung am Arbeitsmarkt – Fiktion und Realität

Hierzulande wurden bereits viele Maßnahmen zu Verbesserungen gesetzt, trotzdem sind Frauen nach wie vor in vielen Bereichen des Arbeitsmarktes benachteiligt:

Österreich liegt innerhalb der EU bei den größten geschlechts­spezifischen Lohnunterschieden an der Spitze (laut des neuen „Women in work index“ von PwC liegen wir bei der Gleichbehandlung von Frauen am Arbeitsplatz auf Platz 21 der 34 OECD Länder. Frauen verdienen um 23% weniger als Männer; nur 65% der Frauen arbeiten in Vollzeit.) Und das, obwohl in unserem Land seit 1979 das Gleichbehandlungsgesetz gilt, welches die Gleichbehandlung von Frauen und Männern im Arbeitsleben regelt!

Der jährliche „Equal Pay Day“ zeigt auf, ab welchem Tag Frauen bis Jahresende arbeiten müssen, um das gleiche Einkommen der Männer zu erreichen. 2015 war dies in Österreich der 11.Oktober.

Einkommensnachteile stellen ein erhöhtes Armutsrisiko dar; die Frauenarmut ist eine direkte Konsequenz daraus. Gefährdet sind vor allem Alleinerzieherinnen, Pensionistinnen, allein lebende Frauen, Frauen mit Beeinträchtigung und Migrantinnen.

Die Stadt Wien als Dienstgeberin weist zwar die geringsten Einkommensunterschiede auf (2012 knapp 11%), allerdings sind die überwiegend schlechter entlohnten Berufe des Dienstleistungssektors (Handel oder Gesundheits- und Sozialwesen) fast ausschließlich weiblich besetzt.

Frauen arbeiten zunehmend in Teilzeitbeschäftigungen oder sind geringfügig angestellt, wodurch aber ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit und die finanzielle Absicherung in der Pension gefährdet werden.

Nach wie vor leisten hauptsächlich Frauen die unbezahlte Arbeit im Haushalt und bei Betreuungs- und Pflegeaufgaben im familiären Bereich – von einer Verantwortungs­teilung ist hier bestenfalls ansatzweise etwas zu erkennen. Diese Doppel- und Mehrfach­belastungen der Frauen beeinflussen (durch eventuelle Berufs­unterbrechungen) nachteilig ihre Karriereverläufe, aber auch die Höhe des Pensionsanspruchs durch brüchige Erwerbsbiographien. Negative Auswirkungen ergeben sich weiters für die verfügbare Freizeit sowie die Gesundheit von Frauen.

Frauen sind in Österreich in Führungs­positionen in der Wirtschaft, der Wissenschaft und Forschung, der Politik und im öffentlichen Sektor nach wie vor massiv unterrepräsentiert.

Frauen in Wien

Die Gemeinde Wien hat sich ambitionierte Ziele und Vorgaben im Gleichstellungsprogramm gesteckt. Das gesetzlich verankerte Instrument zur Beseitigung von Benachteiligung und Unter­repräsentation von Frauen als Bedienstete der Gemeinde Wien dient der Förderung von Frauen in jenen Berufsfeldern und zur Herstellung von Chancengleichheit.

Gemäß §38 des Wiener Gleichbehandlungsgesetzes (W-GBG) werden die Zielvorgaben des Gleichstellungsprogramms vom Bürgermeister für den Zeitraum von drei Jahren festgelegt – die Dienststellen müssen jährlich über die Umsetzung der Zielvorgaben an den Magistratsdirektor berichten. Das aktuelle Gleichstellungsprogramm wurde für die Zeit vom 1. Jänner 2015 bis 31. Dezember 2017 erlassen.

Gleichbehandlung hilft nicht nur den Frauen, sondern auch den Männern. Arbeiten wir gemeinsam daran, dass im 21.Jahrhundert Gleichheit keine leere Worthülse bleibt, sondern gelebter Alltag!

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