Protestmaßnahmen im KAV werden Wirklichkeit.

Ich finde schon lange, dass die Zustände im Gesundheitsbereich unter jeder Kritik sind. Nicht nur, dass in diversen Interviews und Stellung­nahmen durch die Spitzen in Politik und Krankenanstaltenverbund eine Zweiklassenmedizin bestritten wird (nein, eh nicht, wir sind in Wirklichkeit schon eher bei einer Drei- bis Vierklassenmedizin), grenzen die Arbeitsbedingungen für ALLE Beschäftigten – aus dem Bauch heraus formuliert – an reinstes Sklaventum.

Vor mittlerweile vielen Jahren war ich gegenüber familiären Gästen aus Amerika besonders stolz auf unser tolles Gesundheitssystem. Ohne Rücksicht auf sozialen Status, Einkommen, Alter, … bekamen alle Hilfesuchenden die gleich gute Qualität in der Versorgung, es stand die Krankheit im Fokus und nicht, ob und welche Krankenversicherung jemand hatte. Jeder Mensch wurde als solcher wahrgenommen und alles erdenklich Mögliche zu einer Heilung unternommen.

Leider ist das heute ein Bericht aus längst vergangenen Tagen, denn ohne Zusatzversicherung (am besten auch noch die ärztliche Zuwendung über eine Privatordination organisiert) wird fast jede gesundheitliche Maßnahme zum Kanossagang mit unendlichem Zeitaufwand. Da ist es schon sehr hilfreich, zumindest einen prominenten Namen oder ebensolche wichtigen Angehörige, FreundInnen oder KollegInnen vorweisen zu können.

Ich möchte im Anlassfall auch in der Nacht oder am Wochenende jene erstklassige Versorgung erhalten, die ich eventuell an einem „normalen“ Wochentag erfahren kann. Und zwar OHNE das wienerische „Vitamin B“. Ich möchte von einem ausgeruhten, kompetenten, mit der entsprechenden Ausbildung ausgestattetem Menschen versorgt und behandelt werden und nicht von „übernachtigen“, in Schnellverfahren upgegradeten Bediensteten als 796ste von 837 AkutpatientInnen quasi am Fließband abgearbeitet werden.

Trotz chronischen Personalmangels bemühen sich die MitarbeiterInnen vor Ort um größtmögliche Geduld, Heiterkeit, fachliche Hilfe und Pflege, … Mantramäßig wird Betroffenen und deren Sippschaft Informationen über personenbezogene Fälle nahegebracht, obwohl manche Krisen objektiv nicht an die subjektive Bedeutung heranreichen.

Dennoch musste ich beobachten, wie z.B. kranke Menschen das Mittagessen zum Bett gestellt und ebenso wieder abserviert wurde, da die PatientInnen nicht in der Lage waren, allein zu essen und dem Personal keine Zeit zur Verfügung stand, Hilfestellungen zu geben. Erschwerend ist die Tatsache, dass jene Menschen, die die Mahlzeiten bringen und holen, oft nicht ident sind mit dem Pflegepersonal, wodurch diese oft nicht einmal sehen, dass nichts gegessen wurde.

Auf ein Gespräch mit dem zuständigen ärztlichen Personal muss mensch oft tagelang warten und zwar nicht, weil die „Götter in Weiß“ derart abgehoben gebeten werden wollen, sondern weil aufgrund der täglich anfallenden ärztlichen Tätigkeiten schlichtweg keine Zeit für persönliche Zuwendung eingeschoben werden kann.

Auf gar nicht mehr neue Erkenntnisse, dass der menschliche Kontakt zum Heilungsprozess einen ganz wesentlichen Einfluss hat, darf nicht mehr Wert gelegt werden, denn dies ist in der computerisierten Abrechnung nicht vorgesehen. Dabei würden die Grundrechnungsarten auf Volksschulniveau ausreichen, um nachvollziehen zu können, dass sogar in einer maschinellen Kosten-Nutzen-Rechnung gesamt gesehen ein positiveres Ergebnis am Ende stehen würde (persönliche Zuwendung = schnellere Genesung = weniger institutieller Aufenthalt = geringere Kosten).

Dass bei solchen Arbeitsbedingungen ÄrztInnen aufschreien und sich – endlich – zu Protestmaßnahmen entschließen, ist ein begrüßens- und unterstützenswert. Auch dann, wenn (wieder einmal) Einzelpersonen kurzfristig Unannehmlichkeiten zu ertragen haben. Wenn dann auch noch die zuständige Stadträtin davon spricht, dass die bösen, bösen SpitalsärztInnen aus purem Eigennutz die PatientInnen in Geiselhaft nehmen, empfinde ich das als puren Zynismus.

Würde die Ministerin als Stellvertreterin der Politik ihren Aufgaben rechtzeitig nachgekommen sein, wäre eine derartige Diffamierung eines ganzen Bereichs weder notwendig, noch müsste der Neidkomplex („ohnehin akzeptierte Gehaltserhöhung mit verbundenen anderen Punkten“) geschürt werden. Offensichtlich wurde hier ein wunder Punkt erwischt und nach dem Motto „Haltet den Dieb“ soll mit viel Getöse vom wahren Sachverhalt abgelenkt werden.

Das Einzige, was dabei wundert, ist die Tatsache, warum sich die Proteste NUR auf die ÄrztInnenschaft begrenzt, denn ALLE Bediensteten und ALLE BürgerInnen müssten geschlossen Richtung Rathaus stürmen und vehement für Verbesserungen (im Neusprech so schön als „Evaluierungen“ bezeichnet) eintreten. Wenn es sein muss, auch durch einen Wechsel der verantwortlichen Personen, die offensichtlich nicht einmal verstehen, worum es wirklich geht!

Meine Zustimmung für Kundgebungen aller Art ist den Bediensteten gewiss! Und das, obwohl ich weder diesem Berufsstand angehöre, noch mit irgendwem daraus verwandt oder verschwägert bin. Ganz einfach, weil ich als Bürgerin davon in mehrfacher Weise betroffen bin – als Patientin, als Angehörige, als Beitragszahlerin, als mündige Konsumentin u.v.m.!


kiv.at: Es gärt im Kranken­anstaltenverbund

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